Jetzt mal ehrlich Leute: Wenn man so unter
Metal-Adepten in gemütlicher Runde bei ein zwei Trinkhörnern goldbraunen
Gerstensaftes zusammensitzt, wird zwar gerne und kontrovers über die Relevanz
des Post-Seasons In The Abyss-Slayer-Backkatalogs diskutiert oder darüber, ob
jetzt Max Duhamel oder Derek Roddy die krasseren Blastbeats spielt. Der Satz,
„Ey, hat eigentlich schon jemand die neue Doro gehört“, fällt hingegen relativ
selten – im Grunde nie. Andererseits sind die Konzerte der deutschen
„Metal-Queen” stets gut besucht, so auch am vergangenen Freitag im fast
ausverkauften Substage. Und das trotz – um es mit der zu Unrecht vergessenen
schweizer Band Messiah zu sagen – „Extreme Cold Weather“ und dem Umstand, dass
die Düsseldorferin erst vor wenigen Tagen im nahen Stuttgart gespielt hatte. Wie ist dieses
Missverhältnis zwischen minderer künstlerischer Bedeutsamkeit und
Publikumszuspruch zu verstehen?
Sicherlich nicht mit dem Kopf, denn der ist vom
Beginn mit den Warlock-Klassikern „Burning Witches“ und „Fight For Rock“ an mit
Wackeln beschäftigt. Eher schon mit dem Herzen, denn Blut aus dem ihren
vergießt die zierliche Metal-Jeanne d’Arc gleich fassweise. Klar, Doro´s
klassischer von Accept und Priest beeinflusster Metal, bei dem sich bei jedem
zweiten Song auf jede dritte Achtel trefflich „Hey“ rufen lässt, ist vom
Nieveau eher Stoppelackerrennen als Raumfahrttechnik, aber die 48-Jährige geht
ihrem Beruf, ja ihrer Berufung, mit so entwaffnendem Freimut und
offensichtlicher Einsatzfreude nach, dass es schwerfiele, wollte man sich ihrem
schlichten Charme entziehen. Neigte die Sängerin nicht mitunter zu schwülstigen
Pokahontas-Balladen wie „Herzblut“ oder „Engel“, die in ihrer Larmoyanz bis zur
Grenze des erträglichen vordringen – von der anderen Seite winkt schon Andrea
Berg –, ein solches Vorhaben wäre völlig aussichtslos.
Sicher, auch an den selbstreferentiellen Texten
ließe sich herumkritteln. Ständig werden verbal die Fäuste in die Luft gereckt,
die Köpfe gebangt und wird der wahre Stahl beschworen. Allein, man nimmt
Dorothee Pesch zum eigenen erstaunen ab, dass sie jedes Wort, dass sie sagt
oder singt wirklich ernst meint, dass sie jedes Klischee aus vollster innerer
Überzeugung erfüllt. Dann prangert Doro noch pflichtschuldig das leidige
“Lautstärkeverbot” bei hiesigen Metal-Konzerten an (“alles was man tun kann,
ist noch lauter Brüllen”), widmet einen Song dem verstorbenen Ronnie James Dio
(„Hero“) und einen ihrer besten Freundin Regina Hallmich („Metal Racer“). Die
vierköpfige Backing-Band rockt solide. Und wer so Evergreens wie „All We Are“
oder „Für Immer“ im Gepäck hat und obendrein noch neue Speed-Granaten wie,
ähem, „Raise Your Fist in the Air“ fabriziert, kann sich ohnehin nur ganz
schwer unbeliebt machen.
Man kann Doros kompromisslos ausgelebte
Mental-Romantik albern finden, andererseits ist sie auch anrührend. Und darum
geht es schließlich bei Musik.
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