Schon mal in einer Band gespielt? Dann ist die Situation bekannt: Man verschanzt sich mit den Kollegen im Übungskeller, stülpt ein paar Pilz, raucht vielleicht ein paar Riesenjogis oder bringt sich sonst wie in Wallung. Dann wird gejamt. Es reiht sich Riff an Riff, der Rhythmussektion gelingen aus dem Nichts die vertracktesten Breaks und Tempowechsel, der Leadgitarrist gerät mehr und mehr in Ekstase und der Sänger überrascht, sich in Verzückung windend, mit nie gehörten, irgendwie geheimnisvoll indianisch anmutenden, Ethnogesängen. Nach gut drei durchgespielten Stunden sinken alle erschöpft aber glücklich aufs durchgesessene Proberaumsofa und fühlen sich wie die Grateful Dead nach ihren sagenumwobenen Konzerten vor den Pyramiden von Gizeh 1978. Das war bestimmt das Beste, was der Teufel seit Robert Johnson Musikern eingegeben hat und zum Glück ist die ganze Zeit das Tape mitgelaufen! Die Ernüchterung folgt nach der Ausnüchterung: Das Tape wird mit versammelter Mannschaft abgehört. In hypnotischen Endlosschleifen quillt fader Soundbrei aus den Boxen. Nach fünfzehnmaliger Wiederholung wird so ziemlich jeder Gitarrenlauf eintönig, der Schlagzeuger zeigt zwar einige vielversprechende Ansätze, die durch ewiges darauf herumreiten aber auch nicht origineller werden, die Keyboardsounds sind bestenfalls skurril zu nennen und der Gesang wirkt vor dem ganzen Tohuwabohu einfach nur noch unstrukturiert. Enttäuschung pur, das Tape wird mit aller Einverständnis gelöscht.
Isis sind offenbar den entgegengesetzten Weg gegangen und haben ihre Proberaum-Jam-Tapes auswendig gelernt. Eine beachtliche Fleißarbeit, die auf Platte ihre Wirkung auch durchaus nicht verfehlt. Live drängt sich, wie am Freitag im Substage zu besichtigen war, allerdings der Verdacht auf, der Hype um die Mannen um Rauschebart Aaron Turner (Vox/Git) entspringe der Neigung mancher Popkritiker, jeden Mangel an Zugänglichkeit zur Kunst, jede verkorkste Schwurbelei zur Originalität und fehlenden Unterhaltungswert zur Tiefsinnigkeit zu erheben. Wenn das Postrock ist, möge Rock nie enden. Bald kommen KISS, Gott sei Dank!
Sonntag, 6. Dezember 2009
Mittwoch, 2. Dezember 2009
Der Wahnsinn hat ein Gesicht: Knucklebone Oscar
Ich dachte immer für mich gäbe es im Rock N´Roll nichts neues mehr. Doch weit gefehlt, so was wie Knucklebone Oscar letzten Freitag in der Alten Hackerei habe ich noch nie gesehen: Sperrte man eine Horde Affen fünfzehn Jahre in einen abgedunkelten Raum, fütterte sie nur mit Whiskeymaische und Leopardenhoden, beschallte sie Tag und Nacht mit Chuck Berry, Ike Turner & the Kings of Rhythm, Motörhead und den Meteors und gäbe ihnen zum Spielen Musikinstrumente statt Autoreifen in die Pfoten, würde vermutlich ganz was ähnliches dabei herauskommen – und ich verwette meine Cowboystiefelsammlung, dass es genauso war. Jedenfalls ist Knucklebone schon seit mindestens 1993 aktiv, selbst einem – mäßig rasierten – Affen gar nicht unähnlich (laut Bandinfo streitet er das auch keineswegs ab) und seine drei Kollegen wirken ebenfalls nicht gerade Vertrauen erweckend – ich wage mal die Prognose, dass sie diese Band noch in den 80ern geteert und gefedert aus der Stadt gesagt hätten, zumindest in Bayern. Musikalisch bewegt sich das ganze wie angedeutet zwischen 60s-Soul, Garage Punk und Rockabilly - soweit so unspektakulär -, aber was diese Bande finnischer Yetis für´n Feuer im Arsch hat, da wird einen um den Fortbestand der Polkappen Angst und Bang. Vorne auf der Bühne, oder hinten im Publikum, von Barhocker zu Barhocker hüpfend, oder auf dem Tresen thronend, ob mit den Fingern, mit der Zunge, mit dem Hemd, mit dem Arsch oder zugereichten Bierflaschen, Knucklebone ist überall und nirgends und spielt mit allem alles auf der Gitarre - so und nicht anders muss es gewesen sein, als "Acca Dacca" noch die Schwulenclubs von Sidney zum Kochen brachten. Als Vergleich fällt mir da eigentlich nur noch Michael „Olga“ Algar von den Toy Dolls ein, das ist auch so ein Irrer. Songtitel wie „Rockabilly Messiah“, „Bantam Fight“ oder „Boogie Bedouin“ vom aktuellen Hitalbum Back From The Jungle (Rookie Records) sagen ein Übriges. Ich bin bedient, restlos!
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