Donnerstag, 16. Oktober 2014

Die Sackhaare weggelasert - Fu Manchu melden sich machtvoll zurück

Fu Manchu 2011 im Rockhouse Salzburg. Foto: Bernhard Lindinger

Falls der Koch vom Musikclub Substage Fu Manchu vor ihrem Konzert am Mittwoch, 1.10, irgendwas Aufputschendes in die Suppe getan hat, will ich das auch haben. Denn im Gegensatz zum etwas verhaltenen Auftritt am selben Ort im Jahr 2012 präsentierten sich die Space Rocker diesmal so unwiderstehlich wie die imperiale Sternenflotte in der Star Wars Filmtrilogie bei der Vernichtung Alderaans. Vielleicht rührt die wiedergewonnene Stoßkraft der Kalifornier aber auch gar nicht von irgendwelchen belebenden Mittelchen oder einer extra Injektion Midi-Chlorianer, sondern daher, dass Scott Hill und Troß nach einigen eher mauen Veröffentlichungen mit „Gigantoid“ endlich wieder mal ein äußerst effektives Kampfmittel in Stellung gebracht haben.
Stesco, Slimos! Schon der zweite Song des Sets stammt vom neuen Album: „Invaders On My Back“ wälzt sich heran wie ein in Wut geratener Spiralnebel. Die Gitarren fauchen wie das Düsengetriebe eines TIE-Sternenjägers in der Schlacht von Yavin. Der Sound von Bob Balch ist so schneidend scharf, er würde selbst den Dickhäutern der Gamorreanischen Palastwache Jabba des Hutten die Sackhaare weglasern. Scott Reeder lässt die Drums donnern, dass man meint, draußen tanze ein sechsbeiniger Kampfläufer von Rothana Heavy Engineering Schuhplattler. Und mit der Bassvibration von Brad Davis ließe sich gleich ein ganzes Batallion Kampfdroiden der Handelsföderation ins Outer Rim beamen.
All das überragt Scott Hill: Hoch aufgeschossen wie ein Wookiee-Häuptling dirigiert der Frontmann , die einer futuristischen Axt gleichende Plexiglas-Gitarre schwingend, seine sich zunehmend wie vom wilden Rancor gebissene Black Sabbath gerierenden Truppen hinter sich. Und die, vom aufpeitschenden Tatooine-Wüstenrock des Quartetts angestachelt, sich noch zunehmender wie eine ungebändigte Herde Banthas gebärdende Menge vor sich. Sonst eher introvertierter Natur, gibt sich der blonde Riese heute nahezu beredt, sagt fast sämtliche Songs an und plauscht gelegentlich sogar mit den Fans.
So wenige Wünsche wie die Show und der Sound lässt die Setlist offen: Brandneues Material wie „Dimension Shifter“ oder „Anxiety Reducer“ reißt ebenso mit wie die Evergreens „The Action Is Go“ und „King Of The Road“ sowie obskurere Hits wie „The Falcon Has Landed“. Wer nach 70 Minuten Warp Rock-Vollbedienung nicht grinst wie ein Kowakianischer Echsenaffe, dem wird weder die dunkle noch die helle Seite der macht noch helfen können. Eines der besten Konzerte der jüngeren Vergangenheit! Oder wie Jabba sagen würde: Inkabunga!

Mittwoch, 15. Oktober 2014

Metal sagt mehr als tausend Brüste - Juttas Brischt huldigen seit 30 Jahren dem Metalgod


Delivering the goods: Juttas Brischt bei ihrer Jubiläumsshow  Foto: Promo
Jetzt mal ernsthaft: Im Grunde sind Musiker, die ihr Talent darauf verwenden, den Sound einer anderen Band möglichst genau zu reproduzieren, doch der musische Antichrist. Sollte der Kreative nicht nach künstlerischer Eigenständigkeit und Selbstverwirklichung streben? Was sind das nur für Menschen, die ihre Freizeit und Mühe darauf verwenden, wie Elvis zu singen oder Gitarre zu spielen wie Angus Young?  Ziemlich lustige, um ehrlich zu sein. Das gilt zumindest für die badischen  Judas Priest-Darsteller Juttas Brischt, die nun schon seit 30 Jahren im Namen des Metal-Gods unterwegs sind. Und überhaupt: Wenn andere Leute den Kölner Dom aus Streichhölzern nachbauen können, ohne gleich  für bekloppt erklärt zu werden, was soll dann verwerflich daran sein, Songs wie „Living After Midnight“ oder „The Ripper“ auf der Gitarre nachzuspielen?
„Brischt! Brischt! Brischt! Brischt!“, schallt es am Freitag über den Sportplatz im Dörfchen Münzesheim, in Anlehnung an den Schlachtruf, den Priest-Fans bei Konzerten der britischen Metal-Legende ausstoßen. Eine Legende sind Juttas Brischt inzwischen selbst – wenigstens im Kraichgau und sogar darüber hinaus.  500 Leute sind zu ihrem Jubiläumskonzert gekommen.  Angefangen hat das Quintett  vor dreißig Jahren als Kraut und Rüben-Coverband, wie Sänger  Oli „Tripper“ Mannherz berichtet. Der hochaufgeschossene heute  47-Jährige saß damals noch hinterm Schlagzeug. „Die andern sind auf der Bühne aber  immer nur herumgestanden“, berichtet er.  Auf die Anregung ihres Trommlers hin, „da muss mehr passieren“, hatten die Bandkollegen indes eine für diesen unerwartete Antwort parat: „Dann komm Du doch nach vorne und mach was.“
Zum Frontmann befördert merkte Mannherz schnell, dass ihm die Priest-Stücke im Programm wie „Grinder“ und „Breaking The Law“ besonders gut lagen. „Rob Halfords Tenor hatte ich ziemlich gut drauf, nur die hohen Lagen haben sich erst langsam entwickelt.“ Den Anstoß, sich voll auf britischen Stahl zu konzentrieren kam Anfang der 90er durch einen Auftritt mit der Deep Purple-Coverband „Bärbel in Rock“. „Das war damals eine der ersten Tribute Bands“, erzählt Mannherz. „Die waren ein Spin-Off der Rodgau Monotones und haben mich schwer beeindruckt. Das war die Geburtsstunde von Juttas Brischt.“
25 Jahre später stehen die Brischt immer noch. Eine lange Zeit für ein Spaßprojekt. „Wir nehmen uns selbst nicht allzu ernst“, erklärt Mannherz das Geheimnis der Langlebigkeit. Geprobt wird heutzutage nur noch wenig. „Wir sind in alle Himmelsrichtungen verstreut“. Bandmitglieder wohnen in Kaufbeuren und Saarbrücken. „Viele neue Stücke müssen wir zum Glück ja nicht mehr lernen“, sagt er. „Redeemer Of Souls“, die neue Platte seiner Idole gefällt ihm nicht besonders. „Halford wird eben alt“, bedauert er.
Von seiner Glatze – er hat sie mit seinem berühmten Kollegen gemein – steigt Dampf in den kühlen Nachthimmel über Münzesheim. Es ist anstrengend einen echten Metal-Gott zu personifizieren.  Nach zwei Stunden auf der Bühne hat Mannherz seine Lederkluft durchgeschwitzt. Obwohl er heute auf die eigentlich unverzichtbaren Halford-Accessoires Bikermütze und Reithandschuhe verzichtet hat. „Die habe ich nach dem letzten Konzert in der Tasche vergessen. Als ich sie ein halbes Jahr später hervorholen wollte, waren sie vom Salz zerfressen.“ Ersatz hat er noch nicht gefunden. „Es gibt immer nur so Faschingshüte, eine gute Lederkappe zu bekommen, ist schwierig.“ Auf einen Sado-Maso-Versandhandel will der Familienvater  lieber nicht zurückgreifen. „Du kannst mir ja mal was mitbestellen“, sagt er und lacht.
Ohnehin kommt es bei Juttas Brischt weniger auf die zu hundert Prozent korrekte Optik an. Zwar sehen die Gitarristen Axel „Axe“ Herrmann und Maze „Finderlohn“ Bienwald tatsächlich ein wenig aus wie ihre Vorblilder Glenn Tipton  K.K. Downing. Das sei wohl wie bei den Hundebesitzern, die ihren Vierbeinern ähnlich sehen, glaubt Mannherz, „bloß umgekehrt“. Aber viel wichtiger ist, dass die Band es schafft, beim Zuhörer das ganz eigene Judas Priest-Gefühl zu erzeugen: Bei aller Härte ein warmer Sound mit gelegentlich romantischen Melodien. „Das ist einfach schöne Musik“, sagt Mannherz. Und fügt abschließend hinzu: „Heavy Metal sagt einfach mehr als tausend Brüste.“