Noch voll im (Gemüse)Saft: Die original Dead Kennedys mit Jello Biafra. |
„Wisst ihr, in der Punk-Szene geht es darum, die Leute
zusammenzubringen“, sagt Skip Greer. Ein kluger Satz, der aber gerade von den
musikalischen Paten der Szene eher selten beherzigt wird: Von Black Flag ziehen
zwei Versionen durch die Lande, bei den Cro-Mags gehen die verfeindeten Lager
mit Messern aufeinander los und Ramones-Feldwebel Johnny weigerte sich einst
sogar, seinen langjährigen Kollegen Joey am Sterbebett zu besuchen (allein bei den Misfits scheint nach
Jahrzehnten wieder etwas Harmonie eingekehrt zu sein). Und Greer selbst steht
an diesem Samstag, 22. Oktober, im Substage mit den Dead Kennedys auf der Bühne
– anstelle des ikonischen Jello Biafra.
Nun sind die Quasi-Erfinder des politischen Hardcore nicht
die einzige Band der Rockgeschichte, die den Verlust eines fundamental
wichtigen Bandmitgliedes zu verkraften hatte. Um diesen Punkt also gleich
zu Beginn abzuhaken: Greer hat seinen
Job als Ersatzspieler auf dieser symbolträchtigen Frontmannposition erledigt,
ohne sich dabei komplett lächerlich zu machen – und das ist im Grunde schon
mehr, als man erwarten durfte.
Von daher wäre einem gemütlichen Altpunk-Revival-Abend also
nichts im Wege gestanden und auch die Ü-50-Szeneveteranen, welche die
Kennedys wohl noch vor dem Split Mitte
der 80er erlebt haben dürften, standen den freundlichen Gesichtern nach zu schließen
der ganzen Sache überaus wohlwollend gegenüber. Jetzt musste die Band nur noch
liefern.
Doch hier gab bereits der Opener „Forward To Death“ vom
legendären Album „Fresh Fruit For Rotting Vegetables“ wenig Anlass zur
Hoffnung. Das Tempo ließ arg zu wünschen übrig. Ebenso die Lautstärke
beziehungsweise deren Nichtvorhandensein (wenn bei einem Rockkonzert Gespräche
der Nebenleute als störend empfunden werden, stimmt was nicht) – übrigens ein
dauerhaftes Ärgernis im Substage. Zu allem Unglück kamen an diesem Abend noch
arge Soundprobleme hinzu. Kein Wunder, dass da nicht einmal Punk-Perlen wie „Lynch
The Landlord“ oder „Too Drunk To Fuck“ die gewohnte Durchschlagskraft entfalten
können.
Als weiterer Negativpunkt erwies sich ausgerechnet Gitarrist
East Bay Ray: Der 57-Jährige verirrte sich ein ums andere Mal derart auf seinem
Griffbrett, dass er sich trotz größter Bemühungen von D. H. Peligro (Drums) und
Klaus Flouride (Bass) nicht mehr einfangen ließ. Außerdem schien er das Konzert
nur durchzuhalten, indem er die ganze Zeit mit offenem Mund spielte.
Man könnte diesen halblebigen Kennedys zugutehalten, dass die
Musik in den vergangenen 30 Jahren deutlich härter geworden ist und man mit
schneller und etwas schiefer gespieltem Rock´n´Roll heute eben niemanden mehr
erschrecken kann. Aber wenn im Punk von der Bühne weniger Energie kommt als von
der Platte, bedeutet das, Aufgabe verfehlt.
Was hätte sein können erwies sich erst im letzten Viertel
des Konzerts: Der Über-Hit „California Über Alles“ kam richtig schön spooky
rüber und auch sonst griffen plötzlich alle Rädchen ineinander. Sogar Ray
schien sich plötzlich seiner früheren Fähigkeiten zu erinnern. Bei „Holiday In
Cambodia“ und „Chemical Warfare“ stimmte plötzlich auch der Drive.
Leider hielten sich die Kennedys dann ausgerechnet bei der
Spielzeit an die ehernen Punk-Prinzipien und machten sich nach einer Stunde
davon. Zu wenig, wenn man 45 Minuten braucht, um warm zu werden. In dieser
Verfassung sind die Dead Kennedys leider mehr tot als lebendig.
Darf ich erwähnen, dass die Ex-Dead Boys um Cheetah Chrome am Sonntag in der Hackerei richtig geil waren. C.C. hat abgerockt wie Sau und die restliche Band stand in Nichts nach. Der Gesang war zwar teilweise schwächer aber die Einstellung hat gestimmt. Leider waren nur 50 Leute da. Und somit stellt sich das Publikum im Substage für mich als Pop-Musik-Hörer dar. California über alles vom feinsten.
AntwortenLöschenIch liebe die Dead Kennedys. Aber dieses Konzert wollte ich mir nicht antun. Was wohl gut war ...
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