Brutal Polka, 6.8., Karlsruhe, Die Stadtmitte. Was haben ein schwuler Polizist, ein Hot-Dog, ein Ledermaskenmann, die Imperialen Sturmtruppen und Fred Feuerstein gemeinsam? Natürlich nichts, trotzdem spielen sie gemeinsam Brutal Polka. Die gleichnamige Band, deren Lineup so fetischistisch vielfältig kostümiert wie multikulturell zusammengesetzt ist - die Mitglieder leben in den USA, Israel und Speyer – bezeichnet sich selbst als eine "in der israelischen Punkrock-Szene verwurzelte Gore-Metal-Boogie-Bluegrass-Techno-Death-Jive-Gospel-Waltz-Fast-Bossa-Band, deren Anfänge in einem anonymen Proberaum, auf einem nicht näher genannten Schulgelände, einer gänzlich unbekannten Stadt in einem namenlosen Staat liegen, die antrat eine bedeutende gefeierte sehr berühmte Pop-Gruppe zu werden und die mit ihrem schwach besuchten Konzert im örtlichen Underground-Club ihren Karrierehöhepunkt erreicht, wie jede andere auch."
Dem wäre an sich Nichts hinzuzufügen, denn Brutal Polka hätten ihren Stil nicht präziser beschreiben können - auch wenn der Gospel-Einfluss nicht überschätzt werden sollte – und die zahlende Kundschaft am Donnerstag im Club Die Stadtmitte beschränkte sich auf magere 35 Personen, aber der Unterhaltungswert war doch beträchtlich und rechtfertigt somit die Überlieferung des Ereignisses. Nicht unerwähnt bleiben sollen auch Dropkid aus Stuttgart, die mit melodischen Hardcore vor drei Leuten alles gaben. Dann geht´s los mit Brutal Polka und für deren Show gibt es nur ein Adjektiv: Durchgeknallt. Kramer E. Frog (schwuler Polizist), zuständig für Gesang und Keyboards, sieht aus wie er heißt, bewegt sich wie er heißt und singt wie er heißt. Außerdem steht nach dem dritten Song in der Unterhose da. Darüber hinaus hält er Avocados für Teufelswerk und wird von seiner Mutter auf Tour geschickt, damit er we-nigstens etwas Bewegung bekommt. IZ, der Klonkrieger Gitarrist, hält sich meist pogend im Publikum auf, es sei denn er hat gerade ins Mikrophon zu kreischen. Sein steinzeitlicher Widerpart, Double Boy, steht aufgrund seiner beträchtlichen Körpermasse meist dem Bass spie-lenden Hot Dog im Weg – die halbe Band ist obendrein blind wie die Grottenolme, weigert sich aber aus Imagegründen auf der Bühne Brille zu tragen –, das trotzdem „einfach nur begeistert“ ist. Latexmann Georgius Ceasar an den Drums ist einfach nur er selbst.
An der Musik hätten Frank Zappa und Captain Beefheart genauso ihre Freude gehabt wie Mike Patton oder die Toy Dolls. Und wer Alben wie A Tribute to Mainstream und Politics Shmolitics mit Songs wie „Let's Send The Ku Klux Klan Into The Fire Pitts In The Depths Of Hell“, „When Did Fat Mike Become A Hippie?“ oder "Micropenis“ aufnimmt, der hat ohne jeden Zweifel noch eine große Zukunft vor sich.
Auch in Sachen Konzertdramaturgie gehen Brutal Polka ganz neue Wege: Der letze Song heißt „Fuck The World“. Georgius Ceasar lässt ihn mit einem fünfminütigen „Drumsolo“ ausklingen, indem er den einen pfeilschnellen Beat bis zur völligen Rammdösigkeit immer weiterspielt. Für das Publikum eine Geduldsübung. Dann kommt die Band zurück und tanzt (!) mit allen im Saal Polka. Schließlich kippt Georgius Ceasar vom Hocker. Trotzdem gibt es eine Zugabe. Sie heißt „Love Me“. Abgang Band, Abgang Caesar: Man sieht, er trägt Gummihosen und schwere Kampfstiefel. I know, it´s only Gore-Metal-Boogie-Bluegrass-Techno-Death-Jive-Gospel-Waltz-Fast-Bossa (But I Like It).
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