„Loud“ ist das passende Motto für Rihannas Konzertreise. Über die schiere Lautstärke ihrer Produktion hinaus, präsentiert sich die Sängerin von der Urlaubsinsel Barbados am Freitag in der voll besetzten Tui-Arena in Hannover auf einer Bühne, die einem gigantischen Speaker-Kabinett nachempfunden ist.
Die Show beginnt mit einem grellen wie markerschütterndem Video- und Soundgewitter. Vier enorme, wie Lautsprecher-Chassis gestaltete, bewegliche Leinwände senken sich an Drahtseilen hängend auf die Bühne herab. Deren Rückpartie wird beherrscht von vier weiteren gewaltigen, übereinander angeordneten Bildschirmen. Auf sie wird Rihannas Einzug in die Arena übertragen. Der unterste Monitor öffnet sich. Durch den klaffenden Durchlass fährt Rihanna gewandet in ein glitzergrünes Mini-Trenchcoat und rosa Hochfront-Pumps in einer Art Leuchtkugel stehend ein. Dabei schmettert sie lauthals ihren Welthit “Only Girl (In the World)”.
Der Zweitschlag folgt unmittelbar: “Disturbia” einen weiteren Nummer-1-Hit vom 2007er Output „Good Girl Gone Bad“ bietet sie im leuchtfarbenen Zweiteiler dar, flankiert von einem halben Dutzend ebenfalls leuchtfarbener Tänzer.
Damit ist schon das komplette dramaturgische Inventar des Rihanna-Spektakels beschrieben. Begleitet von einer für eine Showlänge von zwei Stunden erstaunlichen Zahl instrumental-solistischer, tänzerischer und filmischer Einlagen ihres Ensembles wird Rihanna auf verschiedensten Bühnenelementen (Autowracks, pinke Geschütztürme, Throne, Käfige) in unterschiedlichen Stadien des unbekleidet Seins vor den Augen der staunenden Gäste immer und immer wieder auf ihren Arbeitsplatz gehievt.
Dazu reicht sie solide Hit-Kost, mal mit Dancefloor-, Reggae- oder R´n´B-Geschmack. Nun ist derlei konsumorientierte Chart-Pop-Event-Gastronomie musikalisch zwar weitgehend spannungsfrei, aber beileibe nicht verdammenswert. Doch kann man sich nur schwer des Eindrucks erwehren, der Star gebe sich mit dem eigenen fehlenden Anspruch musikalischer Innovation selbst nicht zufrieden und suche ihn durch allerlei Image-Kapriolen zu kompensieren.
Am augenfälligsten wird das während des Lackleder-angehauchten Kurzauftritts, während dem sich die selbsternannte "Rebelle" im schwarzen Frack zunächst zu Prince’s “Darling Nikki” mit einigen halbnackten Tänzern in den Stellungskrieg begibt und dann während “S&M” auf einem männlichen Fan Reiterspiele vollführend im Bühnenboden versinkt.
So sehr sie es versucht, dieser Frau gelingt es zu keinem Zeitpunkt den unzüchtigen Charme ähnlich erfolgreicher Pop-Karrieristinnen vom Schlage einer Christina Aguillera oder gar Pink zu entfalten. Wenn Rihanna singt, “Sex in the air, I don't care, I love the smell of it. Sticks and stones may break my bones. But chains and whips excite me", klingt das nicht wollüstig, sondern als wolle sie einem eine Apfelschorle anbieten. Wer hier scharf wird statt durstig wird, sollte einen Sexualtherapeuten aufsuchen.
Samstag, 5. November 2011
Freitag, 4. November 2011
Goodbye Gaddafi - ein Nachruf auf den letzten Rock´n Roller unter den Despoten
Muammar Abu Minyar al-Gaddafi hat den Krieg gegen sein Volk verloren und ist nach 42-jähriger Herrschaft in die ewigen Diktatoren-Jagdgründe eingegangen. Der exzentrische Wüstensohn war der letzte Rock´n Roller unter den Despoten: Sgt.-Pepper-Fantasie-Uniformen, überdimensionierte Sonnenbrillen, weibliche Leibgarde, goldene Pistolen und alles. Als geläuterter Terrorismus-Pate und Öl-Lieferant lange Zeit vom Westen hofiert, zeigte er zuletzt als skrupelloser Schlächter seiner Landsleute wieder sein wahres Gesicht.
Mit seiner Herrschaft endet eine Ära – jene der postkolonialen Despoten, die exotisch wirkten, aber ganze Länder mit der Nilpferd-Peitsche regierten. Nach der Demission des Leoparden-bemützten Kongolesen Mobutu Sese Seko und des chilenischen Generals Augusto Pinochet war der libysche Revolutionsführer der letzte unter den Machthabern von Nordkorea bis Südamerika, der bananen-republikanischen Diktatoren-Esprit versprühte. Um es in Abwandlung eines geflügelten Diplomatenwortes zu sagen: „Er war ein Hurensohn, aber ein unterhaltsamer Hurensohn.“
Am 1. September 1969 putschte sich der junge Oberst gegen König Idris I. in Lybien an die Macht. Sein „Bund Freier Offiziere“ war von den arabisch-sozialistischen und nationalistischen Ideologien des ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser begeistert.
Von 1911-1942 war das nordafrikanische Libyen italienische Kolonie gewesen. 1951 wurde es als konstitutionelle Monarchie aus UN-Verwaltung in die Unabhängigkeit entlassen. Die Entdeckung reicher Erdölvorkommen 1959 machte den Maghreb-Staat zu einem der wichtigsten erdölexportierenden Länder der Welt.
1975 veröffentlichte der am 7. Juni 1942 geborene Revolutionsführer das Grüne Buch, in dem er seine politischen Ziele darlegte. Ab 1976 firmierte Gaddafis Junta-Regime als Islamistisch-sozialistische Volksrepublik.
Gaddafi setzte sich für die arabische Einheit ein und initiierte verschiedene Libysch-Arabisch-Afrikanische Vereinigungsprojekte, die aber allesamt scheiterten. Als Revolutionsführer verzichtete der in Großbritannien ausgebildete Offizier darauf, sich vom gewöhnlichen Oberst zum „Reichsmarschall“ oder ähnlichen Rängen zu befördern. 1979 trat er offiziell von der Staatsführung zurück. Was seinen beherrschenden Einfluss als „Bruder-Führer“ in keiner Weise schmälerte.
Während der 80er Jahre machte Gaddafi als Terrorismus-Pate – er unterstützte die IRA genauso wie radikale Palistinesergruppen – und wegen einer Dauerfehde mit den USA von sich reden. Nach dem Bombenanschlag auf die Berliner Diskothek La Belle 1986 beschuldigte der amerikanische Präsident Reagan den Libyer, das Attentat aus Rache für die Versenkung zweier libyscher Kriegsschiffe durch US-Truppen angeordnet zu haben. Reagan ließ Tripolis und Bengasi bombardieren. Als 1988 über der Schottischen Ortschaft Lockerbie Unbekannte ein Flugzeug sprengen, wobei 270 Menschen sterben, fällt der Verdacht schnell auf Gaddafis Geheimdienst.
In den vergangen Jahren konnte Gaddafi die internationale Isolation durchbrechen, seinen Hang für exotische Auftritte abzulegen. Auf Auslandsreisen hielt er Hof im prächtigen Beduinenzelt. Als modebewusster Dritte-Welt-Führer wechselte er wie ein Rockstar mehrmals pro Auftritt das Kostüm. Mal erschien er in farbenfroher afrikanischer Tracht, mal als zeitgenössischer Kaiser Nero, mal als männliches Model für bizarre Diktatoren-Uniformen. Stets in seiner Nähe war die 40-köpfige ausschließlich aus hübschen jungen Frauen bestehende Leibgarde.
Der Bundestagsabgeordnete Günter Gloser (SPD) erinnert sich im Gespräch mit unserer Zeitung lebhaft an eine Begegnung mit dem eigenwilligen Machthaber. Als Staatsminister im Auswärtigen Amt nahm Gloser während der großen Koalition an einem Gipfeltreffen zwischen EU und Afrikanischer Union teil. Migrationsfragen standen auf der Tagesordnung.
„Irgendwann wurde die Sitzung unterbrochen. Wir mussten ein gebäude besichtigen, das die USA 1986 bombardiert hatten.“ Danach mussten sich die Gipfelteilnehmer in einem Zelt versammeln. „Irgendwann kam dann Gaddafi und hielt eine völlig wirre Rede. Sie gipfelte in dem Vorwurf, die Europäer seien selbst Schuld, wenn sie diese ganzen unausgebildeten Flüchtlinge aufnähmen. Dabei hatte er sich doch immer als Fürsprecher seiner afrikanischen Brüder und Schwestern geriert. Das ganze Schauspiel hat ungefähr zwei Stunden gedauert.“
Legendär sind Gaddafis cholerischen Ausbrüche bei den sich dahin schleppenden Sitzungen der Arabischen Liga – sehr zum Leidwesen der anwesenden Potentaten-Kollegen. Wutentbrannt fiel er 2009 dem Emir von Katar ins Wort, als dieser bekannt gab, der saudische König Abdullah werde die Liga beim G-20-Gipfel in London vertreten. Gaddafi hielt sich offenbar selbst für den geeignetsten Emissär und bedachte Abdullah mit einer Flut von Verwünschungen. Der König hänge am Gängelband der USA und habe nur Lügen hinter und das Grab vor sich. Als der Emir schließlich Gaddafis Mikrophon abschaltete, stürmte dieser als Protest aus dem Saal.
Auch im Umgang mit europäischen Spitzenpolitikern gab sich Gaddafi ungezwungen. Mit seinen unachahmlichen Auftritten ließ er selbst den lebenslustigen italienischen Renaissance-Fürsten Silvio Berlusconi blass wirken.
Beim Staatsbesuch 2006 in Rom stieg er in bunter Uniform aus dem Flieger. Wie einen überdimensionierten Orden an die Brust geheftet hatte er ein großes Schwarzweißfoto. Darauf abgebildet war ein kleiner von Soldaten bewachter weißhaariger Mann. Omar al-Mukhtar war ein Held des libyschen Widerstands gegen die faschistischen Kolonialherren und wurde von den Besatzern hingerichtet. In der Folge behandelte der Gastgeber den Besucher äußerst zuvorkommend. Der verzichtete im Gegenzug großmütig darauf, die italienischen Verbrechen während der Kolonialzeit zu thematisieren.
Ansonsten verstanden sich die in ihrer Eitelkeit ähnlichen „Kater“ prächtig. Berlusconi lud eine seiner zahlreichen Ministerinnen, das ehemalige Nacktmodel Mara Carfagna, zum gemeinsamen Diner ein. Und setzte auch den Programmpunkt „Gaddafi allein unter Frauen“ ins Werk. Einen Nachmittag lang traf sich der Oberst mit 700 Frauen aus Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft zum Meinungsaustausch.
Die Liste denkwürdiger Auftritte und Aktionen des Despoten ließe sich unendlich fortsetzen: 2006 ordnet er nach Bekanntwerden der Hinrichtung des irakischen Machthabers Saddam Hussein eine dreitägige Staatstrauer an. 2008 nimmt die Genfer Polizei Gaddafis Sohn Hannibal wegen Körperverletzung vorübergehend fest. Die Folge ist eine ernste Krise zwischen Papas diplomatischem Corps und der Alpenrepublik. Mit seiner ersten Rede vor der UN-Vollversammlung sorgt Gaddafi für einen Eklat, als er aus der UN-Charta zitiert und aus Protest mehrere Seiten zerreißt.
Zum Ende seiner Herrschaft behauptet Gaddafi, die Demonstranten gegen ihn seien „stoned“. Die Drahtzieher der Proteste hätten die jugendlichen Protestierer unter Drogen gesetzt. Zuvor hatte er dem Topterroristen Osama Bin Laden unterstellt, die Menschen in Libyen manipuliert zu haben.
Doch hatte der Tyrann offenbar auch eine sensible Seite. 1995 veröffentlichte er sein belletristisches Debüt: „Das Dorf, das Dorf, die Erde, die Erde und der Selbstmord des Astronauten.“ Enthalten sind zwölf Essays, die das sozial entwurzelte Leben in der Großstadt, die Größe der göttlichen Schöpfung und die Tyrannei der Massen thematisieren. Diese neigten dazu, ihre Führer in die Wüste zu schicken.
Mit seiner Herrschaft endet eine Ära – jene der postkolonialen Despoten, die exotisch wirkten, aber ganze Länder mit der Nilpferd-Peitsche regierten. Nach der Demission des Leoparden-bemützten Kongolesen Mobutu Sese Seko und des chilenischen Generals Augusto Pinochet war der libysche Revolutionsführer der letzte unter den Machthabern von Nordkorea bis Südamerika, der bananen-republikanischen Diktatoren-Esprit versprühte. Um es in Abwandlung eines geflügelten Diplomatenwortes zu sagen: „Er war ein Hurensohn, aber ein unterhaltsamer Hurensohn.“
Am 1. September 1969 putschte sich der junge Oberst gegen König Idris I. in Lybien an die Macht. Sein „Bund Freier Offiziere“ war von den arabisch-sozialistischen und nationalistischen Ideologien des ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser begeistert.
Von 1911-1942 war das nordafrikanische Libyen italienische Kolonie gewesen. 1951 wurde es als konstitutionelle Monarchie aus UN-Verwaltung in die Unabhängigkeit entlassen. Die Entdeckung reicher Erdölvorkommen 1959 machte den Maghreb-Staat zu einem der wichtigsten erdölexportierenden Länder der Welt.
1975 veröffentlichte der am 7. Juni 1942 geborene Revolutionsführer das Grüne Buch, in dem er seine politischen Ziele darlegte. Ab 1976 firmierte Gaddafis Junta-Regime als Islamistisch-sozialistische Volksrepublik.
Gaddafi setzte sich für die arabische Einheit ein und initiierte verschiedene Libysch-Arabisch-Afrikanische Vereinigungsprojekte, die aber allesamt scheiterten. Als Revolutionsführer verzichtete der in Großbritannien ausgebildete Offizier darauf, sich vom gewöhnlichen Oberst zum „Reichsmarschall“ oder ähnlichen Rängen zu befördern. 1979 trat er offiziell von der Staatsführung zurück. Was seinen beherrschenden Einfluss als „Bruder-Führer“ in keiner Weise schmälerte.
Während der 80er Jahre machte Gaddafi als Terrorismus-Pate – er unterstützte die IRA genauso wie radikale Palistinesergruppen – und wegen einer Dauerfehde mit den USA von sich reden. Nach dem Bombenanschlag auf die Berliner Diskothek La Belle 1986 beschuldigte der amerikanische Präsident Reagan den Libyer, das Attentat aus Rache für die Versenkung zweier libyscher Kriegsschiffe durch US-Truppen angeordnet zu haben. Reagan ließ Tripolis und Bengasi bombardieren. Als 1988 über der Schottischen Ortschaft Lockerbie Unbekannte ein Flugzeug sprengen, wobei 270 Menschen sterben, fällt der Verdacht schnell auf Gaddafis Geheimdienst.
In den vergangen Jahren konnte Gaddafi die internationale Isolation durchbrechen, seinen Hang für exotische Auftritte abzulegen. Auf Auslandsreisen hielt er Hof im prächtigen Beduinenzelt. Als modebewusster Dritte-Welt-Führer wechselte er wie ein Rockstar mehrmals pro Auftritt das Kostüm. Mal erschien er in farbenfroher afrikanischer Tracht, mal als zeitgenössischer Kaiser Nero, mal als männliches Model für bizarre Diktatoren-Uniformen. Stets in seiner Nähe war die 40-köpfige ausschließlich aus hübschen jungen Frauen bestehende Leibgarde.
Der Bundestagsabgeordnete Günter Gloser (SPD) erinnert sich im Gespräch mit unserer Zeitung lebhaft an eine Begegnung mit dem eigenwilligen Machthaber. Als Staatsminister im Auswärtigen Amt nahm Gloser während der großen Koalition an einem Gipfeltreffen zwischen EU und Afrikanischer Union teil. Migrationsfragen standen auf der Tagesordnung.
„Irgendwann wurde die Sitzung unterbrochen. Wir mussten ein gebäude besichtigen, das die USA 1986 bombardiert hatten.“ Danach mussten sich die Gipfelteilnehmer in einem Zelt versammeln. „Irgendwann kam dann Gaddafi und hielt eine völlig wirre Rede. Sie gipfelte in dem Vorwurf, die Europäer seien selbst Schuld, wenn sie diese ganzen unausgebildeten Flüchtlinge aufnähmen. Dabei hatte er sich doch immer als Fürsprecher seiner afrikanischen Brüder und Schwestern geriert. Das ganze Schauspiel hat ungefähr zwei Stunden gedauert.“
Legendär sind Gaddafis cholerischen Ausbrüche bei den sich dahin schleppenden Sitzungen der Arabischen Liga – sehr zum Leidwesen der anwesenden Potentaten-Kollegen. Wutentbrannt fiel er 2009 dem Emir von Katar ins Wort, als dieser bekannt gab, der saudische König Abdullah werde die Liga beim G-20-Gipfel in London vertreten. Gaddafi hielt sich offenbar selbst für den geeignetsten Emissär und bedachte Abdullah mit einer Flut von Verwünschungen. Der König hänge am Gängelband der USA und habe nur Lügen hinter und das Grab vor sich. Als der Emir schließlich Gaddafis Mikrophon abschaltete, stürmte dieser als Protest aus dem Saal.
Auch im Umgang mit europäischen Spitzenpolitikern gab sich Gaddafi ungezwungen. Mit seinen unachahmlichen Auftritten ließ er selbst den lebenslustigen italienischen Renaissance-Fürsten Silvio Berlusconi blass wirken.
Beim Staatsbesuch 2006 in Rom stieg er in bunter Uniform aus dem Flieger. Wie einen überdimensionierten Orden an die Brust geheftet hatte er ein großes Schwarzweißfoto. Darauf abgebildet war ein kleiner von Soldaten bewachter weißhaariger Mann. Omar al-Mukhtar war ein Held des libyschen Widerstands gegen die faschistischen Kolonialherren und wurde von den Besatzern hingerichtet. In der Folge behandelte der Gastgeber den Besucher äußerst zuvorkommend. Der verzichtete im Gegenzug großmütig darauf, die italienischen Verbrechen während der Kolonialzeit zu thematisieren.
Ansonsten verstanden sich die in ihrer Eitelkeit ähnlichen „Kater“ prächtig. Berlusconi lud eine seiner zahlreichen Ministerinnen, das ehemalige Nacktmodel Mara Carfagna, zum gemeinsamen Diner ein. Und setzte auch den Programmpunkt „Gaddafi allein unter Frauen“ ins Werk. Einen Nachmittag lang traf sich der Oberst mit 700 Frauen aus Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft zum Meinungsaustausch.
Die Liste denkwürdiger Auftritte und Aktionen des Despoten ließe sich unendlich fortsetzen: 2006 ordnet er nach Bekanntwerden der Hinrichtung des irakischen Machthabers Saddam Hussein eine dreitägige Staatstrauer an. 2008 nimmt die Genfer Polizei Gaddafis Sohn Hannibal wegen Körperverletzung vorübergehend fest. Die Folge ist eine ernste Krise zwischen Papas diplomatischem Corps und der Alpenrepublik. Mit seiner ersten Rede vor der UN-Vollversammlung sorgt Gaddafi für einen Eklat, als er aus der UN-Charta zitiert und aus Protest mehrere Seiten zerreißt.
Zum Ende seiner Herrschaft behauptet Gaddafi, die Demonstranten gegen ihn seien „stoned“. Die Drahtzieher der Proteste hätten die jugendlichen Protestierer unter Drogen gesetzt. Zuvor hatte er dem Topterroristen Osama Bin Laden unterstellt, die Menschen in Libyen manipuliert zu haben.
Doch hatte der Tyrann offenbar auch eine sensible Seite. 1995 veröffentlichte er sein belletristisches Debüt: „Das Dorf, das Dorf, die Erde, die Erde und der Selbstmord des Astronauten.“ Enthalten sind zwölf Essays, die das sozial entwurzelte Leben in der Großstadt, die Größe der göttlichen Schöpfung und die Tyrannei der Massen thematisieren. Diese neigten dazu, ihre Führer in die Wüste zu schicken.
Sonntag, 18. September 2011
Vom einstigen Glanz bleibt nur ein Badetuch - Ein Rundgang über die Popkomm in Berlin
Musik ist in unserem Alltag präsenter als je zuvor. Durch handliche digitale Abspielgeräte ist der Lieblingssound ständig verfügbar. Bei den Tonträgerproduzenten selbst spielt die Musik aber schon lange nicht mehr – zumindest nicht in der Melodie klingender Münze. Die Plattenfirmen gemahnen an das römische Reich am Vorabend seines Untergangs: Der Glanz der Erinnerung blendet höchstens noch das innere Auge des Betrachters, die äußere Pracht ist vergangen. Das war auch auf der Musikmesse Popkomm zu beobachten, deren 22. Ausgabe von Mittwoch bis Freitag in Berlin stattfand. Der Stand der einzigen bekannten beim Branchentreff vertretenen Plattenfirma hatte die Größe eines Badetuchs.
Vor dem Hintergrund der technischen Umwälzungen seit der Jahrtausendwende und die von ihnen ausgelösten veränderten Konsumgewohnheiten hat sich auch die Messe aufs digitale Musik-Geschäft fokussiert und nach dem Neustart auf dem ehemaligen Flughafen Berlin-Tempelhof zur reinen Fachbesucher-Veranstaltung entwickelt. Einen Publikumstag gab es im Gegensatz zu früher nicht mehr.
Das neue Konzept ging offensichtlich nicht auf. Nur 5200 Besucher verliefen sich laut Veranstalter in den ehemaligen Flughallen, in denen sich 400 Aussteller präsentierten. An vielen Ständen herrschte dauerhaft Besucherflaute. Einen Kontrast bildete lediglich der gemeinsame Standplatz von Österreich und der Schweiz. Hier herrschte dichtes Gedränge, obwohl beide Länder im Pop bisher nicht als stilprägend aufgefallen sind. Weiswein gratis.
Im vergangenen Jahr kamen noch allein an den beiden brancheninternen Tagen 7500 Besucher zur Popkomm. Am dritten, offenen Tag waren noch mal mehrere tausend Gäste erschienen. „Eines hat die diesjährige Popkomm verdeutlicht: Die Musikwirtschaft ist im Umbruch“, hieß es in der Bilanz der Veranstalter.
Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, hätte es der Veranstaltung nicht erst bedurft: Seit dem Aufkommen von Musik-Tauschbörsen und der massenhaften Verbreitung von CD-Brennern seien die Umsätze der deutschen Musikindustrie bis 2009 trotz ständig steigender Musiknutzung um 40 Prozent zurückgegangen, gibt der Bundesverband der Musikindustrie bekannt.
Immerhin, nach zehn harten Jahren geht es der Branche in Deutschland inzwischen wieder etwas besser. Der Bundesverband ist optimistisch, dass der Markt im Download- und Mobiltelefonbereich bis 2013 auf das Doppelte wachsen wird. Geschäftsfelder wie Konzerte – der Live-Musik-Sektor boomt ohnehin –, Merchandising oder Videomitschnitte könnten dreimal so groß werden. Tonträger wie CDs nähmen dann lediglich noch ein Drittel des Gesamtmusikmarkts ein, heute stammen noch 80 Prozent der Musikumsätze aus deren Verkauf.
Im vergangenen Jahr ist der Umsatz aus Musikverkäufen noch mal um mehr als drei Prozent zurückgegangen – Schaut man auf England (minus 23 Prozent) oder Frankreich (minus 9 Prozent) hätte es die hiesigen Plattenproduzenten noch weit schlimmer treffen können. Ob die Musikindustrie die verlorenen Umsatzhöhen jemals wieder erklimmen wird, scheint also mehr als fraglich. Musikpiraten machen der Branche noch immer zuschaffen: Den Trend der letzten Jahre fortschreibend ist die Anzahl der illegal herunter geladenen Alben erneut drastisch gestiegen.
Dass die Vitalität der Musikszene dennoch ungebrochen ist, zeigte sich bei der Berlin Music Week, unter deren Dach die Popkomm ausgerichtet wurde. Über hundert Künstler und Bands aus Rock und Pop stellten sich in verschiedenen Clubs der Hauptstadt vor. Die Konzerte waren durchweg gut besucht. Für 2012 ist eine weitere Auflage der Popkomm geplant.
Vor dem Hintergrund der technischen Umwälzungen seit der Jahrtausendwende und die von ihnen ausgelösten veränderten Konsumgewohnheiten hat sich auch die Messe aufs digitale Musik-Geschäft fokussiert und nach dem Neustart auf dem ehemaligen Flughafen Berlin-Tempelhof zur reinen Fachbesucher-Veranstaltung entwickelt. Einen Publikumstag gab es im Gegensatz zu früher nicht mehr.
Das neue Konzept ging offensichtlich nicht auf. Nur 5200 Besucher verliefen sich laut Veranstalter in den ehemaligen Flughallen, in denen sich 400 Aussteller präsentierten. An vielen Ständen herrschte dauerhaft Besucherflaute. Einen Kontrast bildete lediglich der gemeinsame Standplatz von Österreich und der Schweiz. Hier herrschte dichtes Gedränge, obwohl beide Länder im Pop bisher nicht als stilprägend aufgefallen sind. Weiswein gratis.
Im vergangenen Jahr kamen noch allein an den beiden brancheninternen Tagen 7500 Besucher zur Popkomm. Am dritten, offenen Tag waren noch mal mehrere tausend Gäste erschienen. „Eines hat die diesjährige Popkomm verdeutlicht: Die Musikwirtschaft ist im Umbruch“, hieß es in der Bilanz der Veranstalter.
Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, hätte es der Veranstaltung nicht erst bedurft: Seit dem Aufkommen von Musik-Tauschbörsen und der massenhaften Verbreitung von CD-Brennern seien die Umsätze der deutschen Musikindustrie bis 2009 trotz ständig steigender Musiknutzung um 40 Prozent zurückgegangen, gibt der Bundesverband der Musikindustrie bekannt.
Immerhin, nach zehn harten Jahren geht es der Branche in Deutschland inzwischen wieder etwas besser. Der Bundesverband ist optimistisch, dass der Markt im Download- und Mobiltelefonbereich bis 2013 auf das Doppelte wachsen wird. Geschäftsfelder wie Konzerte – der Live-Musik-Sektor boomt ohnehin –, Merchandising oder Videomitschnitte könnten dreimal so groß werden. Tonträger wie CDs nähmen dann lediglich noch ein Drittel des Gesamtmusikmarkts ein, heute stammen noch 80 Prozent der Musikumsätze aus deren Verkauf.
Im vergangenen Jahr ist der Umsatz aus Musikverkäufen noch mal um mehr als drei Prozent zurückgegangen – Schaut man auf England (minus 23 Prozent) oder Frankreich (minus 9 Prozent) hätte es die hiesigen Plattenproduzenten noch weit schlimmer treffen können. Ob die Musikindustrie die verlorenen Umsatzhöhen jemals wieder erklimmen wird, scheint also mehr als fraglich. Musikpiraten machen der Branche noch immer zuschaffen: Den Trend der letzten Jahre fortschreibend ist die Anzahl der illegal herunter geladenen Alben erneut drastisch gestiegen.
Dass die Vitalität der Musikszene dennoch ungebrochen ist, zeigte sich bei der Berlin Music Week, unter deren Dach die Popkomm ausgerichtet wurde. Über hundert Künstler und Bands aus Rock und Pop stellten sich in verschiedenen Clubs der Hauptstadt vor. Die Konzerte waren durchweg gut besucht. Für 2012 ist eine weitere Auflage der Popkomm geplant.
Montag, 22. August 2011
Wacken II: Die Schlacht ist geschlagen!
Abgekämpft, wie ein von den Hunnen geschlagenes Germanen-Heer der Völkerwanderungszeit, treten die 95000 Heavy Metal-Fans den Rückzug aus der schleswig-holsteinischen Provinz an. Drei Tage lang haben sie „lauter als die Hölle“ Party gemacht. Nun räumen sie erschöpft ihr Feldlager nahe dem 1800-Seelen Weiler Wacken und zerstreuen sich in alle Winde.
120 Bands sind unter dem Banner „louder than hell“ bis Sonntagmorgen auf dem Wacken Open Air (WOA) aufgetreten. Die letzten „Waackäääään“-Schlachtrufe verhallten um sechs Uhr früh als im „Headbangers Ballroom“ die Verstärker ausgeschaltet wurden. Höhepunkten des vielleicht größten aber sicher berühmtesten Heavy-Metal-Festivals der Welt waren die Auftritte von Ozzy Osbourne (wir berichteten), Motörhead und Judas Priest.
Auch die Shows deutscher Bands wie Kreator, Sodom oder den wiedervereinigten Knorkator wurden gefeiert. Zu den einheimischen Festival-Siegern gehörten auch Heaven Shall Burn. Dabei gaben die Thüringer nicht nur mittels ihrer hochoktanigen Mischung aus Hardcore und extremem Death/Thrash Metal mächtig Gas, sondern legten auch mit originellen Animationseinlagen den Turboschalter beim Publikum um.
Ob Sänger Marcus Bischoff wusste was er tat, als er mit den Worten, „es ist Zeit eure Frauen loszulassen und auf die Schultern zu nehmen“, die weiblichen Zuschauer zum Crowdsurfing – einer auf Rockkonzerten beliebten Sportart, bei der Fans von der Menge getragen werden – kann bezweifelt werden. Dafür sorgte er mit einer Flut von Frauen, die sich in den Bühnengraben ergoss, für einen der schönsten und ergreiffendsten Festival-Momente diesen Sommers.
Jedes Metal-Herz höher Schlagen ließen Judas Priest auf ihrer Abschiedstour. Sie gelten als eine der einflussreichsten Bands des Genres. : Lederklamotten, Motorräder auf der Bühne, donnernde Riffs, alle erdenklichen Attribute im Metal-Universum gehen auf Priest zurück. Die verwitterten Recken begannen ihre Zeitreise durch Jahre Bandgeschichte am Freitagabend mit dem programmatisch betitelten Doppelschlag „Rapid Fire“ und „Metal Gods“. Im Schnellfeuer-Rhythmus ließ Oberpriester Rob Halford metal-göttliches Ambrosia auf seine von allen guten Geistern verlassene Gemeinde herabregnen. „Never Satisfied“ vom ersten Album Rockarolla, selten gehörte Meisterwerke wie „Starbreaker“, eine Halbakustik-Version des frühen Hit „Diamonds and Rust“.
Kaum einmal blieb Zeit Atem zu holen. Halford selbst griff in den Pausen zur routiniert zur Sauerstoffflasche. Doch was soll´s, wenn der fast 60-Jährige auf diese Weise selbst die höchsten stimmlichen Höhen eines gesanglichen Mont-Blanc wie „Painkiller“ meistert. Während der meisten Momente an diesem Abend sind Priest mitreißend, in den besten magisch, wie etwa bei der großartigen Ballade „Beyond The Realms Of Death“ oder der komplett vom Publikum gesungenen „Breaking The Law“.
Einziger Wehrmutstropfen ist die Abwesenheit des kürzlich ausgestiegenen K. K. Downing dessen lichtschnelle Riposten die Gitarrenduelle mit Opponent Glenn Tipton erst so richtig beflügelten. Eine Flanke, die der neue Rekrut Richie Faulkner trotz aller Fingerfertigkeit nicht ganz zu schließen vermag.
Doch nun, wie der Engländer sagt, zu etwas völlig anderem: Lemmy. 24 warzige Karat Rock ´n´ Roll, mit seinem Whiskey gegerbten Organ quasi Halfords stimmliches Alter Ego, bellt der Motörhead-Sänger dem Publikum wie eh und je seine lasterhaften Hymnen entgegnen. Er ist die verflüssigte Essenz des Rock´n`Roll, gegossen in ein Paar hautenger schwarzer Jeans und weiße Cowboy-Stiefel. Verfestigt zum wandelnden Mittelfinger, der sich mit einem Patronengurt beringt jedweden Autoritäten und aller Gleichmacherei entgegengestreckt. Dafür lieben ihn alle Rockfans dieser Welt. Welche Songs Motörhead zocken und dass sie sogar ihr altes Spielzeug, eine Lichtanlage in Gestalt eines B-17-Bombers, der waghalsige Flugmanöver vollführt, mitgebracht haben, wird zur Nebensache.
Am Ende haben Lemmy und Co am Samstag eine weitere Schlacht gewonnen, aber der Krieg scheint noch lange nicht vorbei: Wenige Stunden nach Festival-Ende hat der Kartenvorverkauf für die Folgeveranstaltung begonnen. Am Montagmorgen um 00.45 Uhr - eine dreiviertel Stunde nach Vorverkaufsstart - waren die ersten 10 000 Tickets bereits weg.
120 Bands sind unter dem Banner „louder than hell“ bis Sonntagmorgen auf dem Wacken Open Air (WOA) aufgetreten. Die letzten „Waackäääään“-Schlachtrufe verhallten um sechs Uhr früh als im „Headbangers Ballroom“ die Verstärker ausgeschaltet wurden. Höhepunkten des vielleicht größten aber sicher berühmtesten Heavy-Metal-Festivals der Welt waren die Auftritte von Ozzy Osbourne (wir berichteten), Motörhead und Judas Priest.
Auch die Shows deutscher Bands wie Kreator, Sodom oder den wiedervereinigten Knorkator wurden gefeiert. Zu den einheimischen Festival-Siegern gehörten auch Heaven Shall Burn. Dabei gaben die Thüringer nicht nur mittels ihrer hochoktanigen Mischung aus Hardcore und extremem Death/Thrash Metal mächtig Gas, sondern legten auch mit originellen Animationseinlagen den Turboschalter beim Publikum um.
Ob Sänger Marcus Bischoff wusste was er tat, als er mit den Worten, „es ist Zeit eure Frauen loszulassen und auf die Schultern zu nehmen“, die weiblichen Zuschauer zum Crowdsurfing – einer auf Rockkonzerten beliebten Sportart, bei der Fans von der Menge getragen werden – kann bezweifelt werden. Dafür sorgte er mit einer Flut von Frauen, die sich in den Bühnengraben ergoss, für einen der schönsten und ergreiffendsten Festival-Momente diesen Sommers.
Jedes Metal-Herz höher Schlagen ließen Judas Priest auf ihrer Abschiedstour. Sie gelten als eine der einflussreichsten Bands des Genres. : Lederklamotten, Motorräder auf der Bühne, donnernde Riffs, alle erdenklichen Attribute im Metal-Universum gehen auf Priest zurück. Die verwitterten Recken begannen ihre Zeitreise durch Jahre Bandgeschichte am Freitagabend mit dem programmatisch betitelten Doppelschlag „Rapid Fire“ und „Metal Gods“. Im Schnellfeuer-Rhythmus ließ Oberpriester Rob Halford metal-göttliches Ambrosia auf seine von allen guten Geistern verlassene Gemeinde herabregnen. „Never Satisfied“ vom ersten Album Rockarolla, selten gehörte Meisterwerke wie „Starbreaker“, eine Halbakustik-Version des frühen Hit „Diamonds and Rust“.
Kaum einmal blieb Zeit Atem zu holen. Halford selbst griff in den Pausen zur routiniert zur Sauerstoffflasche. Doch was soll´s, wenn der fast 60-Jährige auf diese Weise selbst die höchsten stimmlichen Höhen eines gesanglichen Mont-Blanc wie „Painkiller“ meistert. Während der meisten Momente an diesem Abend sind Priest mitreißend, in den besten magisch, wie etwa bei der großartigen Ballade „Beyond The Realms Of Death“ oder der komplett vom Publikum gesungenen „Breaking The Law“.
Einziger Wehrmutstropfen ist die Abwesenheit des kürzlich ausgestiegenen K. K. Downing dessen lichtschnelle Riposten die Gitarrenduelle mit Opponent Glenn Tipton erst so richtig beflügelten. Eine Flanke, die der neue Rekrut Richie Faulkner trotz aller Fingerfertigkeit nicht ganz zu schließen vermag.
Doch nun, wie der Engländer sagt, zu etwas völlig anderem: Lemmy. 24 warzige Karat Rock ´n´ Roll, mit seinem Whiskey gegerbten Organ quasi Halfords stimmliches Alter Ego, bellt der Motörhead-Sänger dem Publikum wie eh und je seine lasterhaften Hymnen entgegnen. Er ist die verflüssigte Essenz des Rock´n`Roll, gegossen in ein Paar hautenger schwarzer Jeans und weiße Cowboy-Stiefel. Verfestigt zum wandelnden Mittelfinger, der sich mit einem Patronengurt beringt jedweden Autoritäten und aller Gleichmacherei entgegengestreckt. Dafür lieben ihn alle Rockfans dieser Welt. Welche Songs Motörhead zocken und dass sie sogar ihr altes Spielzeug, eine Lichtanlage in Gestalt eines B-17-Bombers, der waghalsige Flugmanöver vollführt, mitgebracht haben, wird zur Nebensache.
Am Ende haben Lemmy und Co am Samstag eine weitere Schlacht gewonnen, aber der Krieg scheint noch lange nicht vorbei: Wenige Stunden nach Festival-Ende hat der Kartenvorverkauf für die Folgeveranstaltung begonnen. Am Montagmorgen um 00.45 Uhr - eine dreiviertel Stunde nach Vorverkaufsstart - waren die ersten 10 000 Tickets bereits weg.
Sonntag, 21. August 2011
Mach´s wie ein Psycho: Die Cross-Over-Vorreiter Suicidal Tendencies wirbeln auf dem Wacken Festival – Auch Ozzy Osbourne ist ganz der alte
Mächtige Stichflammen stoßen fauchend aus den Nüstern des riesigen weißen Stierschädels, der in schwindelnder Höhe zwischen den beiden riesigen Bühnen des Wacken-Open-Air hängt, dem größten Metal-Festival der Welt. Das Feuer wirft tanzende schatten auf das Meer schweißnasser Gesichter. Zehntausende flackernder Augenpaare sind auf die „Black-Stage“ gerichtet. Der Wind treibt die letzten verwehten Fetzen von Carl Orffs „O Fortuna“ bis in die hintersten Reihen.
„YEEEEEAAAAAAHHHH, YOU FUCKERS“, schreit die weinerliche und doch durchdringende Stimme. Jeder hier kennt sie. Tausendfaches tosendes Johlen ist die Antwort. Ozzy Osbourne, verschmiertes Make-up im Gesicht, den Mund im stummen Schrei verzerrt – oder einem stummen Lachen, wer kann das schon sagen – die auffallend großen Hände mit den schwarz lackierten Nägeln zur Seite abgespreizt. stolpert im charakteristischen Watschelgang auf die Bühne. „I can´t here you“, schreit Ozzy. Das Johlen schwillt zum Heulen. Ist der Mann gänzlich taub? Nein, aber nach vierzig Jahren im Rock-Geschäft weiß der „Madman“ wie man eine Festival-Menge nehmen muss: im Sturm.
“Crazy Train”, “Mr. Crowly”, “Suicide Solution”, Ozzy ballert aus allen Rohren. Seine runderneuerte Flakhelfer-Truppe um den griechischen Gitarristen Gus G funktioniert wie eine gut gedrillte Einheit funktionieren muss. Da kann sich der Chef die eine oder andere Feuerpause gönnen. Während „War Pigs“ einem der Hits seiner alten Band Black-Sabbath - mit der er in den 70ern kalte koksverschneite Klangipfel erklomm, bevor er in den 80ern eine nicht minder berauschende und berauschte Solo-Karriere begann – verschwindet der Chef mal für eine gute viertel Stunde aufs Klo oder ein Nickerchen machen. Die Helfer überbrücken die Zeit mit mehr oder minder inspiriertem Solo-Gegniedel.
Es stört die wenigsten. Für die Masse der Fans ist der Alkohol-getriebene Stimmungszug um diese Zeit (halb elf) ohnehin schon lange abgefahren und die meisten freuen sich, dass ihr Ozzy überhaupt noch lebt. Das der – sofern auf der Bühne – sich keine Mühe gäbe, lässt sich auch gar nicht behaupten. Ozzy vergießt Herzblut, Schweiß und vor allem Spritzwasser gleich kübelweise über die Menge. Und kann darüber hinaus aus einem Fundus an Songs schöpfen, der seinesgleichen sucht. Ja, Ozzy gehört zum alten Eisen, aber auch leicht rostiges Metall ist an diesem Donnerstag noch hart genug zum Schädelspalten.
Der von Mike Muir allerdings wird von einem tief über die Augen gezogenen Stirnband zusammengehalten. Es muss so sein, denn ohne den blauen Lappen um den Kopf hat den Sänger der Suicidal Tentencies, die freitagnachmittags auf der gleichen Bühne spielen, noch niemand gesehen. Anfang der 90er Jahre gehörten Muir, genannt Psycho Miko, und seine Band aus dem kalifornischen Venice Beach zur Avantgarde der Cross-Over-Bewegung. Damals wurde es unter Skateboard-Fahrern schick, harte Musik zu hören und plötzlich waren auch Metal-Heads auf vier Rollen unterwegs. Mit Platen wie „Lights, Camera, Revolution“ brachten Suicidal die potente Kreuzung aus Punk, Funk und politischer Agitation ans Licht der breiten musikinteressierten Öffentlichkeit.
„Do it the psyho-way“, fordert Miko von der Bühne herab, doch heute scheinen selbst Panzerglas durchschlagende Perlen wie „War Inside My Head“, „Join The Army“ oder “Pledge Your Alegiance” aber weitgehend in Vergessenheit geraten zu sein. Der verrückte Miko vollführt seine verwirbelten Tanz-Kapriolen vor lichten Reihen. Zumindest die lassen sich zu erratischen „Su-I-Ci-Dal“ Sprechchören hinreißen. Zu Recht: In der Kombination von Po-Wackler und Nackenbrecher macht den „Suicidal“ so leicht keiner was vor. Und das obwohl Muir auch schon nachgelassen hat. Das Stirnband trägt er heute höher als früher.
„YEEEEEAAAAAAHHHH, YOU FUCKERS“, schreit die weinerliche und doch durchdringende Stimme. Jeder hier kennt sie. Tausendfaches tosendes Johlen ist die Antwort. Ozzy Osbourne, verschmiertes Make-up im Gesicht, den Mund im stummen Schrei verzerrt – oder einem stummen Lachen, wer kann das schon sagen – die auffallend großen Hände mit den schwarz lackierten Nägeln zur Seite abgespreizt. stolpert im charakteristischen Watschelgang auf die Bühne. „I can´t here you“, schreit Ozzy. Das Johlen schwillt zum Heulen. Ist der Mann gänzlich taub? Nein, aber nach vierzig Jahren im Rock-Geschäft weiß der „Madman“ wie man eine Festival-Menge nehmen muss: im Sturm.
“Crazy Train”, “Mr. Crowly”, “Suicide Solution”, Ozzy ballert aus allen Rohren. Seine runderneuerte Flakhelfer-Truppe um den griechischen Gitarristen Gus G funktioniert wie eine gut gedrillte Einheit funktionieren muss. Da kann sich der Chef die eine oder andere Feuerpause gönnen. Während „War Pigs“ einem der Hits seiner alten Band Black-Sabbath - mit der er in den 70ern kalte koksverschneite Klangipfel erklomm, bevor er in den 80ern eine nicht minder berauschende und berauschte Solo-Karriere begann – verschwindet der Chef mal für eine gute viertel Stunde aufs Klo oder ein Nickerchen machen. Die Helfer überbrücken die Zeit mit mehr oder minder inspiriertem Solo-Gegniedel.
Es stört die wenigsten. Für die Masse der Fans ist der Alkohol-getriebene Stimmungszug um diese Zeit (halb elf) ohnehin schon lange abgefahren und die meisten freuen sich, dass ihr Ozzy überhaupt noch lebt. Das der – sofern auf der Bühne – sich keine Mühe gäbe, lässt sich auch gar nicht behaupten. Ozzy vergießt Herzblut, Schweiß und vor allem Spritzwasser gleich kübelweise über die Menge. Und kann darüber hinaus aus einem Fundus an Songs schöpfen, der seinesgleichen sucht. Ja, Ozzy gehört zum alten Eisen, aber auch leicht rostiges Metall ist an diesem Donnerstag noch hart genug zum Schädelspalten.
Der von Mike Muir allerdings wird von einem tief über die Augen gezogenen Stirnband zusammengehalten. Es muss so sein, denn ohne den blauen Lappen um den Kopf hat den Sänger der Suicidal Tentencies, die freitagnachmittags auf der gleichen Bühne spielen, noch niemand gesehen. Anfang der 90er Jahre gehörten Muir, genannt Psycho Miko, und seine Band aus dem kalifornischen Venice Beach zur Avantgarde der Cross-Over-Bewegung. Damals wurde es unter Skateboard-Fahrern schick, harte Musik zu hören und plötzlich waren auch Metal-Heads auf vier Rollen unterwegs. Mit Platen wie „Lights, Camera, Revolution“ brachten Suicidal die potente Kreuzung aus Punk, Funk und politischer Agitation ans Licht der breiten musikinteressierten Öffentlichkeit.
„Do it the psyho-way“, fordert Miko von der Bühne herab, doch heute scheinen selbst Panzerglas durchschlagende Perlen wie „War Inside My Head“, „Join The Army“ oder “Pledge Your Alegiance” aber weitgehend in Vergessenheit geraten zu sein. Der verrückte Miko vollführt seine verwirbelten Tanz-Kapriolen vor lichten Reihen. Zumindest die lassen sich zu erratischen „Su-I-Ci-Dal“ Sprechchören hinreißen. Zu Recht: In der Kombination von Po-Wackler und Nackenbrecher macht den „Suicidal“ so leicht keiner was vor. Und das obwohl Muir auch schon nachgelassen hat. Das Stirnband trägt er heute höher als früher.
Montag, 4. Juli 2011
Der Bruce Springsten 2.0 heißt Brian Fellon
Die Leute stehen dicht gedrängt im Saal. Viele Zuschauer sind weiblich, die Gesichter jung und schweißnass. Für einen passionierten U-Bahngrabscher wäre das Konzert der amerikanischen Band Gaslight Anthem am Mittwoch, 29.6., im Hannoveraner Capitol ein Paradies.
Hinten im Zuschauerbereich stehen mit von der Hitze geröteten Köpfen die Eltern. Das Kind soll ja seine eigenen Erfahrungen machen – vom wochenlangen Gequengel am Abendbrottisch, weil Papa erst dagegen war, mal ganz abgesehen –, aber den Nachwuchs gänzlich schutzlos dem Einfluss dieses Brian Fellon ausliefern? Muss nicht sein.
Der 31-Jährige Sänger und Gitarrist des Quartetts aus New Brunswick, New Jersey, erinnert in seinem ganzen Habitus an den jungen, hungrigen Bruce Springsteen zu „Born to Run“-Zeiten. Beginnend beim weißen T-Shirt mit V-Kragen, aus dem kräftige, bis zu den Handgelenken mit Tattoos zugehackten Arme ragen, über die Leoparden-fleckige Gesichtsbehaarung, bis hin zur schwarzen Motorrad-Lederjacke auf den Promo-Fotos.
Auch musikalisch hat sich der blonde Wuschelkopf bei Springsteen einiges abgeschaut. Das fängt bei den schnörkellosen auf der schneidend klingenden Fender Telecaster Gitarre gespielten Songs an und hört beim leicht nöligen Gesang auf. Dazu kommen ein wenig U2-Epik, etwas Dylan-Gnarzigkeit, ein Hauch erdiger Blues und – ganz, ganz viel dreckiger, achselnässiger Punk.
Diese fast schon romantisierende Rückbesinnung auf die goldenen Zeiten amerikanischer Rockmusik gefällt nicht nur den wild durcheinander hüpfenden Teenies, die Pappschilder mit Liebesbotschaften in die Höhe halten, Pärchen, die sich gegenseitig mit verklärtem Blick die Liedtexte ins Ohr singen und vermutlich sogar den Eltern an der Hallenrückwand, sondern auch dem Boss selbst: Beim altehrwürdigen Glastonbury-Festival durfte Fellon mit auf die ganz große Bühne.
Gaslight Anthem kommen da auch noch hin. Einstweilen biegt und wiegt sich Fellon vor den 1600 im Capitol wie eine Weide im Sturm der Akkorde den er und seine Jersey Boys entfachen. Dabei strahlt er jene Mischung aus Virilität und Empfindsamkeit aus, die großen unnachgiebigen Barden des Alternative-Punk (Mike Ness), Pop (Springsteen) oder Country (Steve Earle) über die bloße Verklärung alltäglichen Straßenkötertums erhebt.
Gaslight Anthem sind definitiv Punkrock und definieren doch mit fast jedem Stück die Grenzen des Genres neu. Sie können nicht nur rhythmisch-wuchtige Party-Hymnen, sondern beherrschen die ganze Klaviatur der Gefühle. Das erhebt sie über die den üblichen Pop-Punk-Brei.
Dieser Text erschien am 1.7. 2010 in der Braunschweiger Zeitung.
Hinten im Zuschauerbereich stehen mit von der Hitze geröteten Köpfen die Eltern. Das Kind soll ja seine eigenen Erfahrungen machen – vom wochenlangen Gequengel am Abendbrottisch, weil Papa erst dagegen war, mal ganz abgesehen –, aber den Nachwuchs gänzlich schutzlos dem Einfluss dieses Brian Fellon ausliefern? Muss nicht sein.
Der 31-Jährige Sänger und Gitarrist des Quartetts aus New Brunswick, New Jersey, erinnert in seinem ganzen Habitus an den jungen, hungrigen Bruce Springsteen zu „Born to Run“-Zeiten. Beginnend beim weißen T-Shirt mit V-Kragen, aus dem kräftige, bis zu den Handgelenken mit Tattoos zugehackten Arme ragen, über die Leoparden-fleckige Gesichtsbehaarung, bis hin zur schwarzen Motorrad-Lederjacke auf den Promo-Fotos.
Auch musikalisch hat sich der blonde Wuschelkopf bei Springsteen einiges abgeschaut. Das fängt bei den schnörkellosen auf der schneidend klingenden Fender Telecaster Gitarre gespielten Songs an und hört beim leicht nöligen Gesang auf. Dazu kommen ein wenig U2-Epik, etwas Dylan-Gnarzigkeit, ein Hauch erdiger Blues und – ganz, ganz viel dreckiger, achselnässiger Punk.
Diese fast schon romantisierende Rückbesinnung auf die goldenen Zeiten amerikanischer Rockmusik gefällt nicht nur den wild durcheinander hüpfenden Teenies, die Pappschilder mit Liebesbotschaften in die Höhe halten, Pärchen, die sich gegenseitig mit verklärtem Blick die Liedtexte ins Ohr singen und vermutlich sogar den Eltern an der Hallenrückwand, sondern auch dem Boss selbst: Beim altehrwürdigen Glastonbury-Festival durfte Fellon mit auf die ganz große Bühne.
Gaslight Anthem kommen da auch noch hin. Einstweilen biegt und wiegt sich Fellon vor den 1600 im Capitol wie eine Weide im Sturm der Akkorde den er und seine Jersey Boys entfachen. Dabei strahlt er jene Mischung aus Virilität und Empfindsamkeit aus, die großen unnachgiebigen Barden des Alternative-Punk (Mike Ness), Pop (Springsteen) oder Country (Steve Earle) über die bloße Verklärung alltäglichen Straßenkötertums erhebt.
Gaslight Anthem sind definitiv Punkrock und definieren doch mit fast jedem Stück die Grenzen des Genres neu. Sie können nicht nur rhythmisch-wuchtige Party-Hymnen, sondern beherrschen die ganze Klaviatur der Gefühle. Das erhebt sie über die den üblichen Pop-Punk-Brei.
Dieser Text erschien am 1.7. 2010 in der Braunschweiger Zeitung.
Garcia bleibt diesmal lieber hinten
Schwaden süßlich würzigen Rauches wehen über die Leine. Auf der Brücke, die über den Fluss direkt bis vor den Eingang des Capitol in Hannover führt, stehen hunderte von Menschen. Bierflaschen werden zum Mund geführt, Joints kreisen. Eine gründliche Vorbereitung ist schließlich alles: „Kyuss Lives!“ sind an diesem Dienstag, 28.6., in der Stadt.
Unter Eingeweihten gelten Kyuss aus dem kalifornischen Palm Desert als Nukleus der Stoner-Rock-Szene. In den frühen 90ern veröffentlichten vier Freunde des Dreiblatts, Josh Homme (Gitarre), John Garcia (Gesang), Nick Oliveri (Bass) und Brant Bjork (Schlagzeug), ein Paar richtungsweisende Alben, die sich aber zu schlecht verkauften, um mit Geld die immer größer werdenden Risse im Bandgefüge kitten zu können. 95 war Schluss.
Nennenswerte Erfolge konnte seither einzig Josh Homme mit den „Queens of the Stone Age“ verbuchen. Ob die Anderen nun die leere Haushaltskasse oder die Langeweile wieder zusammentrieb, weiß – wie so oft bei Reunionen – niemand. Egal, seit März sind Garcia, Oliveri und Bjork als „Kyuss Lives!“ wieder gemeinsam auf Deutschlandtour und weil ihnen die Fans die Bude einrennen, haben sie sogar noch ein paar Dates drangehängt.
Genau wie beim Tourstart im Hamburger Club Docks gehen die Anhänger von Beginn an steil. Mit ihrem stoischen, aber immer wieder raffiniert zwischen den Polen bekifft-beschwingt und tonnenschwer-brachial wechselnden Spacerock versetzen die Amis dabei nicht nur ein Häuflein ewig gestriger Hanfhippies in Verzückung. Im vollbesetzten Club walzen auffällig viele junge Wüstenrock-Nerds zum groovigen Waber-Bass-Sound.
Die Band selbst lässt es an diesem Abend eher ruhig angehen: John Garcia hält sich fast durchgängig im hinteren Bereich der Bühne auf. Das auf Oliveris Bassverstärker abgestellte Glas Rotwein stets griffbereit. Der belgische Gitarrist Bruno Fevery rifft zwar beanstandungslos, verfügt ansonsten aber über wenig Strahlkraft, so dass die Funktion des Blickfangs heute Oliveri zufällt. Der Mann mit Glatze und Spitzbart scheint sich in dieser Rolle außerordentlich wohl zu fühlen. Er grinst als seien seine Mundwinkel an den Ohrläppchen festgenäht.
Im Grunde ist das visuelle Erlebnis bei Kyuss Lives! ohnehin zweitrangig, verfügt die Band doch über ein ganzes Arsenal atmosphärischer Songs, vollgestopft mit stilprägenden Riffs und innovativen Breaks. Und auch mit über 40 ist Garcia, mit seiner durchdringend gepressten und doch weichen Stimme noch immer einer der originellsten und eigenständigsten Vertreter seiner Zunft.
Kurz: Auch an einem sehr durchschnittlichen Abend kann diese Band noch Freude machen.
Unter Eingeweihten gelten Kyuss aus dem kalifornischen Palm Desert als Nukleus der Stoner-Rock-Szene. In den frühen 90ern veröffentlichten vier Freunde des Dreiblatts, Josh Homme (Gitarre), John Garcia (Gesang), Nick Oliveri (Bass) und Brant Bjork (Schlagzeug), ein Paar richtungsweisende Alben, die sich aber zu schlecht verkauften, um mit Geld die immer größer werdenden Risse im Bandgefüge kitten zu können. 95 war Schluss.
Nennenswerte Erfolge konnte seither einzig Josh Homme mit den „Queens of the Stone Age“ verbuchen. Ob die Anderen nun die leere Haushaltskasse oder die Langeweile wieder zusammentrieb, weiß – wie so oft bei Reunionen – niemand. Egal, seit März sind Garcia, Oliveri und Bjork als „Kyuss Lives!“ wieder gemeinsam auf Deutschlandtour und weil ihnen die Fans die Bude einrennen, haben sie sogar noch ein paar Dates drangehängt.
Genau wie beim Tourstart im Hamburger Club Docks gehen die Anhänger von Beginn an steil. Mit ihrem stoischen, aber immer wieder raffiniert zwischen den Polen bekifft-beschwingt und tonnenschwer-brachial wechselnden Spacerock versetzen die Amis dabei nicht nur ein Häuflein ewig gestriger Hanfhippies in Verzückung. Im vollbesetzten Club walzen auffällig viele junge Wüstenrock-Nerds zum groovigen Waber-Bass-Sound.
Die Band selbst lässt es an diesem Abend eher ruhig angehen: John Garcia hält sich fast durchgängig im hinteren Bereich der Bühne auf. Das auf Oliveris Bassverstärker abgestellte Glas Rotwein stets griffbereit. Der belgische Gitarrist Bruno Fevery rifft zwar beanstandungslos, verfügt ansonsten aber über wenig Strahlkraft, so dass die Funktion des Blickfangs heute Oliveri zufällt. Der Mann mit Glatze und Spitzbart scheint sich in dieser Rolle außerordentlich wohl zu fühlen. Er grinst als seien seine Mundwinkel an den Ohrläppchen festgenäht.
Im Grunde ist das visuelle Erlebnis bei Kyuss Lives! ohnehin zweitrangig, verfügt die Band doch über ein ganzes Arsenal atmosphärischer Songs, vollgestopft mit stilprägenden Riffs und innovativen Breaks. Und auch mit über 40 ist Garcia, mit seiner durchdringend gepressten und doch weichen Stimme noch immer einer der originellsten und eigenständigsten Vertreter seiner Zunft.
Kurz: Auch an einem sehr durchschnittlichen Abend kann diese Band noch Freude machen.
Sonntag, 26. Juni 2011
"Ich bin der Doom" - Tomen aus Karlsruhe verbinden Sludge-Rock mit deutscher Ridikülitäts-Lyrik
Die Mitglieder von Tomen waren allesamt schon in Karlsruher Bands des Niederfrequenzbereichs aktiv. Darunter lokale Legenden wie Spacek, Shining oder Kermits. Folgerichtig gibt es einen fiesen, schleimigen Cocktail aus schmatzendem Sludge, wummerndem Drone und sich schwerfällig dahinwälzendem Doom. Als Referenzen dienen Black Shape Of Nexus, Baroness oder auch die alten Meister des peinvollen Depri-Rocks, Crowbar. Garniert wird det Janze mit mehr oder weniger geschmacklosen deutschen Texten. „Kinderlieder“, das Debut, strotzt vor morbidem Humor à la Pungent Stench. Shouter und Texter Thomas bewegt sich dabei stets kurz vor und manchmal auch knapp hinter der Schmerzgrenze. „Nikotin“ beispielsweise handelt von den negativen Folgen des Rauchens („Der Doktor sagt, die Lunge muss raus“). „Doom“ ist, wie könnte es anders sein, eine Hommage an die eigene Lieblingsmusik. Sicher, „Du gibst mir dir Kraft zu tun was keiner schafft/ Alles was ich bin hast Du gemacht/ Du bist die Zeit die alle Wunden heilt/ Du bringst mir den Ruhm, du bist der Doom“, sind Zeilen, die nur Leute ernst nehmen können, die vierhundert Kilometer fahren, um Saint Vitus in Originalbesetzung zu sehen, aber die gibt´s halt auch. Kruder Höhepunkt ist zweifelsohne die Fekal-Ode „Dein Furz“. Wenn es einen Song gibt, der Michael Mittermeier- und Electric Wizard-Fans versöhnen kann, dann ist es dieser. Kurz gesagt, wer erwähnte Bands und Texte mit Ekelfaktor mag, sollte ein Ohr riskieren. (mex) Do, 21.7., CD-Release-Party im Kohi, Karlsruhe.
Sonntag, 19. Juni 2011
Magische Männerfahrt ins Märchenland
Der Tag beginnt schon wie im Märchen: „In der bestellten Kleinwagen-Kategorie haben wir nichts mehr,“ sagt die Dame am Schalter der Autovermietung in Essen. Betretenes Schweigen. „Wir geben Ihnen stattdessen einen Z4!“
Hast du nicht gesehen sitzt der Schreiberkollege aus Thüringen strahlend wie Prinz Valiant hinterm Steuer des metallisch-blau glitzernden Roadsters. Kaum das Schloss gedrückt, lässt die 3-Liter-Maschine ein heiseres Knurren hören. Den bösen Golf müssen wir heute nicht mehr fürchten. Das steht so fest wie Schweinchen Schlaus Haus.
Und huiiie, schon düsen wir mit unserem fliegenden Koffer im Sonnenschein über die Autobahn Richtung Leverkusen. Dazu bringt uns David Bowie als der Thin White Duke ein Ständchen: „Let me fly away with you/ For my love is like the wind/ and wild is the wind/ Wild is the wind.“ Zwei Hänse im Glück.
Schneller als die gebratene Taube fliegt erreichen wir die Zieladresse: Märchenwaldweg 15, Altenberg. Unser Fortbewegungsmittel – inzwischen hört es gleich dem treuen Zossen der Pferdemagd auf den Namen Fallada – rollt auf einen riesigen grauen Parkplatz. Und nun? „Hier geht es zum Deutschen Märchenwald“, weißt der gestiefelte Kater mittels Schild den Weg.
Ein kurzer Fußmarsch führt über eine Brücke zu einem weis getünchten Wirtschaftsgebäude mit umlaufendem Balkon. Auf dem Dachfirst eine Wetterfahne in Gestalt einer Hexe, die auf einem Besenstiel reitet. Drinnen sitzt Detlev Kreber gerade beim Mittagessen – Spaghetti Bolo.
Kreber, 47 Jahre, mit seinem Kahlrasiertem Schädel dem Gladbacher Fußball-Urgestein Michael Frontzeck nicht unähnlich, ist Geschäftsführer des Märchenwaldes. Gleichzeitig Chefmechaniker, Hausmeister, Gärtner, Tierpfleger, Eis- und Ticketverkäufer - in Personalunion.
Es war einmal vor 26 Jahren, da kam der gebürtige Kölner während eines Ausflugs mit zwei Freunden hierher. Zunächst heuerte er als Aushilfe an, dann heiratete er die Prinzessin des Märchenlandes, Wilhelmine die Parkbetreibertochter. Seitdem hat sich der „kölsche Jong“ nicht nur zum Jägersmann und großen Liebhaber des bergischen Landes gemausert. Nein, auch das oberbergische Land sei, betont er, von besonderem Liebreiz.
„Jetzt schaut euch aber erstmal um“, beauftragt Kreber die Besucher. „Und dann probiert ihr unsere bergischen Waffeln. Spezialität des Hauses.“ „Belgische Waffeln?!“, fragt der unbedarfte Auswärtige nach. „Nein, bergische. Belgische sind aus Hefeteig mit Ei. Unsere dagegen werden nur mit Butter, Zucker und Mehl zubereitet. Außerdem haben sie eine Ecke mehr, sind dafür aber etwas dünner“, erklärt Kreber.
Mmmmh, klingt ganz nach Zuckerwerk, wie es der König isst. Aber zuerst die Arbeit, also los. Auf dem Vorplatz wartet der Esel streck dich. Mit 20 Cent kann man ihn füttern. Voll kindlicher Begeisterung entrichten wir den Obulus. „Iah, Iah“, schreit der Esel. Das war´s? Normalerweise funktioniert das Goldeselprinzip doch irgendwie anders. Offenbar ist Geiz nun auch hinter den sieben Bergen geil.
„Im Wald selbst brauchen sie keine Münzen mehr“, tröstet Kleber. Wir folgen dem sogenannten Märchenpfad. In Schaukästen, die kleinen Häuschen gleichen, sind die Märchen der Gebrüder Grimm in liebevoll arrangierten Szenen von teils bewegten Puppen dargestellt. Auf Knopfdruck ertönen Musik und ein Erzähltext. Nach fast dreißig Jahren gibt es für Hans ein Wiedersehen mit Hänschens Freunden: Der Gänsemagd, dem Froschkönig, Rosenrot, Schneewittchen nebst Zwergen.
Das Szenario verströmt naiven 60er-Jahre-Rummelplatz-Charme. Eine Wirtschaftswunder-Oase im Reiz-Trommelfeuer des Medienzeitalters. Manche Attraktionen wie Rumpelstilzchen oder Rapunzel erwachen erst auf Zuruf zum Leben. „Hier rufen, Rapunzel lass dein Haar herunter“, steht auf dem Schild. Schnell finden wir heraus, dass es nicht auf den Wortlaut ankommt. Ein gewöhnliches „Hallo“ funktioniert genauso wie beliebige Laute oder schlüpfrige Anrufe. Eine eintreffende Kindergartengruppe verhindert weitere „Dirty-Talk“-Experimente mit Rapunzel.
Nach Verzehr vorzüglicher bergischer Waffeln mit Kirschen und Sahne vom Märchen-Service, dazu ein im Zeitalter der Erlebnisgastronomie ausgestorben geglaubtes Kännchen Kaffee, mahnt die rotbackige Waffelbäckerin Wilhelmine Kreber – die einstige Prinzessin, Sie erinnern sich: „Ihr kommt doch gleich noch zu den Wasserspielen“. „Wasserspiele? Öh, ja sicher.“ Einer solch guten Fee des Waffeleisens kann man doch nichts abschlagen.
Punkt 15 Uhr, Gebrüder Grimm Gedächtnishalle: Zu den Klängen von Donauwalzer und Tschaikowskys Dornröschen öffnet sich der blaue Vorhang. Zu sehen gibt es laut Programm die „vieldimensionale Inspirations-Show aus Tanzenden Fontänen, magischen Licht-Farben und bezaubernder sphärischer Musik.“ Wilhelmine bedient weiß beschürzt die Wasserorgel.
Das technische Wunderwerk von 1956 besteht aus einem Dutzend Gardena-Sprinklern. In den Augen des fernsehverwöhnten Stadtkindes mag die Beschreibung also märchenhafte Übertreibung des Jahrhunderts sein, dem Kutlurpessimisten aber nötigt sie Respekt ab. Wer sich so etwas traut, dem kann keine Innovation der Unterhaltungsindustrie mehr etwas anhaben.
Der Augenblick, die Rückreise anzutreten, ist da. Zurück in den Medienalltag, die große Stadt, die Erwachsenenwelt. Einen kurzen Aufschub gibt es noch. Auf dem Parkplatz wartet die prächtige Fallada.
Der Beitrag erschien in gekürzter Fassung in der Braunschweiger Zeitung.
Hast du nicht gesehen sitzt der Schreiberkollege aus Thüringen strahlend wie Prinz Valiant hinterm Steuer des metallisch-blau glitzernden Roadsters. Kaum das Schloss gedrückt, lässt die 3-Liter-Maschine ein heiseres Knurren hören. Den bösen Golf müssen wir heute nicht mehr fürchten. Das steht so fest wie Schweinchen Schlaus Haus.
Und huiiie, schon düsen wir mit unserem fliegenden Koffer im Sonnenschein über die Autobahn Richtung Leverkusen. Dazu bringt uns David Bowie als der Thin White Duke ein Ständchen: „Let me fly away with you/ For my love is like the wind/ and wild is the wind/ Wild is the wind.“ Zwei Hänse im Glück.
Schneller als die gebratene Taube fliegt erreichen wir die Zieladresse: Märchenwaldweg 15, Altenberg. Unser Fortbewegungsmittel – inzwischen hört es gleich dem treuen Zossen der Pferdemagd auf den Namen Fallada – rollt auf einen riesigen grauen Parkplatz. Und nun? „Hier geht es zum Deutschen Märchenwald“, weißt der gestiefelte Kater mittels Schild den Weg.
Ein kurzer Fußmarsch führt über eine Brücke zu einem weis getünchten Wirtschaftsgebäude mit umlaufendem Balkon. Auf dem Dachfirst eine Wetterfahne in Gestalt einer Hexe, die auf einem Besenstiel reitet. Drinnen sitzt Detlev Kreber gerade beim Mittagessen – Spaghetti Bolo.
Kreber, 47 Jahre, mit seinem Kahlrasiertem Schädel dem Gladbacher Fußball-Urgestein Michael Frontzeck nicht unähnlich, ist Geschäftsführer des Märchenwaldes. Gleichzeitig Chefmechaniker, Hausmeister, Gärtner, Tierpfleger, Eis- und Ticketverkäufer - in Personalunion.
Es war einmal vor 26 Jahren, da kam der gebürtige Kölner während eines Ausflugs mit zwei Freunden hierher. Zunächst heuerte er als Aushilfe an, dann heiratete er die Prinzessin des Märchenlandes, Wilhelmine die Parkbetreibertochter. Seitdem hat sich der „kölsche Jong“ nicht nur zum Jägersmann und großen Liebhaber des bergischen Landes gemausert. Nein, auch das oberbergische Land sei, betont er, von besonderem Liebreiz.
„Jetzt schaut euch aber erstmal um“, beauftragt Kreber die Besucher. „Und dann probiert ihr unsere bergischen Waffeln. Spezialität des Hauses.“ „Belgische Waffeln?!“, fragt der unbedarfte Auswärtige nach. „Nein, bergische. Belgische sind aus Hefeteig mit Ei. Unsere dagegen werden nur mit Butter, Zucker und Mehl zubereitet. Außerdem haben sie eine Ecke mehr, sind dafür aber etwas dünner“, erklärt Kreber.
Mmmmh, klingt ganz nach Zuckerwerk, wie es der König isst. Aber zuerst die Arbeit, also los. Auf dem Vorplatz wartet der Esel streck dich. Mit 20 Cent kann man ihn füttern. Voll kindlicher Begeisterung entrichten wir den Obulus. „Iah, Iah“, schreit der Esel. Das war´s? Normalerweise funktioniert das Goldeselprinzip doch irgendwie anders. Offenbar ist Geiz nun auch hinter den sieben Bergen geil.
„Im Wald selbst brauchen sie keine Münzen mehr“, tröstet Kleber. Wir folgen dem sogenannten Märchenpfad. In Schaukästen, die kleinen Häuschen gleichen, sind die Märchen der Gebrüder Grimm in liebevoll arrangierten Szenen von teils bewegten Puppen dargestellt. Auf Knopfdruck ertönen Musik und ein Erzähltext. Nach fast dreißig Jahren gibt es für Hans ein Wiedersehen mit Hänschens Freunden: Der Gänsemagd, dem Froschkönig, Rosenrot, Schneewittchen nebst Zwergen.
Das Szenario verströmt naiven 60er-Jahre-Rummelplatz-Charme. Eine Wirtschaftswunder-Oase im Reiz-Trommelfeuer des Medienzeitalters. Manche Attraktionen wie Rumpelstilzchen oder Rapunzel erwachen erst auf Zuruf zum Leben. „Hier rufen, Rapunzel lass dein Haar herunter“, steht auf dem Schild. Schnell finden wir heraus, dass es nicht auf den Wortlaut ankommt. Ein gewöhnliches „Hallo“ funktioniert genauso wie beliebige Laute oder schlüpfrige Anrufe. Eine eintreffende Kindergartengruppe verhindert weitere „Dirty-Talk“-Experimente mit Rapunzel.
Nach Verzehr vorzüglicher bergischer Waffeln mit Kirschen und Sahne vom Märchen-Service, dazu ein im Zeitalter der Erlebnisgastronomie ausgestorben geglaubtes Kännchen Kaffee, mahnt die rotbackige Waffelbäckerin Wilhelmine Kreber – die einstige Prinzessin, Sie erinnern sich: „Ihr kommt doch gleich noch zu den Wasserspielen“. „Wasserspiele? Öh, ja sicher.“ Einer solch guten Fee des Waffeleisens kann man doch nichts abschlagen.
Punkt 15 Uhr, Gebrüder Grimm Gedächtnishalle: Zu den Klängen von Donauwalzer und Tschaikowskys Dornröschen öffnet sich der blaue Vorhang. Zu sehen gibt es laut Programm die „vieldimensionale Inspirations-Show aus Tanzenden Fontänen, magischen Licht-Farben und bezaubernder sphärischer Musik.“ Wilhelmine bedient weiß beschürzt die Wasserorgel.
Das technische Wunderwerk von 1956 besteht aus einem Dutzend Gardena-Sprinklern. In den Augen des fernsehverwöhnten Stadtkindes mag die Beschreibung also märchenhafte Übertreibung des Jahrhunderts sein, dem Kutlurpessimisten aber nötigt sie Respekt ab. Wer sich so etwas traut, dem kann keine Innovation der Unterhaltungsindustrie mehr etwas anhaben.
Der Augenblick, die Rückreise anzutreten, ist da. Zurück in den Medienalltag, die große Stadt, die Erwachsenenwelt. Einen kurzen Aufschub gibt es noch. Auf dem Parkplatz wartet die prächtige Fallada.
Der Beitrag erschien in gekürzter Fassung in der Braunschweiger Zeitung.
Dienstag, 31. Mai 2011
Schwere Kost: Dietmar Elflein hat ein dickes Buch über die musikalische Sprache des Heavy Metal geschrieben
Bsssssst...brrrrrrrz...wer hat nur wieder das Radio verstellt? Ssssssssd... ftftftfffft...“Rooooosamunde, schenk' mir dein Herz und sag jaaaaah...“...Brszbrsz...“Can you hear the drums Fernando?“...frzlfrzl...“Back in black, I hit the sack, I've been too long...“...ah, schon besser!
Ganz gleich ob Schlager, Pop oder Rock, wer sagt uns eigentlich, dass wir auf der richtigen Welle liegen, wenn wir auf der Jagd nach unserer Lieblingsmusik am Sender-Suchknopf drehen? Schließlich kennt kein Cowboy jeden Country-Song, kein Freizeit-Travolta sämtliche Disco-Hits und kein Janker-Träger alle Melodien der Volksmusik. Trotzdem weiß nach wenigen Augenblicken jeder, wo er richtig hört.
Die Klangsprache, mit der uns einzelne Stücke ihre Genrezugehörigkeit kundtun, erforscht der Braunschweiger Musik-Ethnologe Dietmar Elflein. Der 47-jährige lehrt populäre Musik am Seminar für Musik und Musikpädagogik der TU. In seinem Buch, „Schwermetallanalysen“, macht er sich an die Entschlüsselung eines besonders harten Zungenschlags: Heavy Metal.
„Hip Hop, Hard Core, Techno, Indie Rock, jeder dieser Begriffe löst bei mir musikalische Assoziationen aus“, sagt Elflein. „Ich erwarte nahezu zwingend, dass ein Techno Track bestimmte rhythmische, harmonische und klangliche Qualitäten sowie einen spezifischen zeitlichen Ablauf hat. Diese Erwartungshorizonte und Kompositionsmodelle interessieren mich.“
Akribisch hat Elflein Kompositionsstrategien, Strukturformen, Klangcharakteristika, Ensemblespiel und rhythmische Eigenheiten harter Rock-Musik untersucht. Als Forschungsgegenstand dienen ihm Bands, die das Genre geprägt haben. Grundlage sind Hitlisten in Musik-Magazinen. Elflein arbeitet also mit Platten, die Leute, die auf Heavy Metal stehen, mit auf eine einsame Insel nähmen. Ausgewählt hat er sie an Hand von Hitlisten in Fach-Magazinen. Anders gesagt: Elflein hat diejenigen Platten ausgewertet, welche Leute, die auf Heavy Metal stehen, mit auf die einsame Insel nähmen. Dazu gehören insbesondere solche von Black Sabbath, Judas Priest, Iron Maiden, Metallica, Megadeth und Slayer.
Nach tausenden Stunden Musikhören haben Elfleins Untersuchungen für Nicht-Metal-Adepten erstaunliches zutage gefördert: Die oft als dumpfe, Bier saufende Kopfschüttler in schlecht sitzenden Jeanswesten verschrieenen Metal-Fans sind musikalisch anspruchsvoller als Pop- oder Rockfans. Headbanger mögen keine konventionellen Vers-Chorus-Lied-Strukturen, präferieren eine größere Anzahl unterschiedlicher Riffs in einem Song und verlangen von ihren Helden eine virtuose Beherrschung ihrer Instrumente.
„In der Metal-Szene herrscht eine rebellische Grundhaltung. Man fühlt sich von der Außenwelt – oft zu Recht – als abschätzig beurteilt, und will es eben anders machen, sich abgrenzen“, erklärt Elflein die metallische Befindlichkeit.
Auf gut dreihundert Seiten liefert Elflein viele interessante Details, die er aus dem Traditionsstrom des Heavy-Metal gefischt hat: Die aus dem Blues abgleitete Reihenstruktur vieler Songs, die Entstehung des Power-Chords oder die Herausbildung und Stellenwert der in Tonlage und Klangfarbe oft extremen Singstimme.
En passant erklärt der Metalurge auch noch einige bandspezifische Schrullen: Die rhythmischen Feinheiten des „Iron-Maiden-Galopps“ etwa. Warum Motörhead-Sänger Lemmy Kilmister recht hat, wenn er wie seit Jahrzehnten steif und fest behauptet seine Band spiele in Wahrheit klassischen Rock´n´Roll oder die Erfinder des langsam dahinfließenden Lava-Riffs, Black Sabbath, eine Vorliebe für den auch „Teufelsakkord“ genannten Tritonus hegten.
„Die ultimative Heavy-Metal-Formel kann ich Ihnen trotzdem nicht an die Tafel malen“, bekennt der Metalurge. „Aber ich würde schon sagen, dass verzerrte Gitarren, eine Dominanz der Rhythmik über die Melodie und ein virtuoses Schlagzeug dazugehören.“
Für den Fan und Genre-Kenner bringt die Lektüre wenig neues, aber zahlreiche Aha-Erlebnisse. Vieles ist einem beim Musik-Hören schon selbst aufgefallen, in worte fasen konnte man es aber nie. Musik-Laien werden vor allem die vielen Notentranskriptionen kaum etwas sagen, dazwischen findet sich aber noch genügend unterhaltsam und verständlich aufbereitetes Material zur Ehrenrettung einer oft belächelten Stilrichtung.
Mit seinen „Schwermetallanalysen“ hat Elflein auch außerhalb der Metal-Gemeinde Interesse weckt. Und das nicht nur in den Feuilletons der großen Tageszeitungen: „Seit das Buch draußen ist, bekomme ich häufig Einladungen zu Chemie-Kongressen.
Ganz gleich ob Schlager, Pop oder Rock, wer sagt uns eigentlich, dass wir auf der richtigen Welle liegen, wenn wir auf der Jagd nach unserer Lieblingsmusik am Sender-Suchknopf drehen? Schließlich kennt kein Cowboy jeden Country-Song, kein Freizeit-Travolta sämtliche Disco-Hits und kein Janker-Träger alle Melodien der Volksmusik. Trotzdem weiß nach wenigen Augenblicken jeder, wo er richtig hört.
Die Klangsprache, mit der uns einzelne Stücke ihre Genrezugehörigkeit kundtun, erforscht der Braunschweiger Musik-Ethnologe Dietmar Elflein. Der 47-jährige lehrt populäre Musik am Seminar für Musik und Musikpädagogik der TU. In seinem Buch, „Schwermetallanalysen“, macht er sich an die Entschlüsselung eines besonders harten Zungenschlags: Heavy Metal.
„Hip Hop, Hard Core, Techno, Indie Rock, jeder dieser Begriffe löst bei mir musikalische Assoziationen aus“, sagt Elflein. „Ich erwarte nahezu zwingend, dass ein Techno Track bestimmte rhythmische, harmonische und klangliche Qualitäten sowie einen spezifischen zeitlichen Ablauf hat. Diese Erwartungshorizonte und Kompositionsmodelle interessieren mich.“
Akribisch hat Elflein Kompositionsstrategien, Strukturformen, Klangcharakteristika, Ensemblespiel und rhythmische Eigenheiten harter Rock-Musik untersucht. Als Forschungsgegenstand dienen ihm Bands, die das Genre geprägt haben. Grundlage sind Hitlisten in Musik-Magazinen. Elflein arbeitet also mit Platten, die Leute, die auf Heavy Metal stehen, mit auf eine einsame Insel nähmen. Ausgewählt hat er sie an Hand von Hitlisten in Fach-Magazinen. Anders gesagt: Elflein hat diejenigen Platten ausgewertet, welche Leute, die auf Heavy Metal stehen, mit auf die einsame Insel nähmen. Dazu gehören insbesondere solche von Black Sabbath, Judas Priest, Iron Maiden, Metallica, Megadeth und Slayer.
Nach tausenden Stunden Musikhören haben Elfleins Untersuchungen für Nicht-Metal-Adepten erstaunliches zutage gefördert: Die oft als dumpfe, Bier saufende Kopfschüttler in schlecht sitzenden Jeanswesten verschrieenen Metal-Fans sind musikalisch anspruchsvoller als Pop- oder Rockfans. Headbanger mögen keine konventionellen Vers-Chorus-Lied-Strukturen, präferieren eine größere Anzahl unterschiedlicher Riffs in einem Song und verlangen von ihren Helden eine virtuose Beherrschung ihrer Instrumente.
„In der Metal-Szene herrscht eine rebellische Grundhaltung. Man fühlt sich von der Außenwelt – oft zu Recht – als abschätzig beurteilt, und will es eben anders machen, sich abgrenzen“, erklärt Elflein die metallische Befindlichkeit.
Auf gut dreihundert Seiten liefert Elflein viele interessante Details, die er aus dem Traditionsstrom des Heavy-Metal gefischt hat: Die aus dem Blues abgleitete Reihenstruktur vieler Songs, die Entstehung des Power-Chords oder die Herausbildung und Stellenwert der in Tonlage und Klangfarbe oft extremen Singstimme.
En passant erklärt der Metalurge auch noch einige bandspezifische Schrullen: Die rhythmischen Feinheiten des „Iron-Maiden-Galopps“ etwa. Warum Motörhead-Sänger Lemmy Kilmister recht hat, wenn er wie seit Jahrzehnten steif und fest behauptet seine Band spiele in Wahrheit klassischen Rock´n´Roll oder die Erfinder des langsam dahinfließenden Lava-Riffs, Black Sabbath, eine Vorliebe für den auch „Teufelsakkord“ genannten Tritonus hegten.
„Die ultimative Heavy-Metal-Formel kann ich Ihnen trotzdem nicht an die Tafel malen“, bekennt der Metalurge. „Aber ich würde schon sagen, dass verzerrte Gitarren, eine Dominanz der Rhythmik über die Melodie und ein virtuoses Schlagzeug dazugehören.“
Für den Fan und Genre-Kenner bringt die Lektüre wenig neues, aber zahlreiche Aha-Erlebnisse. Vieles ist einem beim Musik-Hören schon selbst aufgefallen, in worte fasen konnte man es aber nie. Musik-Laien werden vor allem die vielen Notentranskriptionen kaum etwas sagen, dazwischen findet sich aber noch genügend unterhaltsam und verständlich aufbereitetes Material zur Ehrenrettung einer oft belächelten Stilrichtung.
Mit seinen „Schwermetallanalysen“ hat Elflein auch außerhalb der Metal-Gemeinde Interesse weckt. Und das nicht nur in den Feuilletons der großen Tageszeitungen: „Seit das Buch draußen ist, bekomme ich häufig Einladungen zu Chemie-Kongressen.
Sonntag, 1. Mai 2011
Stil-Wirrsal mit Waltari
Gäbe es eine Skala von eins bis zehn, die den Verschmelzungsgrad verschiedener Musik-Genres anzeigte, die Klänge von Waltari hätten den Wert elf. Bei ihrem Konzert in der Meier Music Hall bedient sich die Band nahezu aller denkbaren - sowie undenkbaren - Stile der Rockmusik. Die Finnen kombinieren (oder sollte man sagen bastardisieren?) Elemente von Metal, Rap, Dancefloor, Industrial, Rock, Rap und Pop, klassischer sowie progressiver Musik.
Während der innovationsfreudigen 90er Jahre feierten Waltari mit diesem scheinbaren musikalischen Wirrsal, die sich bei genauerem Studium als Spiegel des Schellingschen Widerstreits zwischen apollinischem und dionysischem Prinzip, der Ordnung und dem rauschhaft alle Formen sprengenden Schöpfungsdrang, offenbart, regelmäßig Charts-Triumphe. Zu ihrer 25-Jahr-Tour kamen am Montag nur noch geschätzte 250 Anhänger.
Einerlei, in Stimmung gebracht werden die Anwesenden von Lord Bishop Rocks. Auch hier Crossover im Überfluss: Der schwarze Zwei-Meter-Hüne aus New York an der Gitarre liefert mit seinen zwei Mitstreitern eine eigentümliche Melange aus Heavy-Rock, Funk, Soul, nebst Politik, Drogen, Sex und Liebesbekundungen. Mit breitkrempigem bunten Hut und 70er-Zuhälterfummel legt er dabei einen ähnlich bizarren Bekleidungsstil wie Funk-Paradiesvogel Bootsy Collins an den Tag.
Die Show von Waltari steht dagegen zunächst unter keinem guten Stern: Angefangen beim schepprigen Sound wird das Quintett von mannigfaltigen technischen Problemen heimgesucht. Mal geht der Bass von Frontmann Kärtsy Hatakka nicht, mal versagt der Sender von Gitarrist Jari Lehtinen seinen Dienst. Wir haben hier "Technical Ecstasy", sagt Hatakka in Anspielung auf das gleichnamige Black Sabbath Album - für viele das schlechteste.
Doch die Band lässt sich nicht verdrießen, und spätestens beim poppig treibenden "Atmosfear" hat sie ihre Technik und auch das Publikum im Griff. Über üble Grindcore-Attacken ("Let's Get Crucified"), die Humppa genannte finnische Variante des Foxtrotts ("Piggy In The Middle") bis hin zu Kirmes-Techno ("So Fine!") geht die muntere Parforcejagd.
Jetzt hüpft Lehtinen quietschfidel das Drumpodest rauf und runter, Keyboarder Janne Immonen nutzt den Trockeneis-Nebel, um "unauffällig" eine zu rauchen. So sind die Finnen. Ein Scheinwerferstrahl lässt Kärtsy Hatakkas Gesicht wie das des Comic-Schurken Two Face aussehen. Apoll und Dionys in einer Person. Als Rausschmeißer gibt es Madonnas Kieks-Hymne "Vogue". Das ist genau, was man von einer Metal-Band erwartet - aber nur, wenn sie Waltari heißt.
Dieser Text erschien am 27.4. in der Braunschweiger Zeitung.
Während der innovationsfreudigen 90er Jahre feierten Waltari mit diesem scheinbaren musikalischen Wirrsal, die sich bei genauerem Studium als Spiegel des Schellingschen Widerstreits zwischen apollinischem und dionysischem Prinzip, der Ordnung und dem rauschhaft alle Formen sprengenden Schöpfungsdrang, offenbart, regelmäßig Charts-Triumphe. Zu ihrer 25-Jahr-Tour kamen am Montag nur noch geschätzte 250 Anhänger.
Einerlei, in Stimmung gebracht werden die Anwesenden von Lord Bishop Rocks. Auch hier Crossover im Überfluss: Der schwarze Zwei-Meter-Hüne aus New York an der Gitarre liefert mit seinen zwei Mitstreitern eine eigentümliche Melange aus Heavy-Rock, Funk, Soul, nebst Politik, Drogen, Sex und Liebesbekundungen. Mit breitkrempigem bunten Hut und 70er-Zuhälterfummel legt er dabei einen ähnlich bizarren Bekleidungsstil wie Funk-Paradiesvogel Bootsy Collins an den Tag.
Die Show von Waltari steht dagegen zunächst unter keinem guten Stern: Angefangen beim schepprigen Sound wird das Quintett von mannigfaltigen technischen Problemen heimgesucht. Mal geht der Bass von Frontmann Kärtsy Hatakka nicht, mal versagt der Sender von Gitarrist Jari Lehtinen seinen Dienst. Wir haben hier "Technical Ecstasy", sagt Hatakka in Anspielung auf das gleichnamige Black Sabbath Album - für viele das schlechteste.
Doch die Band lässt sich nicht verdrießen, und spätestens beim poppig treibenden "Atmosfear" hat sie ihre Technik und auch das Publikum im Griff. Über üble Grindcore-Attacken ("Let's Get Crucified"), die Humppa genannte finnische Variante des Foxtrotts ("Piggy In The Middle") bis hin zu Kirmes-Techno ("So Fine!") geht die muntere Parforcejagd.
Jetzt hüpft Lehtinen quietschfidel das Drumpodest rauf und runter, Keyboarder Janne Immonen nutzt den Trockeneis-Nebel, um "unauffällig" eine zu rauchen. So sind die Finnen. Ein Scheinwerferstrahl lässt Kärtsy Hatakkas Gesicht wie das des Comic-Schurken Two Face aussehen. Apoll und Dionys in einer Person. Als Rausschmeißer gibt es Madonnas Kieks-Hymne "Vogue". Das ist genau, was man von einer Metal-Band erwartet - aber nur, wenn sie Waltari heißt.
Dieser Text erschien am 27.4. in der Braunschweiger Zeitung.
Samstag, 16. April 2011
Rock vom netten Mitbewohner
„Ich hab dich immer geliebt / aber eben auf ne' ruhige Art und Weise“, singt Bosse in seinem Song „Liebe ist leise“. Am Schluss heißt es da: „Liebe ist kein Rock'n'Roll“.
Diese Zeilen sagen viel aus über Axel Bosse. Der gebürtige Braunschweiger pflegt eine Art Wohngemeinschafts-Rock. Der ist zwar nicht gerade eindimensional, eckt aber auch nirgends an. Bosse ist – wie sagt man heute? – breit aufgestellt: In der seit Wochen ausverkauften Meier Music Hall drängen sich Indie-Mädchen in Leggins und Strickjacken genauso wie zum Sonntagskaffee bei den Eltern rausgeputzte Wirtschaftsingenieure.
Sicher, es gibt Leute, die der Ansicht sind, respektabler Rock'n'Roll sei keiner – aber jetzt mal ehrlich: Wer will sich mit den Sexpistols dauerhaft eine Butze teilen? Bosse dagegen ist gleichsam der Typus Mitbewohner, der ständig zusammen kochen will. Manchmal nervt das – besonders wenn man gerade mehr Lust auf Dosenbier und schmutzige Filme hat –, aber dafür hört er zu, wenn mit der Freundin mal wieder Stress ist.
Bosse weiß genau, wie er rüberkommt, und versucht gar nicht erst, einen auf coolen Hipster zu machen. Sein graues Schlabber-Shirt betont die schnell größer werdenden Schweißflecken, und als er sich von den überschwänglichen Publikumsreaktionen enthusiasmiert zu einem „Rockstar-Yeah“ hinreißen lässt, muss der Axel selber lachen.
Unterschätzen sollte man den Künstler Bosse aber keineswegs. Zeilen wie „Ich stell alles in Frage / nur nicht ein Wort aus deinem Mund / Steh ich besoffen im Regen / bist du die Nachtapotheke“ sind so bestechend einfach wie schön. „Sommer lang“, vorgetragen im Duett mit Valeska Steiner von der Vorgruppe Boy, ist gar so ergreifend, dass es Augen-Inkontinenz auslöst.
Das Übrige tut die klasse Band. Jenseits vom üblichen Indiepop-Einheitsbrei fahren die Musiker eine Vielzahl von rhythmischen und klanglichen Variationen von NDW über No Wave bis Soul auf.
Fazit: Es muss nicht immer weh tun, um schön zu sein. Bosse berührt manchmal an komischen Stellen, aber er berührt.
Diese Zeilen sagen viel aus über Axel Bosse. Der gebürtige Braunschweiger pflegt eine Art Wohngemeinschafts-Rock. Der ist zwar nicht gerade eindimensional, eckt aber auch nirgends an. Bosse ist – wie sagt man heute? – breit aufgestellt: In der seit Wochen ausverkauften Meier Music Hall drängen sich Indie-Mädchen in Leggins und Strickjacken genauso wie zum Sonntagskaffee bei den Eltern rausgeputzte Wirtschaftsingenieure.
Sicher, es gibt Leute, die der Ansicht sind, respektabler Rock'n'Roll sei keiner – aber jetzt mal ehrlich: Wer will sich mit den Sexpistols dauerhaft eine Butze teilen? Bosse dagegen ist gleichsam der Typus Mitbewohner, der ständig zusammen kochen will. Manchmal nervt das – besonders wenn man gerade mehr Lust auf Dosenbier und schmutzige Filme hat –, aber dafür hört er zu, wenn mit der Freundin mal wieder Stress ist.
Bosse weiß genau, wie er rüberkommt, und versucht gar nicht erst, einen auf coolen Hipster zu machen. Sein graues Schlabber-Shirt betont die schnell größer werdenden Schweißflecken, und als er sich von den überschwänglichen Publikumsreaktionen enthusiasmiert zu einem „Rockstar-Yeah“ hinreißen lässt, muss der Axel selber lachen.
Unterschätzen sollte man den Künstler Bosse aber keineswegs. Zeilen wie „Ich stell alles in Frage / nur nicht ein Wort aus deinem Mund / Steh ich besoffen im Regen / bist du die Nachtapotheke“ sind so bestechend einfach wie schön. „Sommer lang“, vorgetragen im Duett mit Valeska Steiner von der Vorgruppe Boy, ist gar so ergreifend, dass es Augen-Inkontinenz auslöst.
Das Übrige tut die klasse Band. Jenseits vom üblichen Indiepop-Einheitsbrei fahren die Musiker eine Vielzahl von rhythmischen und klanglichen Variationen von NDW über No Wave bis Soul auf.
Fazit: Es muss nicht immer weh tun, um schön zu sein. Bosse berührt manchmal an komischen Stellen, aber er berührt.
Schlager ist auch nur Heavy Metal
„Schenk mir einen Stern“, wünscht sich Schlagersängerin Andrea Berg in einem ihrer Lieder. Ich als Bewohner des Planet Rock, die Schuhe spitz, die Jacke aus Leder, die Trommelfelle gegerbt von Motörhead und Black Sabbath, bin da erstmal überfordert. Zwischen dem Bergschen Liebesuniversum und der Raumkapsel von Ziggy Stardust liegen schließlich Galaxien. Oder nicht?
An der Absperrung vor der ausverkauften Volkswagen-Halle in Braunschweig stapeln sich leere Getränkebehälter. Ein von Festivals geläufiges Bild. Nur sind es hier Proseccöchen statt Bierdosen. Drinnen laufen Menschen mit blinkendem Kopfschmuck umher. Man kennt das von AC/DC-Konzerten, auch wenn es heute flokatibewehrte Hasenohren statt Teufelshörner sind. Der Altersdurchschnitt liegt zwanzig Jahre unter dem einer Rolling Stones-Show – die Frauen sind nur ordentlicher nagezogen, vielleicht sogar hübscher.
Plötzlich ein Glockenschlag, „Hells Bells“? Nein, nur der Saalgong. Das Licht verlischt, der Vorhang hebt sich. Die weiß gewandete Band spielt in einer Art orientalischem Palast-Ambiente, von der Decke schwebt im überdimensionalen Vogelkäfig eine Geigerin, in einer Nebelwolke entsteigt dem Boden des Laufstegs in der Hallenmitte: Andrea Berg. Kiss machens genauso.
Die Haare rot, die Beine lang, ist die 45-Jährige im kurzen bunten Wickelkleid gewohnt sparsam gekleidet. Berg geht gleich in die vollen: Hits wie „Kilimandscharo“, „Die Gefühle haben Schweigepflicht“ und „Du hast mich tausendmal belogen“ bringen die Fans in Wallung.
Richtig heiß wird es, als sie, nur in ein aus schmalen Lederkrawatten lose zusammengeschnürtes Nichts gehüllt, mit der Harley auf die Bühne fährt. Da kann der Erfinder des Motorrad-Effekts, Judas Priester Rob Halford, schon rein körperlich nicht mithalten. Textzeilen wie „Ein Tag mit dir im Paradies ist mir die Hölle wert“ erwachen da so richtig zum Leben.
Ok, die ganz harte Tour fährt Andrea Berg nicht. Ihre Musiker stellt sie als „süße Schnuckelchen vor“, in den Ansagen ist viel von Liebe die Rede und auf Dauer nervt der ewig gleiche Discofox-Rhythmus. Irgendwie fehlt dem Schlager halt doch die rebellische Note. Obwohl, als im Jugendzimmer mal lautstark Frank Zanders „Oh Susi“ lief, forderte mein Vater, „mach den Mist leiser“.
An der Absperrung vor der ausverkauften Volkswagen-Halle in Braunschweig stapeln sich leere Getränkebehälter. Ein von Festivals geläufiges Bild. Nur sind es hier Proseccöchen statt Bierdosen. Drinnen laufen Menschen mit blinkendem Kopfschmuck umher. Man kennt das von AC/DC-Konzerten, auch wenn es heute flokatibewehrte Hasenohren statt Teufelshörner sind. Der Altersdurchschnitt liegt zwanzig Jahre unter dem einer Rolling Stones-Show – die Frauen sind nur ordentlicher nagezogen, vielleicht sogar hübscher.
Plötzlich ein Glockenschlag, „Hells Bells“? Nein, nur der Saalgong. Das Licht verlischt, der Vorhang hebt sich. Die weiß gewandete Band spielt in einer Art orientalischem Palast-Ambiente, von der Decke schwebt im überdimensionalen Vogelkäfig eine Geigerin, in einer Nebelwolke entsteigt dem Boden des Laufstegs in der Hallenmitte: Andrea Berg. Kiss machens genauso.
Die Haare rot, die Beine lang, ist die 45-Jährige im kurzen bunten Wickelkleid gewohnt sparsam gekleidet. Berg geht gleich in die vollen: Hits wie „Kilimandscharo“, „Die Gefühle haben Schweigepflicht“ und „Du hast mich tausendmal belogen“ bringen die Fans in Wallung.
Richtig heiß wird es, als sie, nur in ein aus schmalen Lederkrawatten lose zusammengeschnürtes Nichts gehüllt, mit der Harley auf die Bühne fährt. Da kann der Erfinder des Motorrad-Effekts, Judas Priester Rob Halford, schon rein körperlich nicht mithalten. Textzeilen wie „Ein Tag mit dir im Paradies ist mir die Hölle wert“ erwachen da so richtig zum Leben.
Ok, die ganz harte Tour fährt Andrea Berg nicht. Ihre Musiker stellt sie als „süße Schnuckelchen vor“, in den Ansagen ist viel von Liebe die Rede und auf Dauer nervt der ewig gleiche Discofox-Rhythmus. Irgendwie fehlt dem Schlager halt doch die rebellische Note. Obwohl, als im Jugendzimmer mal lautstark Frank Zanders „Oh Susi“ lief, forderte mein Vater, „mach den Mist leiser“.
Samstag, 19. März 2011
Zerstörung nach Maß - Overkill und Destruction brutalisieren Braunschweig
„Wer war da, als wir das letzte hier gespielt haben“, ruft Destruction-Shouter „Schmier“ den Leuten in der Meier Music Hall zu. Sechs zeigen auf. Doch nicht mangelnde Popularität der Band ist Ursache des mageren Umfrageergebnisses: Das letzte Gastspiel der badischen Thrash-Veteranen datiert 1984.
Von jugendlichem Ungestüm ist die gesamte Veranstaltung ohnehin nicht geprägt: Die als Anheizer fungierenden Metal-Belgier After All gründeten sich Mitte der 90-er Jahre und Heathen aus den USA zählen zu den Vorreitern der Frühachtziger Thrash-Offensive.
Damals potenzierten Musiker beiderseits des Atlantiks die Energie des Punk mit der Wucht des Metal zu einer schwermetallischen Legierung, die beträchtliche Durchschlagskraft entwickelte.
Zu diesen Pionieren können sich auch erwähnter Schmier und seine Mitstreiter zählen. 1982 im südbadischen Weil am Rhein gegründet bilden Destruction gemeinsam mit den Ruhrpöttlern Kreator und Sodom seither das klassische deutsche Thrash-Dreigestirn.
Ohne zu Zögern belegen Destruction die Music Hall mit einem Teutonen-Thrash-Trommelfeuer erster Kategorie und bedrängen mit hämmernden Baden-Beats das hilflose Publikum. Rücksichtslos werden Hits der letzten drei Dekaden wie „Bestial Invasion“, „Thrash ´til Death“, „The Butcher Strikes Back“ oder „D.E.V.O.L.U.T.I.O.N.“ durchgepeitscht. Destruction haben sichtlich Freude an diesem Zerstörungswerk nach Maß. Enthusiasmiert verspricht Schmier spätestens in zwanzig Jahren „notfalls im Rollstuhl“ wiederzukommen.
Kommen wir zum Hauptprogrammpunkt des Abends, Overkill. Sie gehören zu den letzten Volkstribunen der einst vitalen Thrash-Bewegung. Anders als die arrivierten Metallica, Slayer, Anthrax und Megadeth, die mit der „Big Four“-Tour durch die Welt ziehen. Overkill selbst jedenfalls wirken quicklebendig. Allen voran Sanges-Derwisch Bobby „Blitz“ Ellsworth. Wild gestikulierend durchmisst der nimmermüde fast 52-Jährige sein Bühnenreich. Kein Gramm Fett trägt Ellsworth am Körper, dafür aber ein paar dezente Tätowierungen. Stimmlich ist er noch immer eine Zierde seiner Zunft.
Wie der Fahrtwind eines vorbeirasenden ICE reißen stürmisch vorgetragene Gassenhauer wie „Rotten to the Core“, „Welcome to the Gutter“, „Ironbound“ und der Evergreen „Fuck You“ mit. Zwischendurch gibt es immer wieder Ausflüge in Overkill-typische melodische Gefilde und eine warme Sounddusche des blind harmonierenden Gitarren-Duos Dave Linsk und Derek Tailer. Das vergessen selbst die sechs Aufrechten von 1984 die Bedrückungen des Alters. Overkill beweisen: Altmetall rostet doch nicht.
Diese Kritik erschien am 19.03. in der Braunschweiger Zeitung.
Von jugendlichem Ungestüm ist die gesamte Veranstaltung ohnehin nicht geprägt: Die als Anheizer fungierenden Metal-Belgier After All gründeten sich Mitte der 90-er Jahre und Heathen aus den USA zählen zu den Vorreitern der Frühachtziger Thrash-Offensive.
Damals potenzierten Musiker beiderseits des Atlantiks die Energie des Punk mit der Wucht des Metal zu einer schwermetallischen Legierung, die beträchtliche Durchschlagskraft entwickelte.
Zu diesen Pionieren können sich auch erwähnter Schmier und seine Mitstreiter zählen. 1982 im südbadischen Weil am Rhein gegründet bilden Destruction gemeinsam mit den Ruhrpöttlern Kreator und Sodom seither das klassische deutsche Thrash-Dreigestirn.
Ohne zu Zögern belegen Destruction die Music Hall mit einem Teutonen-Thrash-Trommelfeuer erster Kategorie und bedrängen mit hämmernden Baden-Beats das hilflose Publikum. Rücksichtslos werden Hits der letzten drei Dekaden wie „Bestial Invasion“, „Thrash ´til Death“, „The Butcher Strikes Back“ oder „D.E.V.O.L.U.T.I.O.N.“ durchgepeitscht. Destruction haben sichtlich Freude an diesem Zerstörungswerk nach Maß. Enthusiasmiert verspricht Schmier spätestens in zwanzig Jahren „notfalls im Rollstuhl“ wiederzukommen.
Kommen wir zum Hauptprogrammpunkt des Abends, Overkill. Sie gehören zu den letzten Volkstribunen der einst vitalen Thrash-Bewegung. Anders als die arrivierten Metallica, Slayer, Anthrax und Megadeth, die mit der „Big Four“-Tour durch die Welt ziehen. Overkill selbst jedenfalls wirken quicklebendig. Allen voran Sanges-Derwisch Bobby „Blitz“ Ellsworth. Wild gestikulierend durchmisst der nimmermüde fast 52-Jährige sein Bühnenreich. Kein Gramm Fett trägt Ellsworth am Körper, dafür aber ein paar dezente Tätowierungen. Stimmlich ist er noch immer eine Zierde seiner Zunft.
Wie der Fahrtwind eines vorbeirasenden ICE reißen stürmisch vorgetragene Gassenhauer wie „Rotten to the Core“, „Welcome to the Gutter“, „Ironbound“ und der Evergreen „Fuck You“ mit. Zwischendurch gibt es immer wieder Ausflüge in Overkill-typische melodische Gefilde und eine warme Sounddusche des blind harmonierenden Gitarren-Duos Dave Linsk und Derek Tailer. Das vergessen selbst die sechs Aufrechten von 1984 die Bedrückungen des Alters. Overkill beweisen: Altmetall rostet doch nicht.
Diese Kritik erschien am 19.03. in der Braunschweiger Zeitung.
Donnerstag, 17. März 2011
Und dann brach das völlige Kyuss aus - Die wiedervereinigten Stoner-Rock-Pioniere feiern einenTriumph beim Tour-Auftakt in Hamburg
Bemäße sich die künstlerische Relevanz einer Band an Anzahl und Größe der im Publikum kursierenden Joints, wäre beim Tourstart von Kyuss Lives! im Hamburger Club Docks schon vor dem ersten Akkord klar gewesen, dass das ein ganz großer Abend wird. Immerhin handelt es sich bei den Kaliforniern um die ungekrönten Könige des sogenannten Stoner-Rock, wobei Teil eins dieses Kompositums nicht auf Steine verweist.
Doch zunächst: Rückblende oder, um in der Drogenmetaphorik zu bleiben, Flashback. Zwischen 1992 und 95 veröffentlichen vier Jungs aus Palm Desert, einer Art amerikanischer Entsprechung von Bad Salzuflen, drei Alben von Weltgeltung.
Die Einzigartigkeit der Musik von Josh Homme (Gitarre), John Garcia (Gesang), Nick Oliveri (Bass) und Brant Bjork (Schlagzeug) manifestiert sich dabei in einem bluesig-psychedelischen Etwas, das beim Zuhörer mittels repetitiver mit Wahwahs und Flangern unterlegter Gitarren-Riffs, skurriler Breaks und nicht zuletzt Garcias wildkatzenhafter Stimmleistung stark rauschhafte Ekstase-Effekte erzielt. Ähnliches kann die Nachwelt allenfalls noch bei technoiden Rave-Veranstalungen erleben.
Nach der Auflösung 1995 zerstreuen sich die Mitglieder in alle vier Winde. Am meisten macht Josh Homme mit seiner Band Queens of the Stone Age von sich reden. 2011 gehen mit Garcia, Oliveri und Bjork 75 Prozent der Urbesetzung als Kyuss Lives! wieder gemeinsam auf Europa-Tour.
Damit zurück zum Geschehen: Das rund 1200 Besucher fassende Docks ist zum bersten gefüllt. Eine oberflächliche Schätzung des Altersschnitts ergibt: Die meisten könnten das Original noch live erlebt haben. Etwaige Leichenschändungsdiskussionen ersticken Kyuss Lives! aber im Keim. Kaum legen Oliveri, Björk und Homme-Platzhalter Bruno Fevery – Homme selbst widerstand allem Wiedervereinigungswerben – los, recken sich unzählige Fäuste in die wabernden Rauchschwaden. Schon nach den ersten Takten brechen erste Rempeltänze aus.
Und dann kommt Er. Garcia, leicht übergewichtig, Pferdeschwanz, riesige Sonnenbrille, Goldkettchen, ganz in Schwarz, ein Urbild des Rockstars im reiferen Alter. Gesanglich hat der 42-Jährige aber nicht nachgelassen. Nur mit dem Heben einer Augenbraue wickelt er das Stoner-Volk um den fleischigen Finger. Viele worte sind da nicht mehr von Nöten.
Von der sprichwörtlichen hanseatischen Zurückhaltung ist nichts zu merken. Unentwegt wirbeln selig lächelnde verschwitzte Gesichter im Soundinferno umeinander. Mit immer machtvolleren Rocksalven befeuern Kyuss Lives! die Tanzwut unentwegt. Nein, auf dieser Bühne sind keine Erbschleicher am Werk, sondern geniale Wiedergänger ihrer Selbst. Selten sind sie, solche Augenblicke der magischen Symbiose zwischen Musikern und den Adressaten ihrer Kunst.
Wehe Dir, Josh Homme! Da kann das Visions die Rettung des Rock`n`Roll durch Deine Projekte weiter beschwören. Während andere Magie treiben, spielst du den Zauberlehrling.
Doch zunächst: Rückblende oder, um in der Drogenmetaphorik zu bleiben, Flashback. Zwischen 1992 und 95 veröffentlichen vier Jungs aus Palm Desert, einer Art amerikanischer Entsprechung von Bad Salzuflen, drei Alben von Weltgeltung.
Die Einzigartigkeit der Musik von Josh Homme (Gitarre), John Garcia (Gesang), Nick Oliveri (Bass) und Brant Bjork (Schlagzeug) manifestiert sich dabei in einem bluesig-psychedelischen Etwas, das beim Zuhörer mittels repetitiver mit Wahwahs und Flangern unterlegter Gitarren-Riffs, skurriler Breaks und nicht zuletzt Garcias wildkatzenhafter Stimmleistung stark rauschhafte Ekstase-Effekte erzielt. Ähnliches kann die Nachwelt allenfalls noch bei technoiden Rave-Veranstalungen erleben.
Nach der Auflösung 1995 zerstreuen sich die Mitglieder in alle vier Winde. Am meisten macht Josh Homme mit seiner Band Queens of the Stone Age von sich reden. 2011 gehen mit Garcia, Oliveri und Bjork 75 Prozent der Urbesetzung als Kyuss Lives! wieder gemeinsam auf Europa-Tour.
Damit zurück zum Geschehen: Das rund 1200 Besucher fassende Docks ist zum bersten gefüllt. Eine oberflächliche Schätzung des Altersschnitts ergibt: Die meisten könnten das Original noch live erlebt haben. Etwaige Leichenschändungsdiskussionen ersticken Kyuss Lives! aber im Keim. Kaum legen Oliveri, Björk und Homme-Platzhalter Bruno Fevery – Homme selbst widerstand allem Wiedervereinigungswerben – los, recken sich unzählige Fäuste in die wabernden Rauchschwaden. Schon nach den ersten Takten brechen erste Rempeltänze aus.
Und dann kommt Er. Garcia, leicht übergewichtig, Pferdeschwanz, riesige Sonnenbrille, Goldkettchen, ganz in Schwarz, ein Urbild des Rockstars im reiferen Alter. Gesanglich hat der 42-Jährige aber nicht nachgelassen. Nur mit dem Heben einer Augenbraue wickelt er das Stoner-Volk um den fleischigen Finger. Viele worte sind da nicht mehr von Nöten.
Von der sprichwörtlichen hanseatischen Zurückhaltung ist nichts zu merken. Unentwegt wirbeln selig lächelnde verschwitzte Gesichter im Soundinferno umeinander. Mit immer machtvolleren Rocksalven befeuern Kyuss Lives! die Tanzwut unentwegt. Nein, auf dieser Bühne sind keine Erbschleicher am Werk, sondern geniale Wiedergänger ihrer Selbst. Selten sind sie, solche Augenblicke der magischen Symbiose zwischen Musikern und den Adressaten ihrer Kunst.
Wehe Dir, Josh Homme! Da kann das Visions die Rettung des Rock`n`Roll durch Deine Projekte weiter beschwören. Während andere Magie treiben, spielst du den Zauberlehrling.
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