Eine überkommene Figur wider die Erwartungen zu besetzen, kann einer Geschichte einen neuen interessanten Dreh geben. So geschehen, als Samuel Jackson 2008 plötzlich als Zigarrenkauender (von Haus aus weißer) S.H.I.E.L.D-Agent Colonel Fury in Iron Man auftauchte. Noch besser, man stellt gleich die gesamte Geschichte auf den Kopf, indem man wie in „Ingleourious Basterds“ die angestammten Opfer zu Killern macht. In seinem neuen Film „Django Unchained“ versucht Tarantino nun den doppelten Rittberger, indem er den stahläugigen Franco Nero durch Jamie Foxx ersetzt und als Ex-Sklave im Prae-Bürgerkriegs-Süden scharenweise Sklavenhalter ins Jenseits befördern lässt – und fällt auf die Nase.
Denn die Charade zwischen Italo-Western und Blaxploitation-Movie ist eine lustige Idee, von denen Tarantino wie immer mehr als genug hat, so dass man den Abend durchaus auch mit munterem Zitate-Raten verbringen kann.
Allerdings fehlen Tarantinos Django ein paar sehr entscheidende Zutaten, die einen gelungenen Spaghetti-Western auszeichnen: Der Held verfügt über keinerlei mystifizierende oder auch nur absonderliche Attribute. Weder reist er auf einer vom Pferd gezogenen Bahre, noch einem Karren voller Zwiebeln. Einen Sarg mit einem Maxime-Maschinengewehr darinnen zieht er schon garnicht hinter sich her – nichteinmal Mundharmonika spielt er.
Mit seinem Gegenspieler verhält es sich ähnlich: Calvin Candie (Leonardo DiCaprio) wohnt weder im Eisenbahnwagen, noch auf einem Kanonenboot, sondern einer gewöhnlichen Baumwollplantage – wenigstens frönt er dort einem ungewöhnlichen Hobby, indem er seine Sklaven in Kämpfen auf Leben und Tod gegeneinander antreten lässt.
Die Shootouts sind erwartungsgemäß blutig, aber im Vergleich zu den furiosen Kamfszenen in Kill Bill, wenig elegant und recht einfallslos. Zudem hätte man sich von einem Cinephilen wie Tarantino die Inszenierung wenigstens eines großes Duells, im Stile eines klassischen Showdowns der Kategorie “Zwei glorreiche Halunken“, gewünscht.
Dass Tarantinos Django über weite Strecken trotzdem Spaß macht, verdankt er vor allem Christoph Waltz: Der spielt den Deutschen Dr. King Schultz, der von Zahnarzt auf Kopfgeldjäger umgesattelt hat. Schultz, ein Hybrid aus Hans Landa und geschwätzigem Colonel Mortimer, befreit Django zunächst aus der Sklaverei, da nur er die von ihm verfolgten Brittle-Brothers identifizieren kann, und nimmt ihn schließlich unter seine Fittiche.
Schultz hat im Film nicht nur die Rolle des Mentors sondern auch die des Stichwortgebers inne. So bringt der spitzzüngige, scharfschießende Ex-Arzt nicht nur Dumas, Voltaire, die deutsche Aufklärung sowie das Niebelungenlied ins Spiel, er sprengt en passent auch eine ganze Ortsgruppe des Ku-Klux-Klan in die Luft.
Leider scheitert der Ex-Videothekar Tarantino daran, aus diesem Haufen brillanter Einfälle ein stimmiges Ganzes zu machen. Vielleicht hätte er einfach mehr Bohnen essen sollen. Anschauen kann man sich „Django Unchained“ natürlich trotzdem. Auch ein etwas hüftlahmer Tarantino hat noch immer mehr Tempo als das Gros seiner Kollegen.
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