Sonntag, 28. August 2016

Krrk! & Frieden! - Beim New Noise Festival wurde hart gezockt

Hardcore-Power: GWLT live on Stage. Foto: Frank Schwichtenberger
Fans kompromissloser Musik drängten sich am Samstag auf dem Schlachthofareal: Zum zweiten Mal fand im Kreativpark das New Noise Festival (NNF) statt. Mehrere hundert Liebhaber hardcore- und punkbasierter Musik schoben sich zwischen den Spielorten im Musikclub Substage, der Punkrock Bar Alte Hackerei und der zur Konzerthalle umfunktionierten Fleischmarkthalle durch den Regen. Leider bescherte das schlechte Wetter der elften Ausgabe des Festivals einen leichten Knick bei den Besucherzahlen, nachdem im vergangenen Jahr fast tausend Menschen gekommen waren.
Die dem Dauerniesel getrotzt hatten, wurden  mit hochklassiger Dauerbeschallung belohnt: In der bumsvollen „Hacke“ zockten Tausend Feinde unter Löwen Schildkappen-Crossover aus Hardcore mit metallischer Schlagseite und deutschen Texten. Die aber leider nur schlecht zu verstehen war.
Such Gold mussten in der Fleischmarkthalle mit weniger Publikum auskommen. Bei dem der etwas nerdige, angepunkte Postcore der New Yorker aber prima ankam.
Den ersten wirklichen Glanzpunkt setzten aber GWLT. Die Münchner lieferten lupenreinen Crossover der Ostküsten-Schule: Fette Beats, Stakkato-Riffs, mächtige Breaks und einprägsame Refrains. Dazu die teils improvisierten Reime von Sänger David Mayonga. Der Auftritt des bayerischen Quintetts entwickelte sich zu einer Lehrstunde in politischem Hardcore, der in unseren Breiten leider selten geworden ist. Hier bekamen Menschenhasser jeder Couleur ihr Fett weg, ohne das der Spaß auf der Strecke blieb. Klasse Musik, klasse Show, klasse Band!
Zurück in der Fleischmarkthalle errichteten Phantom Winter Wände aus summendem Lärm und Kreischgesang. Sicher nicht jedermanns Sache, aber intensiv.
Zugängliche waren da Flatliners, welche die Leute in der Alten Hackerei mit fetzigem (Punk)Rock irgendwo zwischen Chemical Romance und Thin Lizzy mächtig in Wallung brachten.
Von vielen Besuchern freudig erwartet wurde der Auftritt des Death Metal Duos Mantar, das schon mit seinem Auftritt in der Alten Hackerei im Februar vergangenen Jahres für Aufsehen gesorgt hatte. Und zuvor schon mit seinem 2014er Albumdebüt „Death By Burning“ zu einem der größten Hoffnungsträger des Extrem-Metal-Undergrounds avanciert war. Jetzt haben die Hamburger mit „Ode to the Flame“ nachgelegt.
In den Spielpausen der gut 30 Bands zwischen den Bühne, konnte sich etwa ein veganes Fastfood in den tätowierten Hals schieben oder sich die Zeit an den zahlreichen Verkaufsständen mit Bandmerch ausstatten
Bleibt zu wünschen, dass das NNF auch in Zukunft weiter als Anlaufstelle für Anhänger von Hardcore-Punk beeinflussten Musikstilen erhalten bleibt.

Exodus: Eine Lektion in Heftigkeit

Rückkehrer in Top-Form: Steve "Zetro" Souze. Foto: Serguei Trouchelle
Für alle die es nicht wissen: Exodus sind die Band, bei denen sich Metallica seiner Zeit abgeguckt haben, wie´s richtig geht. Der Beweis: Einige frühe Metallica-Hits wie „Creeping  Death“ oder „Trapped under Ice“ basieren auf Riffs der Kalifornier. Weil die Thrash-Pioniere aber vergaßen, rechtzeitig eine Platte herauszubringen, hatten  James Hetfield und Co schon zwei Alben draußen, als ihre einstigen Vorbilder endlich mit ihrem Debut um die Ecke kamen.
Egal, „Bonded by Blood“ wurde das vielleicht einflussreichste Thrash-Album aller Zeiten und mit den beiden Nachfolgern Pleasures of the Flesh (1987) und Faboulous Disaster (1989) gelang Exodus ein Metal-Hattrick, der bis heute unübertroffen ist. Und: Im Gegensatz zu ihren kommerziell ungleich erfolgreicheren Kollegen, haben sie nie vergessen, was eine richtige Harke ist – weshalb nicht wenige Fans der Auffassung sind, dass der San-Francisco-Fünfer eigentlich die besseren Metallica sind.
Dass dieser Standpunkt nicht ganz abseitig ist, konnte man beim Konzert am Montag, 15.8., im Substage erleben: Exodus trugen nicht nur „Fuck-Isis-T-Shirts“, sondern auch armlange Schweißbänder. Und die brauchten sie auch. Denn mit den doppelläufigen Gitarren-Soli, Stuka-Riffs und knatternden Drums, von denen Genre-Klassiker wie „And Then There Were None", „War Is My Shepherd“  oder „A Lesson in Violence“ nur so strotzen, erzeugen Exodus genug Feuerkraft, um den ganzen sogenannten islamischen Staat bei Kapstadt ins Meer zu treiben.
In Abwesenheit von Gitarrist und Bandkopf Gary Holt, der vermutlich irgendwo seinem lukrativen Nebenjob als Aushilfsgitarrist  von Slayer nachgeht, musste der zurückgekehrte Steve „Zetro“ Souza am Mikro die Show alleine schmeißen. Schwer fällt das diesem trotz seiner mittlerweile 52 Jahre nicht. Zum ersten ist seine Charakteristische Brian-Johnson-Röhre noch voll Intakt, zum zweiten ist Souza ein begabter Entertainer, der es versteht, ein Publikum mit anfeuernden Gesten und flotten Sprüchen („Let´s fuck something up!“) in Wallung zu bringen.
Doch vermutlich könnte man statt ihm auch einen Wischmopp auf die Bühne stellen, denn Evergreens wie „Pleasures Of The Flesh“, „Bondes by Blood“ oder „The Toxic Waltz“ repräsentieren den Thrash-Metal in seiner ganzen unverblümten High-Speed-Herrlichkeit und können einfach keinen Fan kalt lassen. Es sei denn, sein Kopf wäre am Hallenboden festgenagelt. Aber jetzt mal ehrlich: Wie oft kommt sowas schon vor?