Samstag, 26. April 2014

Abstieg mit Stil - Prong

Der Meister der Quietschgitarre: Tommy Victor Foto:Prongmusic

Der Abstieg sticht ins Auge, wie der ikonische Dreizack im Bandlogo: Vor 20 Jahren waren Prong noch eine der Hauptgruppen beim legendären Dynamo Open Air – für die Nachgeborenen: das war das Wacken der 80er und 90er Jahre –, an diesem Sonntagabend, 6. April, haben sich gerade mal 300 Leutchen ins Substage verirrt, um den Industrial und Groove Metal-Pionieren die Ehre zu erweisen. Vormann Tommy Victor lässt sich davon nicht verdrießen. Ebenso wenig von seinem Gitarrensound, der dank der rigiden  Lautstärkerestriktionen im Club lediglich die Durchschlagskraft einer an einem Butterbrotpapier schnüffelnden Mäuseschnauze entwickelt.
Das ist ein echtes Ärgernis, denn die Hymnen der metallischen Arbeiterbewegung, die Prong mit einer wegweisenden Alben Trilogie ("Beg to differ", "Prove you wrong" und "Cleansing") zwischen 1990 und 94 etablieren halfen, entfalten üblicherweise die Wucht  einer hydraulischen Schwenkarmstanze – aber das eben nur bei maximaler Membran-Vibration. Und nein, liebe Gutmenschen und Ohrschützer, Power ist keine Frage des Mixes. Schließlich käme doch auch niemand auf die Idee, einen Schaufelradbagger mit einem Mofa-Motor antreiben zu wollen. Obwohl, angesichts der Tatsache, dass heute unhinterfragt tausende Windräder in einer windarmen Niederung wie dem Rheintal errichtet werden, ist auch das vermutlich nicht ausgeschlossen.
Von diesen Widrigkeiten abgesehen, verrichten Victor, Meister der Überton-Quietschgitarre,  und seine zwei Zuarbeiter an Bass und Schlagzeug ihr präzis ausgefeiltes Zerstörungswerk mit der zu Gebote stehenden Heftigkeit und dem Charme eines mattschwarzen, fleischfressenden Plymouth Fury: Klassiker wie „Broken Peace“, „Whose fist is this anyway“ oder „Beg to differ“ lassen die vorderen Reihen dabei genau so steil gehen wie neuere Nackenzwirbler  der Marke „Power oft he damager“ und „Carved into stone“. Beim Über-Hit “Snap your fingers, snap your neck“ gibt es natürlich sowieso kein Halten mehr. Einer der älteren Semester hüpft sogar mit Pulsuhr (!), wohl damit der Blutdruck nicht durch die Decke geht.
Zugegeben, als Leitfigur für die bis ins letzte durchgestylte Hardcore-Jugend taugt Tommy Victor mit seinem fusseligen Ziegenbart und verblassenden Tattoos leicht bekleideter Damen sicher nicht mehr. Eine Nostalgienummer sind Prong deshalb noch lange nicht. Und das wird auch so bleiben, denn bis auf weiteres ist Victor offensichtlich in der Lage, die jüngere Konkurrenz zwischen zwei seiner Schwerindustrie-Riffs zu zerquetschen – mit einem Fingerschnippen.

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