Dienstag, 29. Januar 2013

Erderschütternd: Clutch im Universum Stuttgart



Proppenvoll war das Universum als Clutch am vergangenen Samstag, den 26.1., auf ihrer Mini-Tournee einen kurzen Stop in Stuttgart einlegten. Das war zu erwarten, weil a) der Club allerhöchstens gerademal 600 Nasen Platz bietet, b) sich die Stoner-Blues-Rocker aus Maryland in den vergangenen Jahren etwas rar gemacht hatten und c) mit „Earth Rocker“ ein neues Album in den Startlöchern steht (VÖ im März).
Das Publikum ist recht gemischt: Neben zahlreichen Neil-Fallon-Lookalikes, die sich mit ihren Islamisten-Bärten bei der nächsten USA-Reise auf verschärfte Personenkontrollen einstellen sollten,  drängeln sich Nerd-Brillen-Hipster, wie sie Underground-Musikveranstaltungen in zunehmendem Maße heimsuchen, Billie Girls und genau ein (!) Langhaariger (Notiz an mich selbst: Der Entwicklung der Rock-Crowd in naher Zukunft eine gesonderte Betrachtung widmen!).
Clutch eröffnen mit dem Dreifach-Schlag „The Mob Goes Wild“, „50 000 Unstoppable Watts“ und „Mice And Gods“, Crowdpleaser allesamt. Fellon hat leicht an Gewicht zugelegt, aber nichts an Charisma eingebüst. Mit großer Geste und Jim Jones-Attitude gibt er wie gewohnt den Zeremonienmeister, während Tim Sult den Blick keine Sekunde vom Frettboard wendet und Drummer Jean Paul Gaster sowie Dan Maines am Bass ganz in ihre Rhythmusarbeit versunken sind. Bühnenaction oder gar Posing? Fehlanzeige!
Wozu auch? Das Quartett hat genügend musikalische Substanz, um auf schmückendes Beiwerk und jegliche Effekthascherei verzichten zu können. Oder kennt sonst jemand eine Rockgruppe, die bereits beim dritten Song ein Schlagzeugsolo bringt, das sich obendrein nicht in irgendwelchem Gehacke erschöpft sondern durch Originalität besticht? Überhaupt das Schlagzeug: der nie aufdringlich, aber stets einfallsreich und gefühlvoll agierende J.P. ist mit Sicherheit einer der zu Unrecht übersehensten Vertreter seiner Zunft!
Doch eigentlich ist ja die ganze Band unterbewertet: „Power Player“, „Abraham Lincoln”, „Electric Worry“ (langsamer als auf Platte), aus allen Schaffensphasen reiht sich Hit an Hit, Monster-Groove an Monster-Groove und Ankylosaurus-Riff an Ankylosaurus-Riff. Das einzige Manko ist, dass einem diese ganze geballte bleiblütige Heavyness vielleicht irgendwann zu drückend wird.  
Doch Besserung ist in Sicht! Die Band hat die kommende Langrille als ihre bisher schnellste und eingängigste angeprisen. Und Tatsächlich: „DC Sound Attack“ weckt mit seinem klassischen Rock´n´Roll-Refrain und Fellon an der Kuhglocke fast schon Sleaze-Rock-Gefühle und der Titeltrack vom neuen Album verfügt neben einem fast schon Metal-Riff über einen so einprägsamen wie originellen Refrain. Wenn Clutch dieses Nievieau über die volle Distanz halten können, sägen sie vielleicht bald sogar am QOTSA-Tron.

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