Montag, 26. Oktober 2015

Endlich wieder reckless - Mit "Get Up!" schwört Bryan Adams dem Schnulzensängerdasein ab


Bryan Adams hat endlich wieder Bock auf Rock! Auf seinem neuen Album „Get Up!“ (Polydor), schlägt der Kanadier hörbar härtere Töne an: “If I am gonna go down/ I gonna go down rockin´“, singt Adams im Song „Go Down Rockin'“. Rockfans wird das freuen. Denn in den frühen 80er Jahren hatte sich Adams mit einem Doppelschlag von gleich zwei kanonischen Alben hintereinander, "Cuts Like a Knife" (1983) und „Reckless“ (1984), in ihre Herzen gespielt. Während der 90er Jahre missbrauchte Adams seine markante heisere Stimme dann aber für schlappe Balladen und Filmmusiken wie "All for Love" (Die drei Musketiere), "Please Forgive Me" und "Have You Ever Really Loved a Woman?" (Don Juan DeMarco) und wurde von der Rockgemeinde als Schnulzensänger abgestempelt.
Adams erstes Album mit neuen eigenen Songs in sieben Jahren markiert aber nicht nur die Rückbesinnung auf alte Rock-and-Roll-Tugenden, sondern auch die vollgültige Rückkehr seines alten Kompositionspartners Jim Vallance. Zusammen schrieb das Duo mit dem Händchen für geniale bis banale Melodien einige von Adams bekanntesten Songs wie "Straight From The Heart" oder eben "Summer Of '69". „Es ist einfach so passiert“, sagt Adams dem BRB am Rande eines Konzerts in Karlsruhe. „Wir haben nicht darüber geredet, eine Platte zu machen, wir haben nicht über Geld geredet, es gab keine Verhandlungen und keine Anwälte. Wir haben einfach Songs geschrieben und nach fünfzehn Monaten hatten wir ein Album.“ 
Bryan Adams live in the Color Line Arena, Hamburg, Germany, on June 3, 2007.Foto: Marco Maas

Adams sich mit einem überraschend harten Album zurück: „Auf allen meinen Platten gibt es rockige Momenten, aber ‚Get Up!‘ gehört ist sicher eines meiner drei härtesten Alben. Ich würde es irgendwo zwischen ‚Cuts Like a Knife‘ und ‚Reckless‘ einordnen“, so der Kanadier. Und tatsächlich, auf „Get Up!“ lässt es Bryan Adams, der in drei Wochen seinen 56sten Geburtstag feiert, endlich wieder krachen. Kaum ein Song ist länger als drei Minuten. Das treibende „Brand New Day“ dürfte jedes Stadion in Schwung bringen. Im stampfenden, waveig angehauchten „Thunderbolt“ quieken und fauchen die Gitarren. „‘Thunderbolt‘ sollte ursprünglich der Albumtitel lauten“, sagt der Musiker. „Ich hatte in Deutschland für die Zeitschrift Vogue eine Band fotografiert und dafür eine Gitarre mit Blitzen verziert“, erzählt Adams, der sich neben seiner dreißigjährigen Musikerkarriere einen internationalen Ruf als Fotograf erarbeitet hat. „Die fand ich dann so cool, dass ich sie behalten habe und gleich noch einen mit diesem Titel geschrieben habe.“ 
Doch schwingt Adams auf „Get Up!“ nicht nur den Donnerkeil: Ein flotter Country-Boogie wie der Opener „You Belong To Me“ oder das von einer pluckernden Gitarre und Handclaps getriebene “That´s Rock and Roll” könnte auch von den Traveling Wilburys sein, jener englisch-amerikanischen Supergruppe der Bob Dylan, George Harrison, Roy Orbison, Tom Petty und auch Jeff Lynne, Chef des Electic Light Orchestras, angehörten. Ebenso die den Geist den frühen 60er Jahre versprühende Ballade “Don´t Even Try”. All das verwundert nur, wenn man nicht weiß, dass Lynne bei der Entstehung von „Get Up!“ als Produzent fungierte. „Wenn jemand sagt, diesen oder jenen Song hätten auch Tom Petty oder Roy Orbison singen können, nehme ich das als Kompliment“, kommentiert Adams diesen Höreindruck. „Meine Musik war schon immer handgemacht und Jeffs Hintergrund ist der Rock and Roll. Er hat in den 60er Jahren schon Platten gemacht, die bis heute Geltung haben. Das hat einfach gepasst. Es war für mich das einfachste Album, das ich je gemacht habe.“ 
Musikalisch mag Bryan Adams eher rückgewandt sein, der technischen Entwicklung und deren Auswirkungen auf das Musikgeschäft ist er sich sehr bewusst. Er hält nichts von Streaming-Diensten wie Pandora oder Spotify: „Ich habe ungefähr 20 Alben draußen und ungefähr 700 Millionen Hits auf Youtube. Und raten sie mal, was meine Erlöse aus dem weltweiten Streaming der Jahre 2010 bis 2014 waren: 2500 Dollar!“ 
Da wird Bryan Adams große Welttournee, die er 2016 unternehmen will, vermutlich rentabler werden. Details dazu konnte er noch nicht nennen.