Montag, 17. Mai 2010

Gott ist tot!

Gott ist tot. Auf der Internetseite von Ronnie James Dio gibt seine Frau Wendy bekannt, dass der Rocksänger am frühen Sonntagmorgen um 7.45 Uhr an Krebs gestorben ist. Das ist unfassbar. Sein Tod macht nicht nur die Heavy-Metal-Fans dieser Welt zu Waisen, er rührt an die Grundfesten dieser Musik. Denn Dio, der als Sänger von Rockgiganten wie Rainbow (1974-78), Black Sabbath (1978-81) und als Solokünstler Legendenstatus erreichte und die gehörnte Faust als Markenzeichen etablierte - auch wenn Gene Simmons von Kiss das stets geleugnet hat -, war nicht nur so etwas wie die Vaterfigur dieser Bewegung, er war die Verkörperung des Metal. Und wie kann der Metal selbst sterben? Wie kann ein Mann sterben, über den der kanadische Garage-Blues-Rocker Danko Jones einmal gesagt hat, er singe, als habe er nicht nur zwei sondern drei Eier? Wie kann ein Mann sterben, der trotz einer Körpergröße von knapp über eins sechzig alles in den Schatten stellte – mit der Stimme eines Riesen? Er kann es nicht. Er wird weiterleben in seiner Musik und in den Herzen all jener, die ihn einmal gehört, erlebt oder persönlich getroffen haben.
Im August 2004 hatte ich dieses Privileg. Dio spielte im Substage, einem kleinen Club in Karlsruhe, um seine Kariere stand es damals nicht zum besten. Vor dem Konzert gab er mir für die dortige Lokalzeitung ein Interview im Hotel, das sich nach kurzer Zeit zu einem fröhlichen Plausch entwickelte. Ich erinnerte daran, dass er fast auf den Tag genau zwanzig Jahre zuvor beim Monsters of Rock im Karlsruher Wildparkstadion aufgetreten war. Vor 45 000 Zuschauern spielten damals außerdem Mötley Crüe, Accept, Gary Moore, Ozzy Osbourne, Van Halen und AC/DC. Aufgrund der Ausschreitungen nach dem Konzert, unter anderem wurde der Legende nach eine Straßenbahn aus den Gleisen gehoben, wurden Rockkonzerte für Jahre von den Stadtvätern verbannt. Dio geriet sofort ins Schwärmen: „Das war toll, eine solche Besetzung würdest du für ein Festival heute gar nicht mehr zusammen bekommen. Im Partyzelt hinter der Bühne, gab es eine riesen Schlägerei.“ Zum Tourmanager gewandt: „Und war das nicht der Tag als Ozzy Osbourne diesem Typ im Schlaf die Augenbrauen abrasiert hat?“ „Nein,“ antwortete er lachend, „er hat es nur versucht.“ Von Verbitterung darüber, dass seine großen Erfolge vergangen waren, war bei Dio keine Spur. Auf die Frage, was ihn nach so vielen Jahren motiviere auf die Bühne zu gehen, sagte er: „Finanziell hätte ich mich schon seit langem zur Ruhe setzen können. Aber was soll ich Zuhause herumsitzen? Ich habe nicht gelernt, Fernseher zu reparieren, sondern vor Leuten zu singen. Das ist, was ich tue. Abends spielte er vor einem ausrastenden Publikum das beste Konzert, dass ich in diesem Club jemals gesehen habe. Danach lud er mich und meine Freundin Backstage auf ein paar Bier ein und bedankte sich sehr freundlich, dass sie ihre Brüste entblößt hatte, „das hat schon lange niemand mehr gemacht.“ Irgendwann entschwand er mit einem Lächeln und nach oben gereckter „Mano Cornuto“. Zuletzt war Ronnie James Dio mit den unter dem Namen Heaven and Hell wiedervereinigten Black Sabbath sehr erfolgreich, nun ist er für immer gegangen. Er wurde 67 Jahre alt.

Naxhtrag: Am Samstag war ich wieder im Substage, ich spielte einen Gig mit meiner alten Band The Starfuckers , um dem alten Substage, das in neue Räumlichkeiten zieht, die letzte Ehre zu erweisen. Natürlich wurde danach kräftig gefeiert und ich kam Nachhause, als es schon hell wurde, da lag Ronnie James Dio gerade im sterben.

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