Fueled by Fire, der Name ist Programm. Denn gleich meterhoch loderte das Feuer aus den Ärschen der Kalifornier und wärmte die Herzen der Thrash-Fans, die an diesem so eisigen wie verregneten Samstagabend den glatten Weg ins Stuttgarter LKA gefunden hatten. Besonders Klasse: Die Gitarrenarbeit des Quartetts, die häufig an die frühen Metallica erinnerte.
Wäre Indiana-Jones Death-Metal-Fan, zu seinen Faves gehörten ohne Zweifel Nile. Aus seiner Todesblei-Bundeslade zaubert Hobby-Ägyptologe und Seth-Jünger Karl Sanders seit fast zwanzig Jahren monolithische Sound-Pyramiden. Für die ausgesucht dunkle Atmosphäre sorgen neben dem wie aus grausigen Grüften grollenden Gesang und den mystischen Doppelgitarren – beide Pflichten teilt sich Sanders mit Dallas Toler-Wade, der, vom etwas unägyptischen D.R.I-Shirt abgesehen, Arnold Vosloo als Imhotep in „Die Mumie“ nicht unähnlich sieht – vor allem die Samples vorgeblich altägyptischer Musiken. Dazu kommt sphinxhaft-vertracktes Songwriting, dem George Kollias, von dem man ständig fürchtet, er werde gleich ohnmächtig von seinem Schlagzeughocker fallen, eine zusätzliche Dimension an Komplexität verleiht.
Wer mithin meinte, mit Nile sei, was die Erbarmungslosigkeit angeht, an diesem Abend die Spitze des Obelisken erreicht, wiegte sich zu früh in Sicherheit. Zum Auftritt von Morbid Angel verhielt sich die Darbietung von Sanders und Co in etwa wie ein Scharmützel zwischen Demonstranten und Polizei auf dem Kairoher Tahir-Platz zum Einfall der Mongolen in den Kaukasus: David Vincent stapft in einer Art Leder-Rüstung, ausgestattet mit Baphomet- und Fell-Applikationen, auf die Bühne. Mit seinen schwarzen Koteletten und dicken Armen sieht er darin aus wie ein Hybrid aus einem höllischem Hunnen und einem etwas größer gewachsenem Glen Danzig. Flankiert wird der wild grimassierende Frontmann dabei vom heftig sein Griffbrett strangulierenden Trey Azagthoth. Der bleibt dabei so cool, dass man ohne weiteres geneigt ist, dem Gerücht, er reise stets in einem beständig auf sechs Grad temperierten Tour-Bus, Glauben zu schenken.
Ruinöse Klassiker wie “Immortal Rites”, „Chapel of Ghouls“, „Pain Divine“, „Where the Slime Lives“, oder „Rapture“ strotzen nur so vor boshaftem Gitarrenspiel, handgelenkbrecherischem Drumming und frevlerischen Vocals. Und sind somit auch noch mehr als zwei Dekaden nach ihrer Entstehung geeignet, ganze Armeen nordischer Black-Metal-Emporkömmlinge das Fürchten zu lehren. Dem stehen auch neue Werke wie das rasend schnelle „Existo Vulgore“ oder „Nevermore“ vom jüngsten umstrittenen Album „Illud Divinum Insanus“ in nichts nach. Morbid Angel sind wieder eine Macht.
Doch nun zu etwas völlig Anderem, der besten Thrash-Band Europas: Kreator. Auf Mille und Konsorten ist live stets Verlass,von daher sind zu viele der Worte gar nicht zu verlieren. Highlights in der Setlist sind neben alten immer wieder gerne vorgezeigten Schmuckstücken wie “Extreme Aggression”, “Phobia”, “Pleasure To Kill” oder “Endless Pain” auch neue Thrash-Pretiosen wie „Phantom Antichrist“, „Death to the World“ oder “Civilisation Collapse”.
Mille versprüht Gift und Galle wie eh und je – doch auf besonders einnehmende Art und Weise. Während der fast 45-Jährige in seinem Sendungsbewusstsein während früherer Zeiten manchmal doch etwas überspannt rüberkam, wandelt er heute leichtfüßig auf dem schmalen Grad zwischen pathetischem Zeremonienmeister, angepisstem Berufsjugendlichen und leicht selbstironischem elder thrashman. Ich meine, sich mit Ansagen wie „beim nächsten Song erwarte ich mehr Brutalität und Gewalt im Moshpit“ oder „seid ihr bereit, euch alle Umzubringen (vor „Pleasure to Kill“)“ nicht der Lächerlichkeit preiszugeben, ist schon eine Kunst. Doch strahlen Kreator 2012 tatsächlich so etwas wie idiosynkratische Lebensfreude aus, die selbst Trey Azagthoth in seinem fahrenden Leichenschauhaus nicht kalt lassen dürfte. Kein Wunder also, dass die Metal-Gemeinde umgehend in nahezu pfingstliche Verzückung gerät. Da hätte man die „Flag of hate“ zu guter Letzt garnicht mehr hissen müssen.
Unterm Strich eine Demonstration massivsten Metals, bei der zuvörderst die Essener auftrumpften. Beachtlich, nach sechs Wochen Tour mit dem Vernehmen nach lediglich zwei Hotelübernachtungen. Respekt!
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