Mittwoch, 5. Dezember 2012

Die Königin des Rock´n´Roll wird 80

"If Elvis is the King of Rock and Roll, then I'm the queen." Dieser Satz sagt eigentlich schon alles über Little Richard, der heute 80 Jahre alt wird. Trotzdem will ich über Richard Wayne Penniman, geboren am 5. Dezember 1932 in Macon, Georgia, noch ein paar Worte verlieren: Zunächst einmal ist es bemerkenswert, dass ein schwuler schwarzer Rock´n´Roll-Sänger mit Pompadour-Frisur im Umfeld des amerikanischen Südens, das Billie Holyday etwas mehr als eine Dekade vorher noch in ihrem Lied „Strange Fruit“ – der Körper eines gelynchten Schwarzen, der an einem Baum hängt – so eindrucksvoll besungen hatte und in das Little Richard 1955 mit einem gellenden "A-wop bop-a loo-mop, a-lop bam-boom!“ lautstark hereinplatzte, überhaupt seinen 30. Geburtstag erlebte.

„Er ist in Macon, Georgia, mit diesem schmalen Menjou-Bärtchen und einem verdammten roten Kleid aufgetreten. Alle haben sich dummes Ding genannt und (mit nasaler Stimme) ‚Uuh‘ und ‚Aah‘ gemacht. Sie haben ihre Homosexualität nicht nur im Verborgenen ausgelebt. Das war unerhört“, befand Motörheads Lemmy neulich mir gegenüber im Interview.
Wie unerhört Little Richards Auftreten damals für seine Zeitgenossen war, ist für uns  Nachgeborene nur schwer vorstellbar. Einen wagen Eindruck vermittelte mir ein Gespräch, das ich unlängst in einer Schwulenbar in New Orleans mit einem greisen Gast führte, während wir ein paar amerikanische Dünnbier kippten und uns ein Spiel der Saints anschauten. Die Repressionen (Polizeigewalt, Diskriminierung) , denen Homosexuelle in den Südstaaten damals ausgesetzt waren, standen jenen, unter denen die Schwarzen zu leiden hatten, in nichts nach. So betrachtet dürfte allenfalls der kleinwüchsige schwarze einäugige Jude Sammy Davis Junior noch schlechtere Startbedingungen für eine erfolgreiche Karriere im Showbiz gehabt haben, als Richard Penniman.
Doch all das nur am Rande, denn die Herzen der Jugend flogen Little Richard sicher mehr wegen seiner schrillen Unangepasstheit, als wegen seiner fragwürdigen sexuellen Orientierung zu. Nochmal Lemmy: „Davor hatten wir zwar Bill Haley. Aber er war ein kleiner dicker Mann, der schreckliche karrierte Tartan-Jacketts trug. Haley hat schon gute Musik gemacht, aber irgendwie war es nicht das Wahre. Dann kam Elvis – so wolltest du aussehen. Und Little Richard – so wolltest du singen.“ Oder wie es Jimi Hendrix einmal ausdrückte: "I want to do with my guitar what Little Richard does with his voice."
Und tatsächlich: Vergleicht man Elvis’ Covers von “Rip It Up”, “Long Tall Sally” oder “Ready Teddy” mit den ursprünglichen Versionen, stellt sich schon die Frage, wer hier eigentlich König oder Königin ist. Mit der obligatorischen Prise Irrsinn rockt Little Richard immerhin sogar eine  Schmonzette wie "Goodnight, Irene".
Wie viele der alten Rock´n´Roller  fühlte sich allerdings auch Little Richard aufgrund seines christlichen Glaubens extrem schuldig. Jerry Lee Lewis sagte,“ ich spiele die Musik des Teufels und dafür werde ich zur Hölle fahren“. Der Killer versuchte sich später als Prediger, Richard begab sich ins Priesterseminar. „Auf Tour in Australien hat er eines Tages seine Ringe ins Meer geworfen und verkündet, er wolle sein unstetes Leben beenden und Priester werden. Beim Seminar ist er dann freilich immer im gelben Cadillac vorgefahren. So hatten es sich seine Lehrer vermutlich nicht vorgestellt“, amüsiert sich Lemmy.
Meine Lieblingsanekdote über Little Richard stammt allerdings von Randy Bachmann. Der werkelte eines Tages im Studio an einem Song und fand, ein hämmerndes Rock´n´Roll-Piano sei genau das fehlende gewisse Etwas. Da die Bachman-Turner Overdrive damals extrem erfolgreich waren, Randy also das nötige Kleingeld hatte und sich einen Jugendtraum erfüllen wollte, lud er Little Richard ins Studio ein. Das Problem: Richard, zwar gewiss kein Faulenzer am Klavier, konnte nur in G, C, oder D, nicht aber in A spielen, der Tonart von Bachmanns Song. Also ließen sie das Band langsamer laufen, so dass Richard den Track in G einspielen konnte, hinterher beschleunigten sie es wieder. Als Little Richard das Ergebnis hörte, rastete er völlig aus, da er dachte, man habe ihn ersetzt. Auf die Versicherung hin, dass es nach wie vor er sei, kommentierte er nur, er habe garnicht gewusst, dass er auch in A spielen könne.
Das nenne ich gesundes Selbstbewusstsein. Also wenn ich diesen Post mit der Aussage schließe, „Little Richard ist einfach der Größte“, wird er dem sicher zustimmen.

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