Leuchtendes Charisma: SGATS-Frontmann Emling. Foto: Promo |
Für einige Zeit war es nahezu grabesstill geworden um eine
der einst vielversprechendsten Bands Süddeutschlands: Shy Guy At The Show (SGATS). Doch am Freitag,
9. Januar, meldeten sich die fast schon
totgeglaubten Gruft-Rocker mit einer machtvollen Performanz im Karlsruher
Musikklub Jubez effektvoll zurück. Eine tolle Live-Band war das Quintett schonimmer. Aber so kraftstrotzend, ja ungestüm, hat man die Karlsruher Dark-Rock-Poeten
schon lange nicht mehr gesehen.
Zwar haben vielfach erprobte Friedhofs-Smasher wie „Ghosts“,
„Careful“ oder „Paris In Flames“ noch selten ihre Wirkung verfehlt. Aber dass
dieser Abend ein besonderer werden würde, lag schon nach wenigen Augenblicken
in der von den bestimmt dreihundert Besuchern aufgeheizten Saal-Luft. Aufgekratzt
wie ein lebendig Begrabener, der nach drei Tagen vergessen in der Krypta, seine
verstaubten Lungen endlich wieder mit frischer Luft füllen kann, gebärdete sich
vor allen anderen Sänger Sebastian Emling. Sich zum Klang der eigenen
Grabesstimme drehend und windend wie einer Darstellung des Danse Macabre in der
Schedel’schen Weltchronik entsprungen, riss er die von den beiden
Vorgruppen Runway Lights (Rock) und Run
Insane (Alternative Rock) schon stark geforderten Zuhörer aus der einsetzenden
Lethargie. Dem irgendwie altmodischen und doch zeitgemäßen No-Wave-Sound, in
dem Depeche Mode, Sisters of Mercy oder Joy Division genauso widerscheinen wie
Kraftwerk oder Camouflage, konnte sich auf dauer niemand im heute altersmäßig
auffallend durchmischten Publikum entziehen.
Doch nicht nur Frontmann Emling schien das Blut mit
außergewöhnlicher Kraft durch die blauen
Venen unter der tätowierten blassen Haut zu pulsieren. Mit schon fast obszöner Zügellosigkeit drang Keyboarder Jonas Schira auf sein
Instrument ein. Mal ließ Schira die Synthies mantschen und schmatzen, mal
flirren und sirren wie heiße Luft über schwarzem Basalt, mal die Orgel wie
einen gequälten Kettenhund heulen und jaulen. Und fügte so dem düsteren
SGATS-Klang Huxleys Pforten der Wahrnehmung aufstoßend eine fantastisch
psychedelische Note hinzu. Einen
gehörigen Schuss neuen Lebenssaft injizierte SGATS augenscheinlich Neu-Bassist Felix
Bondarenko. Obwohl der Tieftöner erst seinen zweiten Auftritt mit der Band
absolvierte, harmonierte er schon trefflich mit den fiebrigen Beats von
Schlagzeuger Sebastian Hellmann und David Emlings lakonischem Gitarrenspiel.
Obwohl SGATS wegen der strengen Lärmschutzbestimmungen im
Jubez schon nach einer dreiviertel Stunde von der Bühne gescheucht wurden – die
anderen Bands hatten ihre Spielzeit allzu großzügig ausgenutzt – blieben
angesichts der überbordenden Bühnenaction am Schluss keine Wünsche offen. Die
Band hat angekündigt, noch in diesem Jahr mit den Aufnahmen für den Nachfolger ihres letzten selbstbetitelten Albums zu beginnen.
Sofern es SGATS gelingt, ihren Live-Elan mit ins Studio zu nehmen, ist das eine absolut gute Nachricht!
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