Montag, 17. April 2017

Besser als der späte King: Elvis - das Musical

Ans Original kommt niemand heran - meistens: Elvis bei seiner 68er Comeback-Show auf NBC.
Klar, über die Berechtigung von Tribute-Bands und anderen Veranstaltungen, die verstorbene Musikidole mehr oder weniger gelungen wiederaufleben lassen, kann man sich streiten. Man muss auch kein böswilliger Zeitgenosse sein, um zu behaupten: Musical-Produktionen, die durch die Provinz tingeln, erfüllen meist nicht gerade Broadway-Standards. Und wenn im Programmheft von „Elvis – das Musical“, das im März im Konzerthaus Karlsruhe Station machte, steht, das Highlight des Abends sei das Hawaii-Konzert, bei dem zu Beginn der 70er Millionen von Fernsehzuschauern ein ziemlich derangierter King of Rock´n´Roll vorgeführt wurde, macht das ebenfalls wenig Hoffnung, der Abend könne ein königliches Vergnügen werden. Aber immerhin: Beim Eröffnungstitel „My Way“ – eigentlich Sinatras Signature-Song – singt der Darsteller schon mal besser als der saft- und (hüft)kraftlose Spät-Elvis von 1973.
Flashback: In der folgenden ersten Spielszene hat Elvis-Darsteller Grahame Patrick den weißen Glitzer-Nudie-Suit gegen einen Mechaniker Blaumann getauscht wie ihn der junge Lastwagenfahrer aus Tupelo, Mississippi, tatsächlich getragen haben mag, als er an einem heißen August-Nachmittag nach der Arbeit ins Sun Studio von Sam Phillips in Memphis stakste und für eine Gebühr von vier Dollar seine erste Tonaufnahme anfertigen ließ.
Im weiteren Verlauf wird Elvis´ Karriere auf recht lehrreiche Weise nachvollzogen anhand von Songs und nachgestellter berühmter Bühnenszenen aus Fernsehshows oder Filmen, die sich immer wieder mit Schauspieleinlagen abwechseln, wobei der Charakter des Colonel Parker (graue Eminenz und skrupelloser Strippenzieher hinter dem King) als Erzähler fungiert. Stationen sind etwa die erste Studiosession mit den Rockabilly-Legenden Gitarrist Scotty Moore und Bassist Bill Black („That's All Right“). Oder Presleys US-weites Fernseh-Debüt in der „Stage Show“ der Dorsey-Brüder, das im Januar 1956 wütende Protestanrufe und empörte Briefe schockierter Zuschauer provozierte. Sowie Filmausschnitte und denkwürdige Konzerte wie die1968 von NBC ausgestrahlte Come-Back-Show oder das Engagement in Las Vegas.
Als größter Trumpf entpuppt sich die Band, die trotz größter Routine (über 60 Aufführungen in knapp drei Monaten) ihren Job nicht nur sauertöpfisch exekutiert, sondern sichtlich Freude an der Arbeit hat – tatsächlich gibt es sicher Schlimmeres, als tagtäglich Leiber/Stoller-Perlen wie „Hound Dog“, „Jailhouse Rock“ oder „King Creole“ zu spielen.
Und auch Elvis-Darsteller Grahame Patrick weiß Akzente zu setzen. Zwar bekommt der etwas speckige Ire, der mehr als „Teddy Bear“ denn als „Big Boss Man“ rüberkommt, vor allem in der vom Rock´n´Roll dominierten Frühphase Abzüge in der Haltungsnote, begeistert aber immer wieder durch seine Gesangsleistung. So reißt der Doppelgänger mit seiner Performanz ausgerechnet bei den Gospels „He Knows Just What I Need“ und „He Touched Me“ die Leute von den Sitzen.
Ein Manko indes bleibt während des gesamten Abends die brutale Lautstärke. Hier empfiehlt sich vielleicht eine Umorientierung bei der Zielgruppe, weg von den Elvis-Fanclubmitgliedern der ersten Stunde.

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