„Es roch nach Tot, Blut und Schwein“, schildert Matthias Würz seine Eindrücke von der ersten Begehung des Schlachthauses. Wo vor zwei Jahren noch Schweinehälften an Fleischerhaken aufgereiht hingen, hält der Architekt am Dienstag vor vierhundert Gästen seine Rede zur Eröffnung des neuen Musikclubs Substage. Dessen Wiedererstehung auf dem Gelände des Kreativparks Alter Schlachthof an der Durlacher Allee er nach dem Auszug aus der alten Unterführung am Ettlinger Tor mitgestaltet hat. „Damals habe ich nur gedacht, wie sollen wir je diesen bestialischen Gestank aus dem Gebäude kriegen“, sagt Würz. „Denn die Bausubstanz war buchstäblich blutgetränkt.“
Heute erinnern nur noch einige weiße Fliesen an den Wänden im Innenraum des denkmalgeschützten Gebäudes an seinen ursprünglichen Zweck. Das Ambiente ähnelt in seinem Rohbaucharakter vielmehr dem unterirdischen Charme des alten Clubs. „Wir haben versucht so viel wie möglich von der Atmosphäre herüberzuretten“, sagt Geschäftsführer Gérald Rouvinez-Heymel. Das ist besser gelungen als Man erwarten konnte. Gäbe es auf der Bühne nicht Kopffreiheit für die Musiker, im Publikumsraum freie sicht für alle und eine Dreimal so lange Theke, ein Unterschied ließe sich kaum feststellen.
Revolutionäre Neuerungen gibt es auch, sie finden sich aber eher im Verborgenen: Anheimelnde Garderoben mit Waschräumen für die Künstler - Allein die Sofagarnitur aus dem alten Backstagebereich hat aus Ersparnisgründen eine Schonfrist bekommen und müffelt in einer Ecke selbstzufrieden vor sich hin - und wohlriechende Toiletten mit Handtrocknern von so futuristischem Design, dass sie erst nach eingehender Untersuchung als solche zu erkennen sind, für die Besucher.
Tausend Konzertgänger kann die neue Spielstätte aufnehmen, dreihundert mehr als zuvor. Am musikalischen Konzept wollen die Macher dennoch nichts ändern. „Wir werden ein Indie- und Rockschuppen mit Metaleinschlag bleiben“, verspricht Vivien Avena, zuständig für Künstlerengagements und Pressearbeit. „Der Unterschied besteht eigentlich nur darin, dass wir für größere Konzerte, wie das von Subway to Sally am Samstag, nicht mehr in eine fremde Halle ausweichen müssen.“ „Auch die Konzerte mit bewährten Stammkünstlern wie Hendrix-Imitator Randy Hansen oder die Ü-30 Party, wird es weiter geben“, ergänzt Rouvinez Heymel.
Ganz sorgenfrei sind die Substage-Macher aber auch am neuen Standort nicht. „Der Unterhalt wird natürlich teurer sein als im alten Club“, erklärt Tontechniker und Vorstand Andreas Schorpp. So seien zum Beispiel die Heizkosten eine bisher unkalkulierbare Größe. Heute aber herrscht bei allen Beteiligten Freude und Stolz auf das Erreichte. Zwei Millionen Euro hat der Umbau gekostet, den Löwenanteil schoss die Stadt Karlsruhe zu. Zusätzlich haben die Substageler aber 5000 Arbeitsstunden in ihr neues Heim investiert. „Von der Thekenkraft bis zu den Sicherheitsleuten haben alle auf dem Bau mit angebackt“, erzählt Schorpp. „Ich bin einfach nur froh, heute hier zu sein und niemand bohrt“, sagt Heymel. „Jetzt gibt es endlich Musik!” Selbst Karlsruhes Oberbürgermeister Heinz Fenrich ließ sich von der allgeminen Hochstimmung infizieren. Ungeahnte Coolness bewies er während seiner Eröffnungsrede, als er seine Zukunftswünsche für das neue Substage in das Neil Young Zitat kleidete: „Rock N' Roll Will Never Die".
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