Mittwoch, 21. Oktober 2009

Shy Guy At The Show, Das Haus, Landau

Es sind nur noch wenige Minuten bis zum Auftritt von Shy Guy At Th Show (SGATS) im Club „Das Haus“ in Landau. Sänger Sebastian Emling schenkt sich ein Glas schweren Rotweins ein. Das gehört vor jeder Show zum Ritual. Fast ölig schwappt der alte Barolo in dem dickbäuchigen Gefäß hin und her, die Hände des sonst so souveränen großen Mannes zittern. Bühnenangst? Kalter Drogenentzug? Kalt, ja, kalt ist das Stichwort: Bei annähernden Minusgraden im „Backstageraum“ des Spielorts, bestehend aus einem offenen Party-Pavillion im Hof, kann man schon mal ins Bibbern kommen, ohne gleich in den Verdacht zu geraten, alle landläufig bekannten Rock n´ Roll-Klischees über zu erfüllen.
Öffnet man die mit einer Matratze verbarrikadierte Tür zum Konzertsaal, wogt einem tropische Hitze entgegen. The Serpentines, extra aus dem fernen Stuttgart angereist, sorgen mit ihrem leicht fisseligen aber dennoch famosen Post-Punk für rote Gesichter beim von Bewegungsdrang erfüllten Publikum. Man wünschte nur, Frontmann Tobias Adam entlockte seinem enormen Gitarren-Effekt-Board mitunter auch mal ein paar knackig verzerrte Akkorde. Rocken statt apart sein, ist das Gebot der Stunde!
Nach kurzer Verschnauf- und Umbaupause schließlich, ist es Zeit für SGATS: „Ghosts“ heißt der donnernde Opener, „I am haunted (ich bin verdammt)“ singt Emling mit Grabesstimme und mit von Wein und feuchter Schwüle glühenden Wangen. Man glaubt es ihm aufs Wort. Er zuckt, krümmt und windet sich, fast wie die von Dämonen besessene Regan McNeil in William Friedkins Film The Exorcist. Dann wieder gibt er den glücklichen Prinzen Oscar Wildes, der traurig und suchend in die Ferne blickt, auch wenn die nur bis zu den brütenden Scheinwerfern, die in zwei Metern Entfernung an der niedrigen Decke hängen, reicht. Das ist über weite Strecken faszinierend, aber nur selten mitreißend und so sind die Besucher meist eher mit Schauen als Schwofen beschäftigt, obwohl der elektronisch aufgeladene Goth-Rock der scheuen Jungs eigentlich absolut tanzbar ist. Unnahbarkeit beim Künstler kann eben auch zu Reserviertheit beim Zuschauer führen. Selbst der verschlossenste Popexistenziallist sehnt sich doch still und heimlich nach etwas Nestwärme, oder?
Solche boten Mr. Winterbottom, mit ihrem drangvollen bonbonbunten Indie-Poprock, dafür fast schon im Überfluss. Die komödiantisch überladene Darbietung der Landauer stand im denkbar krassesten Gegensatz zur teilweise fast schon ätherischen Performance ihrer Vorgänger. Vielleicht mit ein Grund, warum sich das Publikum aus seiner Schockstarre nicht mehr ganz befreien konnte.(PB)

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