"If Elvis is the King
of Rock and Roll, then I'm the queen." Dieser
Satz sagt eigentlich schon alles über Little Richard, der heute 80 Jahre alt
wird. Trotzdem will ich über Richard Wayne Penniman, geboren am 5. Dezember
1932 in Macon, Georgia, noch ein paar Worte verlieren: Zunächst einmal ist es
bemerkenswert, dass ein schwuler schwarzer Rock´n´Roll-Sänger mit
Pompadour-Frisur im Umfeld des amerikanischen Südens, das Billie Holyday etwas
mehr als eine Dekade vorher noch in ihrem Lied „Strange Fruit“ – der Körper
eines gelynchten Schwarzen, der an einem Baum hängt – so eindrucksvoll besungen
hatte und in das Little Richard 1955 mit einem gellenden "A-wop bop-a
loo-mop, a-lop bam-boom!“ lautstark hereinplatzte, überhaupt seinen 30.
Geburtstag erlebte.
„Er ist in Macon, Georgia, mit diesem
schmalen Menjou-Bärtchen und einem verdammten roten Kleid aufgetreten. Alle
haben sich dummes Ding genannt und (mit nasaler Stimme) ‚Uuh‘ und ‚Aah‘
gemacht. Sie haben ihre Homosexualität nicht nur im Verborgenen ausgelebt. Das
war unerhört“, befand Motörheads Lemmy neulich mir gegenüber im Interview.
Wie unerhört Little Richards Auftreten
damals für seine Zeitgenossen war, ist für uns
Nachgeborene nur schwer vorstellbar. Einen wagen Eindruck vermittelte
mir ein Gespräch, das ich unlängst in einer Schwulenbar in New Orleans mit
einem greisen Gast führte, während wir ein paar amerikanische Dünnbier kippten
und uns ein Spiel der Saints anschauten. Die Repressionen (Polizeigewalt,
Diskriminierung) , denen Homosexuelle in den Südstaaten damals ausgesetzt
waren, standen jenen, unter denen die Schwarzen zu leiden hatten, in nichts
nach. So betrachtet dürfte allenfalls der kleinwüchsige schwarze einäugige Jude
Sammy Davis Junior noch schlechtere Startbedingungen für eine erfolgreiche
Karriere im Showbiz gehabt haben, als Richard Penniman.
Doch all das nur am Rande, denn die
Herzen der Jugend flogen Little Richard sicher mehr wegen seiner schrillen
Unangepasstheit, als wegen seiner fragwürdigen sexuellen Orientierung zu.
Nochmal Lemmy: „Davor hatten wir zwar Bill Haley. Aber er war ein kleiner
dicker Mann, der schreckliche karrierte Tartan-Jacketts trug. Haley hat schon
gute Musik gemacht, aber irgendwie war es nicht das Wahre. Dann kam Elvis – so
wolltest du aussehen. Und Little Richard – so wolltest du singen.“ Oder wie es Jimi Hendrix einmal ausdrückte: "I
want to do with my guitar what Little Richard does with his voice."
Und tatsächlich: Vergleicht man Elvis’
Covers von “Rip It Up”, “Long Tall Sally” oder “Ready Teddy” mit den ursprünglichen
Versionen, stellt sich schon die Frage, wer hier eigentlich König oder Königin
ist. Mit der obligatorischen Prise Irrsinn rockt Little Richard immerhin sogar
eine Schmonzette wie "Goodnight,
Irene".
Wie viele der alten Rock´n´Roller fühlte sich allerdings auch Little Richard
aufgrund seines christlichen Glaubens extrem schuldig. Jerry Lee Lewis sagte,“
ich spiele die Musik des Teufels und dafür werde ich zur Hölle fahren“. Der
Killer versuchte sich später als Prediger, Richard begab sich ins Priesterseminar.
„Auf Tour in Australien hat er eines Tages seine Ringe ins Meer geworfen und
verkündet, er wolle sein unstetes Leben beenden und Priester werden. Beim
Seminar ist er dann freilich immer im gelben Cadillac vorgefahren. So hatten es
sich seine Lehrer vermutlich nicht vorgestellt“, amüsiert sich Lemmy.
Meine Lieblingsanekdote über Little
Richard stammt allerdings von Randy Bachmann. Der werkelte eines Tages im
Studio an einem Song und fand, ein hämmerndes Rock´n´Roll-Piano sei genau das
fehlende gewisse Etwas. Da die Bachman-Turner Overdrive damals extrem
erfolgreich waren, Randy also das nötige Kleingeld hatte und sich einen
Jugendtraum erfüllen wollte, lud er Little Richard ins Studio ein. Das Problem:
Richard, zwar gewiss kein Faulenzer am Klavier, konnte nur in G, C, oder D,
nicht aber in A spielen, der Tonart von Bachmanns Song. Also ließen sie das
Band langsamer laufen, so dass Richard den Track in G einspielen konnte,
hinterher beschleunigten sie es wieder. Als Little Richard das Ergebnis hörte,
rastete er völlig aus, da er dachte, man habe ihn ersetzt. Auf die Versicherung
hin, dass es nach wie vor er sei, kommentierte er nur, er habe garnicht
gewusst, dass er auch in A spielen könne.
Das nenne ich gesundes
Selbstbewusstsein. Also wenn ich diesen Post mit der Aussage schließe, „Little
Richard ist einfach der Größte“, wird er dem sicher zustimmen.
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