Freitag, 21. September 2012
Aus den tiefen 80ern schreien sie zu dir - The Shrine pinkeln Fu Manchu, am Freitag, 20.9., im Substage kräftig ans Bein
Und der Metal-Gott sprach zu ihnen: Reißt ab die Ärmel von euren Jeans-Jacken und denen eurer Weiber, eurer Söhne und eurer Töchter und bringet sie zu mir. Da riss alles Volk seine Ärmel von ihren Jacken, und brachten sie zu ihm. Und er nahm sie von ihren Händen und entwarf's mit einem Griffel und machte The Shrine. Und sie standen des Morgens sehr spät auf, zündeten sich Hasch-Zigaretten an, tranken Dosenbier, verstimmten ihre Gitarren und zu vorgerückter Stunde schickten sie sich an, für das Volk zu spielen – lauter als die siebente Posaune.
„Primitive Blast“ lautet der Titel des aktuellen Albums von The Shrine. Und tatsächlich erzeugt das US-Trio bei seinem Auftritt am Donnerstag im Substage eine Druckwelle von urtümlicher Kraft, die den Status des heutigen Hauptakts, die Wüstenrocker Fu Manchu, selbst sattelfest im Staubaufwirbeln, erschüttern sollte. Daoch dazu später mehr.
This Shrine, namentlich Josh Landau (Gitarre/Geang), Court Murphy (Bass) und Jeff Murray (Drums), gebürtig aus dem kalifornischen Penner-Paradies Venice Beach, präsentierten sich als Urbild der ungewaschenen Rockband. Auf der Bühne gerierte sich eine Bande fetthaariger, kuttenspeckiger Tunichtgute, mit braun verfärbten Tennissocken und Pissflecken auf der Feinripp-Unterhose, die, was sie an Bildung vorweisen kann, dem Studium von Tony Hawk-Videos verdankt. Hipp geht definitiv anders!
Doch warum hipp sein, wenn man als Außenseiter viel mehr Spaß haben kann? Was ihnen an Körperpflege-Skills abgehen mag, machen The Shrine durch Stilsicherheit locker wett. Ihre Väter – sollten sie sie je kennengelernt haben – hatten die richtigen Platten im Schrank: Pentagram, Witchfinder General, Melvins, Black Flag und 70er Psychedelia. Das Ergebnis sind erratisch vorgetragene Acid-Rock-Attacken wie „Whistlings Of Death“ oder „Freak Fighter“, voll chaotisch umherpeitschender Punk-Einsprengsel und grandios archaischer Riffpassagen. Da neigen wir doch gern das gnädige Ohr. Super!
Im Übrigen sollte keiner vorschnell behaupten, The Shrine legten keinen Wert auf ihr Äußeres: Niemand stöpselt seine Flying-V-Gitarre mit einem weißen Spiralkabel ein, lässt sich einen Phyl-Lynott-Schnauzer wachsen (Landau) oder pappt sich einen Blue-Öyster-Cult-Aufnäher auf die Kutte (Murphy), ohne sich das ernsthaft überlegt zu haben. Diese Band ist wahrer Kult; nimm das, Steel Panther! Soviel dazu.
„Schön, wenn ihr´s nicht anders wollt“, mögen sich Fu Manchu angesichts des Gemosers über wahlweise zu viel oder zu wenig Entwicklung während der beiden letzten Veröffentlichungen „Signs Of Infinite Power“ und „We Must Obey“, auf denen sich das eine oder andere Körnchen Hardcore-Punk in den Wüstensand mischte. „Spielen wir halt was Altes!“
Dieser Schreiber ist kein großer Freund der Komplette-Alben-Aufführerei, denn es sind immer auch schwächere Songs durchzustehen. Andererseits lässt sich nicht bestreiten, dass „The Action Is Go“, das heute zu Ehren kommt, neben „California Crossing“ ein herausragendes Monument des Fu-Manchu-Backkatalogs ist – wenn nicht des Stoner-Genres überhaupt. Die Verbindung leichtfüßigen Arschtritt-Rock'n'Rolls mit dröhnenden Schwerlast-Riffs gilt als Stilprägend. Sein California-Vibe etablierte Scott Hill und Co endgültig als Junggesellenabschiedsparty-Version von Black Sabbath.
Doch es kommt, was zu befürchten war. Zwar gehören staubtrockene Rockbrocken wie "Urethane", "Burning Road" und "Trackside Hoax" noch immer zum Besten, was Fu Manchu je rausgebracht haben, aber über die komplette Distanz von 14 Songs offenbahrt „Action“ dann doch so seine Längen. Insbesondere da der wie immer spröde Hill und seine Leute ihren Strumpf ein wenig zu routiniert runterspielen.
Zum Schluss gibt´s als Rausschmeißer noch was vom zitierten „California Crossing“ und den Titeltrack vom ebenfalls älteren „King Of The Road“. Ok, Plan erfüllt, aber vielleicht wäre etwas mehr Neuzeitlicher Stoff doch besser gewesen. Wie Traditionalismus richtig geht, haben The Shrine vorgemacht.
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