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Freitag, 4. November 2016

Ruhe geben gibt´s nicht: Tattered Silence fallen beim New Bands vom Treppchen

Evil: Tattered Silence.Foto: Band.

Die Gewinner des New-Bands-Festivals heißen in diesem Jahr Reaching 62f. Die Esotherik-Rocker aus Philippsburg verwiesen die Classic-Rock-Formation Voodoo Kiss und den brasilianischen Solokünstler  Cristiano Matos auf die Plätze. Knapp nicht in die Jurywertung schafften es am Samstag in Jubez am Kronenplatz die brachialen extrem Metaller Tattered Silence. Resistance aus Bruchsal erhielten den Publikumspreis. Die nach einer mitreißenden Performance in der Vorrunde ebenfalls hochgehandelten Deutsch-Punker Kaptain Kaizen  mussten ihre Teilnahme am Wettbewerb wegen der unvorhergesehenen Ankunft eines kleinen Nachwuchsmusikers in der Band leider absagen. Die Sieger treten bei „Das Fest“ auf
Als erster musste der spätere Drittplatziere Cristiano Matos ran: Der Sänger und Bassist kämpfte sich trotz schwerer Erkältung durch seinen halbstündigen Set. Zog sich aber auch Dank seiner musikalisch ganz vorzüglichen fünfköpfigen Backing-Band überaus achtbar aus der Affäre. Wenig Wiedererkennungswert hatten allerdings die Songs, die trotz aller musikalischen Klasse scheinbar Ziellos durch die Gefilde von Latin, Fusion und Rock meanderten.
Ein ums andere Mal auf dem Punkt landeten in kompositorisch hingegen Voodoo Kiss. Dem modern angehauchten Rock der Karlsruher und Pforzheimer Gemeinschaftsproduktion mit dem Nette-Jungs-Image, der irgendwo zwischen Alter Bridge, Led Zeppelin  und ZZ Top verortet ist, fehlt vielleicht ein Gran Dreck unter den Fingernägeln, aber ansonsten gibt es hier rein gar nichts zu kritteln: Sänger Sebastian trifft jeden Ton und hat obendrein ein Händchen für einprägsame Melodien. Mit Gitarrist Pascal, der sowohl mit knackigen Riffs als auch mit durchdachten Soli begeistern konnten, hatten Vodoo Kiss den sicher komplettesten Musiker des Abends in ihren Reihen. Und die Rhythmussektion erledigte ihren Job angemessen solide. Wie schon angedeutet: Voodoo Kiss fehlen ein paar Ecken und Kanten, aber Nickleback sind auch ohne solche reich geworden. Ein Video findet ihr hier.
Sehr viele Fans hatten Resistance mitgebracht, die ihre Lieblinge ausgelassen feierten.  Bei  dem  Fünfer aus Bruchsal rumpelt es musikalisch zwar noch ganz schön und am Songwriting wird die Band noch feilen müssen, aber der Enthusiasmus mit dem die jungen  Kerle zur Sache gehen, ist schlicht ansteckend. Kann mit bisschen Arbeit noch was draus werden.
Einen guten Schritt weiter sind da schon Tattered Silence. An dieser Band ist einfach alles extrem:   Das fängt schon bei der Optik des Trios an. Da wäre auf der einen Seite Frontmann Michiel „Shadow III“ van Steenhoven, der mit seiner zierlichen Figur und seinem psychotischen Stageacting stark an Chucky die Mörderpuppe erinnert. Und auf der andere Seite der gewichtige Smiley Lochmüller, der mit seiner Mohawk-Frisur und Nietengurt  am Bass, auch als einer der Kopfgeldjäder von Jabba dem Hutten durchgehen könnte.
Überaus Gegensätzlich sind die Musikbausteine aus denen „Tattered“ ihre Musik zusammenbauen: Hier treffen ausgeflippte Rap-Parts auf extremes Hochgeschwindigkeitsgesumme, funkige Einlagen auf donnernde Downbeats. Während Steenhoven allerlei verrückte Sounds und Läufe aus seinem Griffbrett zaubert, pflügt die Rhythmussektion gnadenlos straight durch die Botanik (Ein Video seht ihr hier).
Einziger, aber siegkostender Wehrmutstropfen: Während Steenhoven alle Facetten des metallischen Extremgesangs (gutturales Grunzen, heiseres Bellen, aggressives Fauchen, hysterisches Kreischen), hapert es beim Klargesang. Sich für den Job noch einen Mann ins Boot zu holen, wäre kein schlechter Schachzug.
Steil nach unten ging die Lärmkurve mit Reaching 62 F: Die Mannschaft aus Philippsburg spielt instrumentale Regenrohr-Musik, die den Hörer in extraterrestrische Welten beamen soll. Dem Weltraumkonzept hat sich das Quartett komplett unterworfen: 62 F rekurriert auf den unlängst entdeckten Planeten Kepler, der als potentieller Kandidat für lebensfreundliche Bedingungen gilt. Dazu gibt es lustig fluoreszierende Spacekadetten-Hemden und allerlei blubbernde, sirrende und rauschende Effekte.
Musikalisches Grundprinzip bei Reaching 62 F ist die Repetition; eines Riffs, eines Rhythmusmusters oder eines Samples, üblicherweise mit einer Leise-Laut-Steigerung, wodurch ein meditativer Effekt eintritt. Diese Kunst beherrscht die Band ziemlich gut. Was allerdings etwas nervt ist, dass Reaching 62 F im Wesentlichen auf zwei Rhythmische Figuren zurückgreifen, die somit  im Laufe des Konzerts von Song zu Song mehr oder weniger abwechseln. Da wird aus Hypnose ziemlich schnell Langeweile.

Donnerstag, 4. Dezember 2014

Schwache Endrunde, starke Siegerin - Electro-Act La Petite Rouge gewinnt Karlsruher New Bands-Festival

Zeigt wie man richtig rockt: Adoneys JB Jables bei einem Auftritt im Soundcheck One.
Der Gewinner des New  Bands Festivals heißt „La Petite Rouge“. Der Ein-Frau-Act aus Karlsruhe ragte mit seinem zauberhaft nerdigen Knöpfchendreher-Elektronik-Folk schulterhoch aus dem ansonsten  konventionell und in diesem Jahr ungewöhnlich durchschnittlich musizierenden Teilnehmerfeld heraus. Den mit dem Sieg beim alljährlichen Newcomer-Festival einhergehende Auftritt der jungen Elektro-Alchemistin auf der Hauptbühne bei „Das Fest“ 2015 sollte man sich schon jetzt als kommendes Highlight in den Eventkalender eintragen.
Denn was diese zierliche Gestalt, mandeläugig unterm roten Pony hervorrehblickend, an Klängen in die Welt entlässt, ließ am Samstagabend, 29.11., im Jubez am Kronenplatz selbst hartgesottene Anhänger von krachender Stahlsplitter-Musik so andächtig zuhören wie sonst nur Kleinkinder der Gutnachtspieluhr lauschen. Düster sind sie, wie das an graue Klippen brandende Meer bei Nacht. Dazu gedämpft verzerrte und vielfältige  Stimmen, als hätten Poseidons Töchter Hausarrestund sängen traurig in der dunklen Tiefe ihrer feuchten Karzer
Elektro-Nixe beim Landgang: New Bands-Festival-Gewinnerin La Petite Rouge.
Dargeboten wird die Musik in bestrickend lebensfremder und weltentrückter Weise: Als Antonia Rug, wie das Kleine Rote bürgerlich heißt, die Gitarre zur Hand nimmt und amüsiert kichernd in die Runde fragt, ob das neulich erst erlernte Wort „Klampfe“ allgemein bekannt sei, hebt sich mehr als eine Augenbraue. „Ach, ich kenne ja so vieles nicht“, seufzt sie. „Klampft“ dann aber richtig gut, was in verschrobene Folk Songs von nahezu Drake´scher Finesse mündet.
Von der Professionalität und Coolness der 17-Jährigen Siegerin hätten sich die meisten der übrigen Bands eine dicke Scheibe abschneiden können: So wirkten etwa die Metalcore-Knaben von In Plastic im Vergleich zu früheren, aggressiveren Auftritten unfokussiert und fahrig. Ebenso die New Metal-Fraktion Mess Up Your DNA, die vor lauter Bemühen um stilistische Vielfalt den roten Faden zu verlieren schien. Schade, denn gute Riff-Ideen und einfallsreiche Breaks hatten die vier Jungs en Masse. Auch Something Redefined hatten mit eingängigem Street Rock, mal mit Punk-, mal mit 70er-Schlagseite, gute Ansätze zu bieten: Einprägsame Refrains und knackige Gitarren ließen den Rock-Party-Bus anrollen. Indes machte der immer wieder ins Stottern geratende Rhythmusmotor die Fahrt holprig. Leider keine Verbesserung zum Festival 2013, bei dem die Karlsbader schonmal an den start gingen.
Spieltechnisch achtbar schlugen sich dagegen die drittplazierten „Vision“. Das Trio aus Sängerin/Pianistin, Basser und Schlagzeugerin überzeugte origineller Instrumentierung, kreativer Rhythmik und Mut zum Pop – dem allerdings noch ein wenig der letzte Ohrwurmstich fehlt. Deutsche Texte könnten helfen. Die Zweitplatzierten In Haze lieferten traditionellen Rock im Stil von Traditionsrockbands wie Black Label Society oder Airborne in traditioneller Besetzung, aus der insbesondere der sich wie ein junger Angus Young gebärdende Gitarrist Julian Seiberlich herausragte.
Wie man wahrhaft richtig rockt, zeigten zum Abschluss die Vorjahressieger Adoney, die außer Konkurrenz die Beratungszeit der Jury überbrücken halfen: JB Jables (Gitarre), Chris Schottmüller (Bass), Alex Kohl (Drums) und Lars Barkawitz (Vocals) sind einfach klasse Musiker. Im Gegensatz zu den teils wesentlich älteren Kollegen im Wettbewerb ist ihr angegrungeter Alt-Rock längst bundesligatauglich, mit deutlicher Tendenz zu den Europaleague-Plätzen.
Insgesamt ein recht Schwaches Finale – mit einer sehr, sehr starken Siegerin. Junge Bands sollten sich ermutigt fühlen, bei der nächsten Auflage im kommenden Jahr dabei zu sein. Bewerbt euch hier.