B 52 Bomber werfen ihre tödliche Ladung
ab, aus einem Vororte verschlingenden Flammenmeer ragt das Werbeschild eines
bekannten Discounters – konsumorientiert geht die Welt zugrunde. Die
apokalyptischen Visionen, die über die Rückwand des Substage flimmern, sind dem
Kopf von Josh Graham entsprungen. Im „normalen“ Leben ist der große Mann mit
dem rasierten Schädel für die Bühnenprojektionen der Postcore-Band Neurosis
verantwortlich, oder er dreht Videoclips für Mega Acts wie Soundgarden. An
diesem Samstag steht er mit seiner eigenen Band A Storm Of Light auf der Bühne.
Akustisch passend untermalen die New
Yorker ihre Weltuntergangs-Visuals mit trübsinnig schleppendem Doomcore. Graham
und seine vier Mitstreiter machen ihre Sache zwar mehr als ordentlich. Doch
haben die Hardcore-Kids in der Halle heute, zwei Tage vor Weihnachten, anderes im Sinn als metallische
Schwermut und zeigen der Band die kalte Schulter.
Bei Touché Amoré hingegen ist ziemlich
schnell Leben im Karton. Wobei der mit Breaks durchsiebte und Offbeats
durchsetzte Screamo der Kalifornier in seiner Fahrigkeit ziemlich schnell
nervt.
Apropos nerven: Es gibt Kollegen, welche
die Musik, oder was immer Converge da machen, in Ermangelung passenderer
Begrifflichkeiten als Nervenkrankheitscore bezeichnen. Ich finde Kokscore
besser: Frontmann Jacob Bannon gebärdet sich wie ein exaltierter Tony Montana.
Unermüdlich rennt der hohlwangige Schlacks im Kreis, fuchtelt mit den Armen,
als pflücke er imaginäre Äpfel vom Baum oder wehre eingebildete
Moskito-Schwärme ab. Bassist Nate Newton hüpft indes auf und nieder wie ein
Flummi mit Turbolader. Und über den fantasischen Drummer Ben Koller muss man
nicht mehr sagen, als dass er seinen Namen absolut zu recht trägt.
Doch wird hier nicht blindwütig
dreingeschlagen. Die Konfusion hat bei Converge Methode. Das Quartett fügt
seine rasend erruptiv-extatischen Geräusch-Collagen mit spielerischer Bravour
zusammen. Wahnwitz ja, Idiotie nein. Das alles ist folglich durchaus beeindruckend
bis faszinierend, auf Dauer aber ähnlich besinnlich wie eine Zahnoperation oder
ein nie endender Tobsuchtsanfall.
Psychologen würden wohl von einer
Katharsis sprechen, hervorgerufen durch affektive Erschütterung. Nach
Aristoteles geschieht diese seelische Reinigung beim Durchleben von Jammer,
Rührung, Schrecken und Schauder in der griechischen Tragödie. Der Schrecken
ließe sich nur noch durch epileptische Attacken auslösende Stroboskopblitze
steigern.
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