Montag, 3. November 2014

Kadavar live leicht angegammelt

Kadavar; schon der Name hört sich irgendwie wurmstichig an. Und tatsächlich klingt die hochgelobte Band mehr  gut abgehangen als wirklich frisch. Wie beim Konzert der drei Hippies aus der Hauptstadt  im Karlsruher Musikclub Substage am Sonntagabend, 5. Oktober, zu erleben war. Ernüchternd, gilt das 2010 gegründete Trio doch seit geraumer Zeit als eine der größten nationalen Hoffnungen im Knarz Rock-Genre. 
Weit weniger altbacken als später der Hauptact  präsentierte sich die Vorabband The Picture Books. Zwar wird auch deren bärtiger Singer-Songwriter-Doom-Blues mit den dezenten Indie-Einsprengseln keinen Preis bei Jugend Forscht gewinnen. Aber dafür erfüllte das deutsche Duo die alte Popregel nahezu mustergültig, dass Erfolg nicht unbedingt dem größten Virtuosen am Instrument vergönnt ist, sondern demjenigen, der seine Defizite am besten in  Alleinstellungsmerkmale umzumünzen versteht. So erinnerten Fynn Claus Grabke (Gitarre, Gesang) und Schlagzeuger Philipp Mirtschink, der, sich wie ein Zwitter aus Duracellhase und Triremen-Trommler gebärdend, auf einem äußerst beschränkten Set aus drei Bassdrums und einer Schiffsglocke austobte an die Minimal-Genies The Black Keys in ihren schwärzesten Momenten.
Bei Kadavar hingegen hat man eher den umgekehrten Eindruck, nämlich das aus viel zu wenig gemacht wird: Mit Pseudonymen wie Tiger, Lupus oder Dragon nehmen sich Kadavar zwar so bedrohlich aus wie der Aufmarschplan eines deutschen Panzerbataillons vor der Alliierten Landung in der Normandie – aber eben nur auf dem Papier. Sei es, weil der zierliche Lindemann ein nur wenig charismatischer Frontmann ist und deshalb der mit seinem Schlagzeug fast am Bühnenrand thronende Tiger diesen Part  zu übernehmen versucht. Sei es, weil sich die Band zu häufig in ausufernden Gitarrengniedelorgien ergeht, statt einmal ein paar anständige Refrains zu schreiben. Vielleicht fehlen auch nur ein paar Batterien Epilepsie verursachender Stroboskope oder ein paar Milliliter Gratis-LSD. Vielleicht sind die 70er inzwischen aber auch einfach endgültig vorbei. Denn wo Bands wie Spooky Tooth und Hawkwind ihre Zeitgenossen noch mit ein paar Halleffekten und repetitiven Riffs beeindrucken konnten, wirkt sowas heute einfach nur noch antiquiert.
Das ist Schade, denn Kadavar sind durchaus keine schlechte Band. Die Rhythmussektion groovt streckenweise so unwiderstehlich wie Geezer Butler und Bill Ward zu ihren besten Zeiten bei Black Sabbath und auch Lindemann hat das eine oder andere originelle Riff auf dem Kasten. Wenn die Songs zu sehr im ungefähren bleiben, reicht das aber nicht. „Die Leute wollen was zum Mitsingen“, sagt schließlich selbst Motörhead-Frontmann Lemmy Kilmister. Und wo hat der sein Handwerk gelernt? Eben, bei den Kadavar-Vorbildern Hawkwind.

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