Zugegeben: Er ist kein Rocker, er ist nicht cool und er ist nicht tough! Trotzdem möchte ich Euch heute einen Musiker vorstellen, der mich auf eine ganz besondere Weise berührt. Ich habe ihn schon des Öfteren mit Freuden gefeatured und so langsam scheinen sich seine Qualitäten auch überregional herumzusprechen: Florian Bronk, ein gewöhnlicher deutscher Name, doch damit hat es sich dann auch, was dieser Hip-Hop-Künstler an Profanität zu bieten hat. Florian (fkna Zimba) bedeutet: "Der Blühende" oder auch „der glänzend Ausgestattete“ und tatsächlich sind die Talente des 23Jährigen vielfältig: Seine Musik ist eine farbenfrohe Melange aus Hip Hop-, Reggae-, Singer/Songwriter-, World- und Jazzeinflüssen. Die aggressive Sprache der Berliner Schule ist ihm fremd, Florian ist ein origineller Geschichtenerzähler - wer bitte, von dubiosen end-sechziger Psychodelic Bands vielleicht einmal abgesehen, schreibt schon ein zehnminütiges Epos über die Reise eines Sandkorns - , der sich nicht hinter Schädelmasken versteckt, sondern sein Herzblut offen vergießt.
In Blumenau, Santa Catarina, Brasilien geboren und bei deutschen Eltern in Karlsruhe aufgewachsen, wurde Florian schon zu zweiten Mal Adoptiert: Bei der Aktion „Söhne gesucht“ der Söhne Mannheims (nicht dass ich die jetzt besonders toll finden würde) nahm ihn aus 600 Bewerbern Raggae-Man Marlon B. unter seine Fittiche. Nach drei Tagen „chillin´“ mit Xavier und Brüdern aber auch harter Arbeit befanden die Söhne Bronk “ für würdig, sie im Video zur aktuellen Single zu vertreten, und fähig, vor zehntausenden mit ihnen auf der Berliner Waldbühne zu stehen, die in grauer Vorzeit immerhin schon von den Stones - als sie zu sowas noch fähig waren – zünftig zerlegt wurde. Aber das ist eine andere Geschichte. Am Fr, 18.9., 20.30Uhr, ist Florian im Jubez zu sehen.
Freitag, 28. August 2009
Mittwoch, 12. August 2009
Jack White endgültig rehabilitiert
Mit den White Stripes konnte ich nie wirklich etwas anfangen. Schon irgendwie spannend, ja, aber doch zuviel Rumpel-Pumpel und Larifari, was für Visions-Leser eben. Das zweite The Raconteurs-Album, Consolers of the Lonely, fand ich dann doch ziemlich überzeugend - konnte einen glatt über die gescheiterte Led Zeppelin-Reunion hinwegtrösten, auf die ich allerdings ohnehin nicht gerade mit kaltscheißigen Händen gewartet hatte. Jetzt kommt der gute Jack schon wieder mit einem neuen Projekt aus der Garage - oder dem Stall, jetzt wohnt er ja irgendwo in den Südstaaten: The Dead Weather. Am Debut Horehound kann man sich nun ziemlich festhören. Fettester Bluesrock, der oftmals an die ganz alten Heroen wie Cream oder James Gang denken lässt. Doch ich schweife ab. Jedenfalls entdecke ich beim rumsurfen auf Youtube dieses Video:
http://www.youtube.com/watch?v=svx39gvd-0I
The Dead Weather covern Pentagrams "Forever My Queen". Wie geil ist das denn?
Das Teil soll wohl auch als 7" erscheinen, womit sich White endgültig als genialer Eklektiker outet. Wer meine Begeisterung nicht versteht, und das werden die meisten unter dreißig, beginne seine Recherchen über diese wegweisende Band am besten hier:
http://www.myspace.com/bobbydarlingpentagram
Viel Spaß und Erkenntnis!
http://www.youtube.com/watch?v=svx39gvd-0I
The Dead Weather covern Pentagrams "Forever My Queen". Wie geil ist das denn?
Das Teil soll wohl auch als 7" erscheinen, womit sich White endgültig als genialer Eklektiker outet. Wer meine Begeisterung nicht versteht, und das werden die meisten unter dreißig, beginne seine Recherchen über diese wegweisende Band am besten hier:
http://www.myspace.com/bobbydarlingpentagram
Viel Spaß und Erkenntnis!
Freitag, 7. August 2009
I know, it´s only Gore-Metal-Boogie-Bluegrass-Techno-Death-Jive-Gospel-Waltz-Fast-Bossa (But I Like It)
Brutal Polka, 6.8., Karlsruhe, Die Stadtmitte. Was haben ein schwuler Polizist, ein Hot-Dog, ein Ledermaskenmann, die Imperialen Sturmtruppen und Fred Feuerstein gemeinsam? Natürlich nichts, trotzdem spielen sie gemeinsam Brutal Polka. Die gleichnamige Band, deren Lineup so fetischistisch vielfältig kostümiert wie multikulturell zusammengesetzt ist - die Mitglieder leben in den USA, Israel und Speyer – bezeichnet sich selbst als eine "in der israelischen Punkrock-Szene verwurzelte Gore-Metal-Boogie-Bluegrass-Techno-Death-Jive-Gospel-Waltz-Fast-Bossa-Band, deren Anfänge in einem anonymen Proberaum, auf einem nicht näher genannten Schulgelände, einer gänzlich unbekannten Stadt in einem namenlosen Staat liegen, die antrat eine bedeutende gefeierte sehr berühmte Pop-Gruppe zu werden und die mit ihrem schwach besuchten Konzert im örtlichen Underground-Club ihren Karrierehöhepunkt erreicht, wie jede andere auch."
Dem wäre an sich Nichts hinzuzufügen, denn Brutal Polka hätten ihren Stil nicht präziser beschreiben können - auch wenn der Gospel-Einfluss nicht überschätzt werden sollte – und die zahlende Kundschaft am Donnerstag im Club Die Stadtmitte beschränkte sich auf magere 35 Personen, aber der Unterhaltungswert war doch beträchtlich und rechtfertigt somit die Überlieferung des Ereignisses. Nicht unerwähnt bleiben sollen auch Dropkid aus Stuttgart, die mit melodischen Hardcore vor drei Leuten alles gaben. Dann geht´s los mit Brutal Polka und für deren Show gibt es nur ein Adjektiv: Durchgeknallt. Kramer E. Frog (schwuler Polizist), zuständig für Gesang und Keyboards, sieht aus wie er heißt, bewegt sich wie er heißt und singt wie er heißt. Außerdem steht nach dem dritten Song in der Unterhose da. Darüber hinaus hält er Avocados für Teufelswerk und wird von seiner Mutter auf Tour geschickt, damit er we-nigstens etwas Bewegung bekommt. IZ, der Klonkrieger Gitarrist, hält sich meist pogend im Publikum auf, es sei denn er hat gerade ins Mikrophon zu kreischen. Sein steinzeitlicher Widerpart, Double Boy, steht aufgrund seiner beträchtlichen Körpermasse meist dem Bass spie-lenden Hot Dog im Weg – die halbe Band ist obendrein blind wie die Grottenolme, weigert sich aber aus Imagegründen auf der Bühne Brille zu tragen –, das trotzdem „einfach nur begeistert“ ist. Latexmann Georgius Ceasar an den Drums ist einfach nur er selbst.
An der Musik hätten Frank Zappa und Captain Beefheart genauso ihre Freude gehabt wie Mike Patton oder die Toy Dolls. Und wer Alben wie A Tribute to Mainstream und Politics Shmolitics mit Songs wie „Let's Send The Ku Klux Klan Into The Fire Pitts In The Depths Of Hell“, „When Did Fat Mike Become A Hippie?“ oder "Micropenis“ aufnimmt, der hat ohne jeden Zweifel noch eine große Zukunft vor sich.
Auch in Sachen Konzertdramaturgie gehen Brutal Polka ganz neue Wege: Der letze Song heißt „Fuck The World“. Georgius Ceasar lässt ihn mit einem fünfminütigen „Drumsolo“ ausklingen, indem er den einen pfeilschnellen Beat bis zur völligen Rammdösigkeit immer weiterspielt. Für das Publikum eine Geduldsübung. Dann kommt die Band zurück und tanzt (!) mit allen im Saal Polka. Schließlich kippt Georgius Ceasar vom Hocker. Trotzdem gibt es eine Zugabe. Sie heißt „Love Me“. Abgang Band, Abgang Caesar: Man sieht, er trägt Gummihosen und schwere Kampfstiefel. I know, it´s only Gore-Metal-Boogie-Bluegrass-Techno-Death-Jive-Gospel-Waltz-Fast-Bossa (But I Like It).
Dem wäre an sich Nichts hinzuzufügen, denn Brutal Polka hätten ihren Stil nicht präziser beschreiben können - auch wenn der Gospel-Einfluss nicht überschätzt werden sollte – und die zahlende Kundschaft am Donnerstag im Club Die Stadtmitte beschränkte sich auf magere 35 Personen, aber der Unterhaltungswert war doch beträchtlich und rechtfertigt somit die Überlieferung des Ereignisses. Nicht unerwähnt bleiben sollen auch Dropkid aus Stuttgart, die mit melodischen Hardcore vor drei Leuten alles gaben. Dann geht´s los mit Brutal Polka und für deren Show gibt es nur ein Adjektiv: Durchgeknallt. Kramer E. Frog (schwuler Polizist), zuständig für Gesang und Keyboards, sieht aus wie er heißt, bewegt sich wie er heißt und singt wie er heißt. Außerdem steht nach dem dritten Song in der Unterhose da. Darüber hinaus hält er Avocados für Teufelswerk und wird von seiner Mutter auf Tour geschickt, damit er we-nigstens etwas Bewegung bekommt. IZ, der Klonkrieger Gitarrist, hält sich meist pogend im Publikum auf, es sei denn er hat gerade ins Mikrophon zu kreischen. Sein steinzeitlicher Widerpart, Double Boy, steht aufgrund seiner beträchtlichen Körpermasse meist dem Bass spie-lenden Hot Dog im Weg – die halbe Band ist obendrein blind wie die Grottenolme, weigert sich aber aus Imagegründen auf der Bühne Brille zu tragen –, das trotzdem „einfach nur begeistert“ ist. Latexmann Georgius Ceasar an den Drums ist einfach nur er selbst.
An der Musik hätten Frank Zappa und Captain Beefheart genauso ihre Freude gehabt wie Mike Patton oder die Toy Dolls. Und wer Alben wie A Tribute to Mainstream und Politics Shmolitics mit Songs wie „Let's Send The Ku Klux Klan Into The Fire Pitts In The Depths Of Hell“, „When Did Fat Mike Become A Hippie?“ oder "Micropenis“ aufnimmt, der hat ohne jeden Zweifel noch eine große Zukunft vor sich.
Auch in Sachen Konzertdramaturgie gehen Brutal Polka ganz neue Wege: Der letze Song heißt „Fuck The World“. Georgius Ceasar lässt ihn mit einem fünfminütigen „Drumsolo“ ausklingen, indem er den einen pfeilschnellen Beat bis zur völligen Rammdösigkeit immer weiterspielt. Für das Publikum eine Geduldsübung. Dann kommt die Band zurück und tanzt (!) mit allen im Saal Polka. Schließlich kippt Georgius Ceasar vom Hocker. Trotzdem gibt es eine Zugabe. Sie heißt „Love Me“. Abgang Band, Abgang Caesar: Man sieht, er trägt Gummihosen und schwere Kampfstiefel. I know, it´s only Gore-Metal-Boogie-Bluegrass-Techno-Death-Jive-Gospel-Waltz-Fast-Bossa (But I Like It).
Montag, 3. August 2009
Dave Wyndorf ist fett, doch Monster Magnet sind es auch
Monster Magnet, Karlsruhe, Substage, 17.06.
Die schlechte Nachricht vorneweg: David Wyndorf der letzte Held des Psychodelic-Rock ist voll fett. Die gute Nachricht hinterher: seine Band Monster Magnet ist es auch; noch immer. Ok, beim Konzert Substage ging Dave „Schlangenbeschwörer“ Wyndorf vielleicht nur noch als „Häuptling Fette Schlange“ durch, aber dafür ist der Mann im Gegensatz zu vielen ande-ren im Drogenbereich ähnlich engagierten Kollegen noch am Leben. Muss man auch mal se-hen. Andererseits soll es (weibliche)Fans geben, die der Band auf der gesamten Tour hinter-her reisen, nur um den Meister zur Weiterverfolgung seiner Drogenkarriere zu bewegen – was für einen Körper Heroin und etwas Sport meißeln können beweist Iggy Pop seit Jahrzehnten , doch sollte man für Wyndorfs Standhaftigkeit eher dankbar sein, denn wie man im Substage sehen konnte: Jedes zusätzliche Gramm ist Charisma Pur.
Daran konnte auch der schlabberige Kapuzenpulli, den Wyndorf - wie schon letzten Sommer auf dem South-Side-Festival trotz gefühlter 85° und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit - während des gesamten Konzerts trug, konnte daran nichts ändern. Die Fans im seit Wochen ausver-kauften Substage gingen vom ersten Augenblick an voll mit. Kein Wunder, denn knapp zwei Jahrzehnte nach ihrer letzten Clubshow in Karlsruhe – die Band aus New Jersey spielte da-mals im Musikclub Katakombe - spulten Monster Magnet ein Best-Off-Programm runte, das (fast) keine Wünsche offen ließ: Es dominierten die 90er mit den Alben Powertrip, Dopes to Infinity und Spine of God. Heraus stachen ein grandioses „Zodiac Lung“, nur mit Gesang und Gitarre, der Indie-Knaller "Negasonic Teenage Warhead" und die Hits der kommerziell erfolgreichen Powertrip-Phase „Crop Circle“, „Powertrip“ und „Space Lord”. Das Schwer-gewicht legte Schwergewicht Wyndorf also auf straighten Rock, die psychedelische Vergan-genheit blieb etwas außen vor. Der heimliche Greatest- Hit aller Bulldog-Jünger der ersten Stunde, „Nod Scene“, wurde übergangen (heul!). Trotzdem steht fest: Auch ein übergewichti-ger Wyndorf lässt uns live nicht verhungern.
Die schlechte Nachricht vorneweg: David Wyndorf der letzte Held des Psychodelic-Rock ist voll fett. Die gute Nachricht hinterher: seine Band Monster Magnet ist es auch; noch immer. Ok, beim Konzert Substage ging Dave „Schlangenbeschwörer“ Wyndorf vielleicht nur noch als „Häuptling Fette Schlange“ durch, aber dafür ist der Mann im Gegensatz zu vielen ande-ren im Drogenbereich ähnlich engagierten Kollegen noch am Leben. Muss man auch mal se-hen. Andererseits soll es (weibliche)Fans geben, die der Band auf der gesamten Tour hinter-her reisen, nur um den Meister zur Weiterverfolgung seiner Drogenkarriere zu bewegen – was für einen Körper Heroin und etwas Sport meißeln können beweist Iggy Pop seit Jahrzehnten , doch sollte man für Wyndorfs Standhaftigkeit eher dankbar sein, denn wie man im Substage sehen konnte: Jedes zusätzliche Gramm ist Charisma Pur.
Daran konnte auch der schlabberige Kapuzenpulli, den Wyndorf - wie schon letzten Sommer auf dem South-Side-Festival trotz gefühlter 85° und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit - während des gesamten Konzerts trug, konnte daran nichts ändern. Die Fans im seit Wochen ausver-kauften Substage gingen vom ersten Augenblick an voll mit. Kein Wunder, denn knapp zwei Jahrzehnte nach ihrer letzten Clubshow in Karlsruhe – die Band aus New Jersey spielte da-mals im Musikclub Katakombe - spulten Monster Magnet ein Best-Off-Programm runte, das (fast) keine Wünsche offen ließ: Es dominierten die 90er mit den Alben Powertrip, Dopes to Infinity und Spine of God. Heraus stachen ein grandioses „Zodiac Lung“, nur mit Gesang und Gitarre, der Indie-Knaller "Negasonic Teenage Warhead" und die Hits der kommerziell erfolgreichen Powertrip-Phase „Crop Circle“, „Powertrip“ und „Space Lord”. Das Schwer-gewicht legte Schwergewicht Wyndorf also auf straighten Rock, die psychedelische Vergan-genheit blieb etwas außen vor. Der heimliche Greatest- Hit aller Bulldog-Jünger der ersten Stunde, „Nod Scene“, wurde übergangen (heul!). Trotzdem steht fest: Auch ein übergewichti-ger Wyndorf lässt uns live nicht verhungern.
Sonntag, 2. August 2009
Stefan Gaffory: Kreisklassenhölle
Mit Kreisklassenhölle (Pro Business Verlag) hat Stefan Gaffory so etwas wie einen negativen Bildungsroman vorgelegt und gebärdet sich dabei wie ein von Hass getriebener Heinz Strunk: Der Held entwickelt sich vom naiven Landei zum absoluten Psychopathen. Während seiner Degeneration gerät er, da sich seine Rachepläne gegenüber der feindlichen Umwelt mit schöner Regelmäßigkeit gegen ihn selbst richten, in immer wahnwitzigere Situationen und Konflikte. Erschreckender Weise haben wir diese, wenn auch in meist abgeschwächter Form, so oder ähnlich schon selbst erlebt, so dass sich zahlreiche Punkte angewiderter Identifikation ergeben. Gaffory schreibt Lebensnah, hält sich gerne auf wo´s weh tut, hat also reichlich Street Credibility. Nervig ist allein der Hang des Autors sich über tausende Zeichen in übermäßiger Misanthropie zu aalen, dafür wird man allerdings alle paar Seiten mit einem echten Brüller belohnt: Gafforys Sinn für Situationskomik ist grandios und allein die Story wie der Held im Drogenrausch ein Stück Gammelfleisch zur Idol seiner noch zu gründenden Sekte zu stilisieren versucht, sollte dem Leser 237 Seiten literarische Selbstkasteiung wert sein.
Samstag, 1. August 2009
The Whip
Whip/Marcel Gein, So, 19.5., Jubez, Karlsruhe
Abseits seiner Hauptband Timesbold widmet sich, Sänger und Gitarrist Jason Merritt, alias Whip, dem Spannungsfeld zwischen Singer/Songwriter-Musik, Folk und Country. Am Sonntag ließ Merritt im Jubez am Kronenplatz weniger die Polit-Peitschen knallen (Im angelsächsischen Raum bezeichnet man den Parlamentarischen Geschäftsführer oder „Einpeitscher“ einer Fraktion, der für ein einheitliches Abstimmungsverhalten der Fraktionsmitglieder sorgen soll, als Whip) als Bäche von Tränen fließen. Das Vorprogramm bestritt Marcel Gein, Leadsänger der letztjährigen „New.Bands.Festival“-Siegerband Perry O’Parson. Solo gab sich der Windener weniger als Power-Folk-Maniac, denn als Generationengrenzen überwin-dender - allerdings mit etwas sperrigem Songmaterial ausgestatteter - Pontifex zwi-schen Donovan und Adam Green.
Nach längerer Umbaupause, welche der Hauptattraktion des Abends hauptsächlich dazu diente vor dem Club ein halbes dutzend Selbstgedrehter zu konsumieren, be-quemt sich Merritt im arbeiterbewegten Folkie-Revoluzzer-Look mit Schwarzer Filzja-cke, braunen Hosen und grobem Schuhwerk, schließlich doch noch zu seinem Ar-beitsplatz, um sogleich ein Klagelied an eine verflossene Liebe anzustimmen, schön. Doch wo Merritts melancholischer Pathos bei seiner Hauptband Timesbold in den multiinstrumentellen Klanglandschaften seiner Mitspieler ein Gegengewicht erhält, trifft dieser den Hörer bei seinen Solokonzerten mit voller weinerlicher Wucht. Auf Dauer ist das etwas Mühsam. Merritt scheint das auch selbst zu ahnen und orchest-riert seine Lieder mit allerlei Samples und Effekten, singt in zwei Micros, eines ohne Hall und eines mit sehr viel davon. „Ich mag die Geschichten“, so hat der große Ray Charles einmal seine Liebe zur Country-Musik begründet, aber richtige Geschichten gibt es bei Merritt eigentlich kaum, dafür viel Hall und Rauch und Beben in der Stim-me, die Knöchel affektiert leidend nach innen gekrümmt. So etwas wie Country- oder Folk-Gemütlichkeit kommt zu keiner Zeit auf und schlimm wäre das nicht weiter - denn so was gab es bei Johnny Cash oder Nick Drake auch nicht – erschöpfte sich Merritts Poesie nicht in Betroffenheitslyrik. Doch wo Drake mit tiefgründigen Texten wahrhaft berührte, und Cash wie kein Zweiter in wenige Worte ganze Tragödien klei-den konnte, klischiert der Timesbold-Kopf im Künstlerhut mit irgendwie gesucht wir-kenden, teils Bizarren, Gefühls-Symphonien für vierzigjährige Esoterikinteressierte, den süß-schweren Duft später Blüten im Herbst und vertrockneter Rosen inklusive. Dann doch lieber eine gute Geschichte.
Abseits seiner Hauptband Timesbold widmet sich, Sänger und Gitarrist Jason Merritt, alias Whip, dem Spannungsfeld zwischen Singer/Songwriter-Musik, Folk und Country. Am Sonntag ließ Merritt im Jubez am Kronenplatz weniger die Polit-Peitschen knallen (Im angelsächsischen Raum bezeichnet man den Parlamentarischen Geschäftsführer oder „Einpeitscher“ einer Fraktion, der für ein einheitliches Abstimmungsverhalten der Fraktionsmitglieder sorgen soll, als Whip) als Bäche von Tränen fließen. Das Vorprogramm bestritt Marcel Gein, Leadsänger der letztjährigen „New.Bands.Festival“-Siegerband Perry O’Parson. Solo gab sich der Windener weniger als Power-Folk-Maniac, denn als Generationengrenzen überwin-dender - allerdings mit etwas sperrigem Songmaterial ausgestatteter - Pontifex zwi-schen Donovan und Adam Green.
Nach längerer Umbaupause, welche der Hauptattraktion des Abends hauptsächlich dazu diente vor dem Club ein halbes dutzend Selbstgedrehter zu konsumieren, be-quemt sich Merritt im arbeiterbewegten Folkie-Revoluzzer-Look mit Schwarzer Filzja-cke, braunen Hosen und grobem Schuhwerk, schließlich doch noch zu seinem Ar-beitsplatz, um sogleich ein Klagelied an eine verflossene Liebe anzustimmen, schön. Doch wo Merritts melancholischer Pathos bei seiner Hauptband Timesbold in den multiinstrumentellen Klanglandschaften seiner Mitspieler ein Gegengewicht erhält, trifft dieser den Hörer bei seinen Solokonzerten mit voller weinerlicher Wucht. Auf Dauer ist das etwas Mühsam. Merritt scheint das auch selbst zu ahnen und orchest-riert seine Lieder mit allerlei Samples und Effekten, singt in zwei Micros, eines ohne Hall und eines mit sehr viel davon. „Ich mag die Geschichten“, so hat der große Ray Charles einmal seine Liebe zur Country-Musik begründet, aber richtige Geschichten gibt es bei Merritt eigentlich kaum, dafür viel Hall und Rauch und Beben in der Stim-me, die Knöchel affektiert leidend nach innen gekrümmt. So etwas wie Country- oder Folk-Gemütlichkeit kommt zu keiner Zeit auf und schlimm wäre das nicht weiter - denn so was gab es bei Johnny Cash oder Nick Drake auch nicht – erschöpfte sich Merritts Poesie nicht in Betroffenheitslyrik. Doch wo Drake mit tiefgründigen Texten wahrhaft berührte, und Cash wie kein Zweiter in wenige Worte ganze Tragödien klei-den konnte, klischiert der Timesbold-Kopf im Künstlerhut mit irgendwie gesucht wir-kenden, teils Bizarren, Gefühls-Symphonien für vierzigjährige Esoterikinteressierte, den süß-schweren Duft später Blüten im Herbst und vertrockneter Rosen inklusive. Dann doch lieber eine gute Geschichte.
Black Sabbath - und sie sind es doch!
Heaven & Hell, Europahalle Karlsruhe: „Ronnie James Dio hat drei Eier“, sagt der kanadische auch in Indie-Kreisen erfolgreiche Rockmusiker und bekennende Heavy Metal-Fan Danko Jones. Damit könnte man es eigentlich bewenden lassen, doch das wäre ungerecht: Der amerikanische Sänger ist zwar spätestens seit seinem 1983 veröffentlichten Debüt-Solo-Platinalbum Holy Diver so etwas wie der Inbegriff des Heavy Metal - sorry Manowar -, doch denkbar ist diese Erfolgsgeschichte kaum ohne das Zwischenspiel bei der Band Black Sabbath (1979-82). Die britischen Finster-Rock-Väter hatten sich Ende der 70er endgültig mit ihrem Frontmann Ozzy Osbourne entzweit und suchten verzweifelt nach einer Alternative. Dio hatte unter dem Banner Rainbow mit Ritchie Blackmore mehrere erfolgreiche Alben aufgenommen, doch zerbrach die Liaison an der zunehmenden Pop-Orientierung des Ex-Deap-Purple-Gitarristen. Dio packte die Gelegenheit beim Schopf, zog Sabbath am selbigen aus dem Drogensumpf und hauchte dem künstlerisch bankrotten Bandgefüge neues Leben ein. Das Ergebnis waren zwei Meilensteine der Rockgeschichte: die Alben „Heaven and Hell“ und „Mob Rules“. Danach verkrachte man sich wegen Egomanie, fand sich in den 90ern noch einmal für die sträflich unterschätzte Platte Dehumanizer zusammen und pflegte ansonsten seine Animositäten.
2007 begrub man diese zumindest soweit um eine gemeinsame Tour durchzuziehen und das gelang offenbar so gut, dass man sich sogar daran wagte wieder gemeinsam zu schreiben. Das Ergebnis nennt sich The Devil You Know und am Montag präsentierten sich Dio, Iommi und Co. unter dem Bandnamen Heaven and Hell in der Europahalle auch wieder live: Nach dem Intro „E5150“, ging man mit den Klassikern „Mob Rules“ und „Children of the Sea“ auf Nummer sicher, doch zündete erst „I“ vom ersten Reunion-Album richtig. Überhaupt erwiesen sich neue Songs wie „Bible Black“, „Fear” und „Follow the Tears“ als echte Highlights. Hits wie „Vodoo“ oder „Sign Of The Southern Cross“ fehlten dagegen, doch ist es für eine Band, die nie größere Ausfälle fabriziert hat, wahrscheinlich unmöglich, in Sachen Songauswahl jeden zufrieden zu stellen.
Über jeden Zweifel erhaben waren dagegen die Musiker: Zwar hatte Dio zu Beginn trotz überdurchschnittlicher Hodenanzahl mit einigen Tönen zu kämpfen, doch wen interessiert das solange Toni Iommy seine Gibson SG bearbeitet? Der große alte Mann der Heavy Metal Gitarre ist für sein Genre dasselbe wie B.B. King für den Blues: der letzte puristische Meister seines Fachs. Doch nach spätestens drei Liedern singt Dio auch im geschätzten Furcht erregenden Alter von über achtzig derart überirdisch, dass man meinen möchte, er habe in den 30er Jahren gleich Blueslegende Robert Johnson im Austausch für seine Kunstfertigkeit seine Seele dem Teufel verkauft. Bassist Geezer Butler macht derweil, was er seit nunmehr 40 Jahren tut: stoisch vor sich hin spielen, wobei sein symbiotisches Zusammenspiel mit Iommi seinesgleichen sucht. Bleibt noch Schlagzeuger Vinnie Appice: dessen Drumsolo sei etwas anachronistisch, meint ein Zuhörer. Ok, aber was an dieser Band und ihrem Publikum ist bitte zeitgemäß? “Die Young”, heißt der letzte Song des regulären Sets, doch diesen Zug haben die Band und der grossteil des Publikums gleichermaßen verpasst. Doch wen stört dass, solange er drei Eier hat?
2007 begrub man diese zumindest soweit um eine gemeinsame Tour durchzuziehen und das gelang offenbar so gut, dass man sich sogar daran wagte wieder gemeinsam zu schreiben. Das Ergebnis nennt sich The Devil You Know und am Montag präsentierten sich Dio, Iommi und Co. unter dem Bandnamen Heaven and Hell in der Europahalle auch wieder live: Nach dem Intro „E5150“, ging man mit den Klassikern „Mob Rules“ und „Children of the Sea“ auf Nummer sicher, doch zündete erst „I“ vom ersten Reunion-Album richtig. Überhaupt erwiesen sich neue Songs wie „Bible Black“, „Fear” und „Follow the Tears“ als echte Highlights. Hits wie „Vodoo“ oder „Sign Of The Southern Cross“ fehlten dagegen, doch ist es für eine Band, die nie größere Ausfälle fabriziert hat, wahrscheinlich unmöglich, in Sachen Songauswahl jeden zufrieden zu stellen.
Über jeden Zweifel erhaben waren dagegen die Musiker: Zwar hatte Dio zu Beginn trotz überdurchschnittlicher Hodenanzahl mit einigen Tönen zu kämpfen, doch wen interessiert das solange Toni Iommy seine Gibson SG bearbeitet? Der große alte Mann der Heavy Metal Gitarre ist für sein Genre dasselbe wie B.B. King für den Blues: der letzte puristische Meister seines Fachs. Doch nach spätestens drei Liedern singt Dio auch im geschätzten Furcht erregenden Alter von über achtzig derart überirdisch, dass man meinen möchte, er habe in den 30er Jahren gleich Blueslegende Robert Johnson im Austausch für seine Kunstfertigkeit seine Seele dem Teufel verkauft. Bassist Geezer Butler macht derweil, was er seit nunmehr 40 Jahren tut: stoisch vor sich hin spielen, wobei sein symbiotisches Zusammenspiel mit Iommi seinesgleichen sucht. Bleibt noch Schlagzeuger Vinnie Appice: dessen Drumsolo sei etwas anachronistisch, meint ein Zuhörer. Ok, aber was an dieser Band und ihrem Publikum ist bitte zeitgemäß? “Die Young”, heißt der letzte Song des regulären Sets, doch diesen Zug haben die Band und der grossteil des Publikums gleichermaßen verpasst. Doch wen stört dass, solange er drei Eier hat?
Starbax: "Hits To Go"
Mit Hits To Go haben Starbax ein frisches US-Pop-Punk-Album vorgelegt. Die Jungs können spielen, das Songwriting ist abwechslungsreich und auch der Sound geht in Ordnung. Hits To Go wäre also durchaus ein Treffer, läge man gesanglich nicht durchschnittlich einen Viertelton daneben, was den Hörspaß leider deutlich mindert. Ist bei Punkrock doch egal, könnte man einwenden, nur: Bei den US-Kollegen von Blink182, Green Day oder Sum41, auf die man sich unverblümt beruft, stimmt´s halt einfach. OK, die haben mehr Kohle für Autotune und all so was, aber man kann sich ja auch auf natürlichem Wege behelfen: Gesangsunterricht ist keine Schande, auch für echte Punkrocker.
Perry O' Parson: "In Our Time Of Need"
In Our Time Of Need heißt die neue CD der Karlsruher Neo-Folk-Band Perry O´Parson. Und was soll man sagen: Die Gewinner des new.bands.festivals 2008 tragen ihre Emotionalität ganz ohne ein Quäntchen dieser widerwärtigen Indie-Affektiertheit, ohne die das ganze alternative Musikmagazin-Pack heute nicht mehr auszukommen meint, völlig vergessend, dass es nicht zwangsläufig von einem komplexen Innenleben zeugt, fünfzehjährigen Emogören einen vorzuheulen. Sänger Marcel Gein hat zwar offenbar auch ´ne schwere Kindheit und für einen Anfang-Zwanziger viele überaus erschütternde Beziehungsdramen hinter sich, aber ihm gelingt es zumindest das stimmlich glaubhaft zu untermauern. Find´ich gut, die Platte.
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