Eingestimmt wird das Publikum mit flippigem Hardcore-Punk von Cloak/Dagger aus Rich-mond, Virginia – überzeugend vor allem Col-lin Barth an der Gitarre mit virtuosem X-Fuß-Posing. GPE beginnen dann eher dezent. Das Cello säuselt lieblich verzerrt vor sich hin, bis das Schlagzeug, zunächst vor sich hinklimpernd, schließlich die erste Brachial-Attacke einläutet. So geht es im dynamischen Wechsel munter fort. Dass GPE trotz minimalistischer Besetzung dabei gänzlich auf elektronische Stützen wie Sampler oder Laptop verzichten, ist bemer-kenswert und verlangt sicherlich die Ver-wendung von einigem Gehirnschmalz auf die musikalische Umsetzung. Ist man allerdings nicht in bierseeliger Tanzlaune, sind GPE zum Zuhören auf Dauer wieder Erwarten dann doch ein wenig eintönig. Schlagzeuger Scheng ist nun mal kein Marco Minnemann sondern ein etwas vielseitigerer Punkro-cker. Sein Beatspektrum bewegt sich zwi-schen Rammstein-Stampf und Highspeed-Polka. Der Cellosound wabert meist irgendwo zwi-schen sphärischem Gedröhn und orientalisch anmutenden Patchouli-Melodien - dass man mit etwas mehr Virtuosität und leicht er-weiterter Besetzung noch einiges mehr aus dem Genre rausholen kann, zeigen zum Bei-spiel E3 aus Spanien. Doch um musikalische Finesse geht es GPE ja auch gar nicht. Par-ty lautet das Motto und da lag man mit dem Einsatz der Zutaten Stampf und Patchouli ja noch nie ganz falsch: ersteres gefällt Alt-punks, Discogängern und Maschinenbau Stu-denten gleichermaßen, letzteres stellt die mitgebrachten Freundinnen ruhig und lässt alternde Hippie-Mädchen mit Sternen in den Augen einmal mehr dem Bauchtanz frönen. So kann man sich treiben lassen wie auf einer Techno Party, Pogen, wie auf einem Punk-Konzert oder sogar in Helikopter-Manier die Haarmatte kreisen lassen . Begeisterung auf ganzer Linie also? In bierseeliger Tanzlaune, ja.
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Mittwoch, 16. September 2009
Guts Pie Earshot im Jubez
Eines steht fest: Guts Pie Earshot sind nicht unoriginell: Die im Laufe der Jahre auf Duo-Größe geschrumpfte vormalige Punk-band aus Berlin und Münster spielt – ein Exempel für den mitunter bereichernden Ef-fekt personeller Reduzierung - „Punk ohne Gitarre“, „Techno ohne Sequencer“ und „Drum ’n’ Bass ohne Bass“. Letzteres trifft den Nagel so ziemlich auf den Kopf, denn Rizio spielt tatsächlich keinen Bass, sondern e-ben Cello. Konzeptionell klingt das recht überzeugend, entsprechend gut besucht für einen Dienstagabend ist das Jubez.
Eingestimmt wird das Publikum mit flippigem Hardcore-Punk von Cloak/Dagger aus Rich-mond, Virginia – überzeugend vor allem Col-lin Barth an der Gitarre mit virtuosem X-Fuß-Posing. GPE beginnen dann eher dezent. Das Cello säuselt lieblich verzerrt vor sich hin, bis das Schlagzeug, zunächst vor sich hinklimpernd, schließlich die erste Brachial-Attacke einläutet. So geht es im dynamischen Wechsel munter fort. Dass GPE trotz minimalistischer Besetzung dabei gänzlich auf elektronische Stützen wie Sampler oder Laptop verzichten, ist bemer-kenswert und verlangt sicherlich die Ver-wendung von einigem Gehirnschmalz auf die musikalische Umsetzung. Ist man allerdings nicht in bierseeliger Tanzlaune, sind GPE zum Zuhören auf Dauer wieder Erwarten dann doch ein wenig eintönig. Schlagzeuger Scheng ist nun mal kein Marco Minnemann sondern ein etwas vielseitigerer Punkro-cker. Sein Beatspektrum bewegt sich zwi-schen Rammstein-Stampf und Highspeed-Polka. Der Cellosound wabert meist irgendwo zwi-schen sphärischem Gedröhn und orientalisch anmutenden Patchouli-Melodien - dass man mit etwas mehr Virtuosität und leicht er-weiterter Besetzung noch einiges mehr aus dem Genre rausholen kann, zeigen zum Bei-spiel E3 aus Spanien. Doch um musikalische Finesse geht es GPE ja auch gar nicht. Par-ty lautet das Motto und da lag man mit dem Einsatz der Zutaten Stampf und Patchouli ja noch nie ganz falsch: ersteres gefällt Alt-punks, Discogängern und Maschinenbau Stu-denten gleichermaßen, letzteres stellt die mitgebrachten Freundinnen ruhig und lässt alternde Hippie-Mädchen mit Sternen in den Augen einmal mehr dem Bauchtanz frönen. So kann man sich treiben lassen wie auf einer Techno Party, Pogen, wie auf einem Punk-Konzert oder sogar in Helikopter-Manier die Haarmatte kreisen lassen . Begeisterung auf ganzer Linie also? In bierseeliger Tanzlaune, ja.
Eingestimmt wird das Publikum mit flippigem Hardcore-Punk von Cloak/Dagger aus Rich-mond, Virginia – überzeugend vor allem Col-lin Barth an der Gitarre mit virtuosem X-Fuß-Posing. GPE beginnen dann eher dezent. Das Cello säuselt lieblich verzerrt vor sich hin, bis das Schlagzeug, zunächst vor sich hinklimpernd, schließlich die erste Brachial-Attacke einläutet. So geht es im dynamischen Wechsel munter fort. Dass GPE trotz minimalistischer Besetzung dabei gänzlich auf elektronische Stützen wie Sampler oder Laptop verzichten, ist bemer-kenswert und verlangt sicherlich die Ver-wendung von einigem Gehirnschmalz auf die musikalische Umsetzung. Ist man allerdings nicht in bierseeliger Tanzlaune, sind GPE zum Zuhören auf Dauer wieder Erwarten dann doch ein wenig eintönig. Schlagzeuger Scheng ist nun mal kein Marco Minnemann sondern ein etwas vielseitigerer Punkro-cker. Sein Beatspektrum bewegt sich zwi-schen Rammstein-Stampf und Highspeed-Polka. Der Cellosound wabert meist irgendwo zwi-schen sphärischem Gedröhn und orientalisch anmutenden Patchouli-Melodien - dass man mit etwas mehr Virtuosität und leicht er-weiterter Besetzung noch einiges mehr aus dem Genre rausholen kann, zeigen zum Bei-spiel E3 aus Spanien. Doch um musikalische Finesse geht es GPE ja auch gar nicht. Par-ty lautet das Motto und da lag man mit dem Einsatz der Zutaten Stampf und Patchouli ja noch nie ganz falsch: ersteres gefällt Alt-punks, Discogängern und Maschinenbau Stu-denten gleichermaßen, letzteres stellt die mitgebrachten Freundinnen ruhig und lässt alternde Hippie-Mädchen mit Sternen in den Augen einmal mehr dem Bauchtanz frönen. So kann man sich treiben lassen wie auf einer Techno Party, Pogen, wie auf einem Punk-Konzert oder sogar in Helikopter-Manier die Haarmatte kreisen lassen . Begeisterung auf ganzer Linie also? In bierseeliger Tanzlaune, ja.
Freitag, 7. August 2009
I know, it´s only Gore-Metal-Boogie-Bluegrass-Techno-Death-Jive-Gospel-Waltz-Fast-Bossa (But I Like It)
Brutal Polka, 6.8., Karlsruhe, Die Stadtmitte. Was haben ein schwuler Polizist, ein Hot-Dog, ein Ledermaskenmann, die Imperialen Sturmtruppen und Fred Feuerstein gemeinsam? Natürlich nichts, trotzdem spielen sie gemeinsam Brutal Polka. Die gleichnamige Band, deren Lineup so fetischistisch vielfältig kostümiert wie multikulturell zusammengesetzt ist - die Mitglieder leben in den USA, Israel und Speyer – bezeichnet sich selbst als eine "in der israelischen Punkrock-Szene verwurzelte Gore-Metal-Boogie-Bluegrass-Techno-Death-Jive-Gospel-Waltz-Fast-Bossa-Band, deren Anfänge in einem anonymen Proberaum, auf einem nicht näher genannten Schulgelände, einer gänzlich unbekannten Stadt in einem namenlosen Staat liegen, die antrat eine bedeutende gefeierte sehr berühmte Pop-Gruppe zu werden und die mit ihrem schwach besuchten Konzert im örtlichen Underground-Club ihren Karrierehöhepunkt erreicht, wie jede andere auch."
Dem wäre an sich Nichts hinzuzufügen, denn Brutal Polka hätten ihren Stil nicht präziser beschreiben können - auch wenn der Gospel-Einfluss nicht überschätzt werden sollte – und die zahlende Kundschaft am Donnerstag im Club Die Stadtmitte beschränkte sich auf magere 35 Personen, aber der Unterhaltungswert war doch beträchtlich und rechtfertigt somit die Überlieferung des Ereignisses. Nicht unerwähnt bleiben sollen auch Dropkid aus Stuttgart, die mit melodischen Hardcore vor drei Leuten alles gaben. Dann geht´s los mit Brutal Polka und für deren Show gibt es nur ein Adjektiv: Durchgeknallt. Kramer E. Frog (schwuler Polizist), zuständig für Gesang und Keyboards, sieht aus wie er heißt, bewegt sich wie er heißt und singt wie er heißt. Außerdem steht nach dem dritten Song in der Unterhose da. Darüber hinaus hält er Avocados für Teufelswerk und wird von seiner Mutter auf Tour geschickt, damit er we-nigstens etwas Bewegung bekommt. IZ, der Klonkrieger Gitarrist, hält sich meist pogend im Publikum auf, es sei denn er hat gerade ins Mikrophon zu kreischen. Sein steinzeitlicher Widerpart, Double Boy, steht aufgrund seiner beträchtlichen Körpermasse meist dem Bass spie-lenden Hot Dog im Weg – die halbe Band ist obendrein blind wie die Grottenolme, weigert sich aber aus Imagegründen auf der Bühne Brille zu tragen –, das trotzdem „einfach nur begeistert“ ist. Latexmann Georgius Ceasar an den Drums ist einfach nur er selbst.
An der Musik hätten Frank Zappa und Captain Beefheart genauso ihre Freude gehabt wie Mike Patton oder die Toy Dolls. Und wer Alben wie A Tribute to Mainstream und Politics Shmolitics mit Songs wie „Let's Send The Ku Klux Klan Into The Fire Pitts In The Depths Of Hell“, „When Did Fat Mike Become A Hippie?“ oder "Micropenis“ aufnimmt, der hat ohne jeden Zweifel noch eine große Zukunft vor sich.
Auch in Sachen Konzertdramaturgie gehen Brutal Polka ganz neue Wege: Der letze Song heißt „Fuck The World“. Georgius Ceasar lässt ihn mit einem fünfminütigen „Drumsolo“ ausklingen, indem er den einen pfeilschnellen Beat bis zur völligen Rammdösigkeit immer weiterspielt. Für das Publikum eine Geduldsübung. Dann kommt die Band zurück und tanzt (!) mit allen im Saal Polka. Schließlich kippt Georgius Ceasar vom Hocker. Trotzdem gibt es eine Zugabe. Sie heißt „Love Me“. Abgang Band, Abgang Caesar: Man sieht, er trägt Gummihosen und schwere Kampfstiefel. I know, it´s only Gore-Metal-Boogie-Bluegrass-Techno-Death-Jive-Gospel-Waltz-Fast-Bossa (But I Like It).
Dem wäre an sich Nichts hinzuzufügen, denn Brutal Polka hätten ihren Stil nicht präziser beschreiben können - auch wenn der Gospel-Einfluss nicht überschätzt werden sollte – und die zahlende Kundschaft am Donnerstag im Club Die Stadtmitte beschränkte sich auf magere 35 Personen, aber der Unterhaltungswert war doch beträchtlich und rechtfertigt somit die Überlieferung des Ereignisses. Nicht unerwähnt bleiben sollen auch Dropkid aus Stuttgart, die mit melodischen Hardcore vor drei Leuten alles gaben. Dann geht´s los mit Brutal Polka und für deren Show gibt es nur ein Adjektiv: Durchgeknallt. Kramer E. Frog (schwuler Polizist), zuständig für Gesang und Keyboards, sieht aus wie er heißt, bewegt sich wie er heißt und singt wie er heißt. Außerdem steht nach dem dritten Song in der Unterhose da. Darüber hinaus hält er Avocados für Teufelswerk und wird von seiner Mutter auf Tour geschickt, damit er we-nigstens etwas Bewegung bekommt. IZ, der Klonkrieger Gitarrist, hält sich meist pogend im Publikum auf, es sei denn er hat gerade ins Mikrophon zu kreischen. Sein steinzeitlicher Widerpart, Double Boy, steht aufgrund seiner beträchtlichen Körpermasse meist dem Bass spie-lenden Hot Dog im Weg – die halbe Band ist obendrein blind wie die Grottenolme, weigert sich aber aus Imagegründen auf der Bühne Brille zu tragen –, das trotzdem „einfach nur begeistert“ ist. Latexmann Georgius Ceasar an den Drums ist einfach nur er selbst.
An der Musik hätten Frank Zappa und Captain Beefheart genauso ihre Freude gehabt wie Mike Patton oder die Toy Dolls. Und wer Alben wie A Tribute to Mainstream und Politics Shmolitics mit Songs wie „Let's Send The Ku Klux Klan Into The Fire Pitts In The Depths Of Hell“, „When Did Fat Mike Become A Hippie?“ oder "Micropenis“ aufnimmt, der hat ohne jeden Zweifel noch eine große Zukunft vor sich.
Auch in Sachen Konzertdramaturgie gehen Brutal Polka ganz neue Wege: Der letze Song heißt „Fuck The World“. Georgius Ceasar lässt ihn mit einem fünfminütigen „Drumsolo“ ausklingen, indem er den einen pfeilschnellen Beat bis zur völligen Rammdösigkeit immer weiterspielt. Für das Publikum eine Geduldsübung. Dann kommt die Band zurück und tanzt (!) mit allen im Saal Polka. Schließlich kippt Georgius Ceasar vom Hocker. Trotzdem gibt es eine Zugabe. Sie heißt „Love Me“. Abgang Band, Abgang Caesar: Man sieht, er trägt Gummihosen und schwere Kampfstiefel. I know, it´s only Gore-Metal-Boogie-Bluegrass-Techno-Death-Jive-Gospel-Waltz-Fast-Bossa (But I Like It).
Samstag, 1. August 2009
The Whip
Whip/Marcel Gein, So, 19.5., Jubez, Karlsruhe
Abseits seiner Hauptband Timesbold widmet sich, Sänger und Gitarrist Jason Merritt, alias Whip, dem Spannungsfeld zwischen Singer/Songwriter-Musik, Folk und Country. Am Sonntag ließ Merritt im Jubez am Kronenplatz weniger die Polit-Peitschen knallen (Im angelsächsischen Raum bezeichnet man den Parlamentarischen Geschäftsführer oder „Einpeitscher“ einer Fraktion, der für ein einheitliches Abstimmungsverhalten der Fraktionsmitglieder sorgen soll, als Whip) als Bäche von Tränen fließen. Das Vorprogramm bestritt Marcel Gein, Leadsänger der letztjährigen „New.Bands.Festival“-Siegerband Perry O’Parson. Solo gab sich der Windener weniger als Power-Folk-Maniac, denn als Generationengrenzen überwin-dender - allerdings mit etwas sperrigem Songmaterial ausgestatteter - Pontifex zwi-schen Donovan und Adam Green.
Nach längerer Umbaupause, welche der Hauptattraktion des Abends hauptsächlich dazu diente vor dem Club ein halbes dutzend Selbstgedrehter zu konsumieren, be-quemt sich Merritt im arbeiterbewegten Folkie-Revoluzzer-Look mit Schwarzer Filzja-cke, braunen Hosen und grobem Schuhwerk, schließlich doch noch zu seinem Ar-beitsplatz, um sogleich ein Klagelied an eine verflossene Liebe anzustimmen, schön. Doch wo Merritts melancholischer Pathos bei seiner Hauptband Timesbold in den multiinstrumentellen Klanglandschaften seiner Mitspieler ein Gegengewicht erhält, trifft dieser den Hörer bei seinen Solokonzerten mit voller weinerlicher Wucht. Auf Dauer ist das etwas Mühsam. Merritt scheint das auch selbst zu ahnen und orchest-riert seine Lieder mit allerlei Samples und Effekten, singt in zwei Micros, eines ohne Hall und eines mit sehr viel davon. „Ich mag die Geschichten“, so hat der große Ray Charles einmal seine Liebe zur Country-Musik begründet, aber richtige Geschichten gibt es bei Merritt eigentlich kaum, dafür viel Hall und Rauch und Beben in der Stim-me, die Knöchel affektiert leidend nach innen gekrümmt. So etwas wie Country- oder Folk-Gemütlichkeit kommt zu keiner Zeit auf und schlimm wäre das nicht weiter - denn so was gab es bei Johnny Cash oder Nick Drake auch nicht – erschöpfte sich Merritts Poesie nicht in Betroffenheitslyrik. Doch wo Drake mit tiefgründigen Texten wahrhaft berührte, und Cash wie kein Zweiter in wenige Worte ganze Tragödien klei-den konnte, klischiert der Timesbold-Kopf im Künstlerhut mit irgendwie gesucht wir-kenden, teils Bizarren, Gefühls-Symphonien für vierzigjährige Esoterikinteressierte, den süß-schweren Duft später Blüten im Herbst und vertrockneter Rosen inklusive. Dann doch lieber eine gute Geschichte.
Abseits seiner Hauptband Timesbold widmet sich, Sänger und Gitarrist Jason Merritt, alias Whip, dem Spannungsfeld zwischen Singer/Songwriter-Musik, Folk und Country. Am Sonntag ließ Merritt im Jubez am Kronenplatz weniger die Polit-Peitschen knallen (Im angelsächsischen Raum bezeichnet man den Parlamentarischen Geschäftsführer oder „Einpeitscher“ einer Fraktion, der für ein einheitliches Abstimmungsverhalten der Fraktionsmitglieder sorgen soll, als Whip) als Bäche von Tränen fließen. Das Vorprogramm bestritt Marcel Gein, Leadsänger der letztjährigen „New.Bands.Festival“-Siegerband Perry O’Parson. Solo gab sich der Windener weniger als Power-Folk-Maniac, denn als Generationengrenzen überwin-dender - allerdings mit etwas sperrigem Songmaterial ausgestatteter - Pontifex zwi-schen Donovan und Adam Green.
Nach längerer Umbaupause, welche der Hauptattraktion des Abends hauptsächlich dazu diente vor dem Club ein halbes dutzend Selbstgedrehter zu konsumieren, be-quemt sich Merritt im arbeiterbewegten Folkie-Revoluzzer-Look mit Schwarzer Filzja-cke, braunen Hosen und grobem Schuhwerk, schließlich doch noch zu seinem Ar-beitsplatz, um sogleich ein Klagelied an eine verflossene Liebe anzustimmen, schön. Doch wo Merritts melancholischer Pathos bei seiner Hauptband Timesbold in den multiinstrumentellen Klanglandschaften seiner Mitspieler ein Gegengewicht erhält, trifft dieser den Hörer bei seinen Solokonzerten mit voller weinerlicher Wucht. Auf Dauer ist das etwas Mühsam. Merritt scheint das auch selbst zu ahnen und orchest-riert seine Lieder mit allerlei Samples und Effekten, singt in zwei Micros, eines ohne Hall und eines mit sehr viel davon. „Ich mag die Geschichten“, so hat der große Ray Charles einmal seine Liebe zur Country-Musik begründet, aber richtige Geschichten gibt es bei Merritt eigentlich kaum, dafür viel Hall und Rauch und Beben in der Stim-me, die Knöchel affektiert leidend nach innen gekrümmt. So etwas wie Country- oder Folk-Gemütlichkeit kommt zu keiner Zeit auf und schlimm wäre das nicht weiter - denn so was gab es bei Johnny Cash oder Nick Drake auch nicht – erschöpfte sich Merritts Poesie nicht in Betroffenheitslyrik. Doch wo Drake mit tiefgründigen Texten wahrhaft berührte, und Cash wie kein Zweiter in wenige Worte ganze Tragödien klei-den konnte, klischiert der Timesbold-Kopf im Künstlerhut mit irgendwie gesucht wir-kenden, teils Bizarren, Gefühls-Symphonien für vierzigjährige Esoterikinteressierte, den süß-schweren Duft später Blüten im Herbst und vertrockneter Rosen inklusive. Dann doch lieber eine gute Geschichte.
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