Mit der Veröffentlichung ihres neuen
Albums am morgigen Freitag weichen die
Speed-Metaller Helloween vom traditionellen
Erscheinungsdatum, ihrem Namenstag am 31. Oktober, ab. „Wäre die Welt
mit Ablauf des Mayakalenders am 21. Dezember untergegangen, hätten wir uns so
wenigstens die Proben für die kommende Tour erspart“, sagt Sänger Andi Deris
bei der Vortsellung von „Straight Out Of Hell“ in
einem Karlsdorfer Studio.
Gemeinsam drängen
sich Band und das gute Dutzend Journalisten im beengten Kontrollraum – sonst
der Arbeitsplatz von ein zwei Toningeneuren –, der angefüllt ist mit einem
gewaltigen Mischpult und hoch aufstrebenden Boxentürmen. Aus letzteren wälzt
sich, nach einem oriantalisch anmutenden, stark an Rainbows „Gates Of Babylon“ erinnernden, Keyboardintro, der
erste Track "Nabataea".
Ein 7-minütiger
Parforceritt durch diverse Takt- und Tempiwechsel, ausgestattet mit einem
überaus ruppigem Gitarrenriff und einem Refrain in Fimose verursachender
Falset-Höhe. „Die Parallelen zu Rainbow waren mir garnicht bewußt“, gibt
Komponist Deris zu, „aber als Dio-Fan freut mich das natürlich.“ Textlich dreht
sich das Epos um jene untergegangene Kultur von Wüstennomaden, welche in
Jordanien die berühmten Felsengräber von Petra hinterließ.
„World Of War“
ist eine typische Helloween-Hochgeschwindigkeits-Nummer mit ebenso
charakteristischem Kinderlied-Chorus. Gerade als dem Hörer die Zeit schon etwas
lang wird, bringen ein tribaleskes Bass-Schlagzeug-Zwischenspiel und ein
ADHS-getriebenes Gitarrensolo die Aufmerksamkeit zurück.
Prächtig
marschieren lässt es sich hingegen zum in mittlerer Geschwindigkeit gehaltenen "Live Now!", das mit einem
parolenhaftem Kehrvers, Ohoh-Chören und psychedelischen Interludium gefällt.
Mit
einem strammen Backbeat ist "Far From the Stars" unterlegt, bleibt
sonst aber eher unauffällig – trotz eines der vielen gelungenen Gitarrensoli.
Könnte sich dank des eingängigen Refrains aber zu einer mitreissenden
Livenummer entwickeln.
Eine
seiner aggressivsten Gesangsperformances liefert Deres auf "Burning
Sun" ab. Ausgefallen sind auch der piratenfreundliche Shanty-Chorus und
das vertrackte Drumming während des Verses.
Wie
der Name schon sagt, beginnt "Waiting for the Thunder" eher
verhalten. Doch muss man auf den Donner nicht lange warten: Der Refrain knallt
nach der Ruhe vor dem Sturm umso mehr.
Gedämpft,
nur mit Piano und Akkustikgitarre, beginnt auch "Hold Me in Your
Arms". Eine klassische Power-Ballade, deren sehr gelungene Bridge gehörig
Spannung aufbaut, die der langatmige Refrain aber leider nicht halten kann.
Drohend
rollende Kriegstrommeln ertönen, darüber erklingt rezitativer Gesang, dazu
jubelnde Massen und eine „Priest“-Gitarre. "Wanna Be God" verbreitet
eine athmosphärische Mischung aus Indianerlager und Circus Maximus. Gelungener
Aufwecker.
"Straight
Out of Hell" wartet auf mit einem Kreissägen-Gitarrenriff, einer
erhebenden Bridge, die in einen prächtigen Mitgrölrefrain mündet und einem
weiteren hemmungslosen Gitarrensolo. Das ist Speed-Metal, wie er sein soll –
ein würdiger Titeltrack.
Ein
gewaltiges Riff, ein brutaler Chorus: "Asshole" ist so heavy, es kann
sich hier nur um einen Elefanten-Anus handeln.
Mit "Years" zeigt
Andi Deris, dass er sogar mit sich selbst im Kanon singen kann. Der Refrain hat
schon fast etwas schlagergaftes, gleitet dank kompositorischer Ecken und Kanten
aber nicht ins Kitschige ab.
Bei "Make Fire Catch the
Fly" treten Helloween wieder das Gaspedal durch, der bedrohliche Refrain
tut ein Übriges.
Glockengeläut, Kirchengesang nebst
Orgel, "Church Breaks Down" läutet das letzte Stündlein ein. Zum
Abschluss gibt es nocheinmal das volle Brett, aufgelockert durch eine
instrumentell fein verwobene Bridge und ein überrschendes Break.
Fazit:
Auf dem „7 Sinners“-Nachfolger blicken die Kürbisköpfe trotz der
erwähnten Weltuntergangsängste weit verschmitzter aus den kerzenerhellten
Schlitzaugen als zuletzt. Nach einer vollen Stunde nahezu ununterbrochenen
Speed-Metal-Bombardements fühlt sich der Hörer dennoch fast erschlagen.
Helloween halten das Tempo dauerhaft hoch, sorgen aber mit vielen liebevoll
ausgearbeiteten Details für Spannung. Besonders auffällig: die durchweg
virtuose Gitarren- und Schlagzeugarbeit. Insgesamt vielleicht kein Über-Album,
aber für eine so routinierte Band überraschend frisch und Abwechslungsreich.
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