Dienstag, 11. Dezember 2012

Doro in Concert - Albern oder ehrlich?



Jetzt mal ehrlich Leute: Wenn man so unter Metal-Adepten in gemütlicher Runde bei ein zwei Trinkhörnern goldbraunen Gerstensaftes zusammensitzt, wird zwar gerne und kontrovers über die Relevanz des Post-Seasons In The Abyss-Slayer-Backkatalogs diskutiert oder darüber, ob jetzt Max Duhamel oder Derek Roddy die krasseren Blastbeats spielt. Der Satz, „Ey, hat eigentlich schon jemand die neue Doro gehört“, fällt hingegen relativ selten – im Grunde nie. Andererseits sind die Konzerte der deutschen „Metal-Queen” stets gut besucht, so auch am vergangenen Freitag im fast ausverkauften Substage. Und das trotz – um es mit der zu Unrecht vergessenen schweizer Band Messiah zu sagen – „Extreme Cold Weather“ und dem Umstand, dass die Düsseldorferin erst vor wenigen Tagen im nahen  Stuttgart gespielt hatte. Wie ist dieses Missverhältnis zwischen minderer künstlerischer Bedeutsamkeit und Publikumszuspruch zu verstehen?
Sicherlich nicht mit dem Kopf, denn der ist vom Beginn mit den Warlock-Klassikern „Burning Witches“ und „Fight For Rock“ an mit Wackeln beschäftigt. Eher schon mit dem Herzen, denn Blut aus dem ihren vergießt die zierliche Metal-Jeanne d’Arc gleich fassweise. Klar, Doro´s klassischer von Accept und Priest beeinflusster Metal, bei dem sich bei jedem zweiten Song auf jede dritte Achtel trefflich „Hey“ rufen lässt, ist vom Nieveau eher Stoppelackerrennen als Raumfahrttechnik, aber die 48-Jährige geht ihrem Beruf, ja ihrer Berufung, mit so entwaffnendem Freimut und offensichtlicher Einsatzfreude nach, dass es schwerfiele, wollte man sich ihrem schlichten Charme entziehen. Neigte die Sängerin nicht mitunter zu schwülstigen Pokahontas-Balladen wie „Herzblut“ oder „Engel“, die in ihrer Larmoyanz bis zur Grenze des erträglichen vordringen – von der anderen Seite winkt schon Andrea Berg –, ein solches Vorhaben wäre völlig aussichtslos.
Sicher, auch an den selbstreferentiellen Texten ließe sich herumkritteln. Ständig werden verbal die Fäuste in die Luft gereckt, die Köpfe gebangt und wird der wahre Stahl beschworen. Allein, man nimmt Dorothee Pesch zum eigenen erstaunen ab, dass sie jedes Wort, dass sie sagt oder singt wirklich ernst meint, dass sie jedes Klischee aus vollster innerer Überzeugung erfüllt. Dann prangert Doro noch pflichtschuldig das leidige “Lautstärkeverbot” bei hiesigen Metal-Konzerten an (“alles was man tun kann, ist noch lauter Brüllen”), widmet einen Song dem verstorbenen Ronnie James Dio („Hero“) und einen ihrer besten Freundin Regina Hallmich („Metal Racer“). Die vierköpfige Backing-Band rockt solide. Und wer so Evergreens wie „All We Are“ oder „Für Immer“ im Gepäck hat und obendrein noch neue Speed-Granaten wie, ähem, „Raise Your Fist in the Air“ fabriziert, kann sich ohnehin nur ganz schwer unbeliebt machen.
Man kann Doros kompromisslos ausgelebte Mental-Romantik albern finden, andererseits ist sie auch anrührend. Und darum geht es schließlich bei Musik.

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