Kamchatka kannte ich bisher nur aus dem Strategiespiel Risiko, bei dem es gilt die Weltherrschaft zu erringen - beim Risiko spielen ist es ziemlich gut, wenn man das Land Kamchatka hat, denn dann man von Ostasien, quasi „hintenrum“, Nordamerika angreifen. Am Donnerstag konnte man lernen, dass es auch eine Band mit diesem Namen gibt. Warum die allerdings so heißt, ist schleierhaft, aber es gibt eine Theorie: Mit ihrer wilden Mischung aus Blues, Jazzrock und Psychodelic klingen Kamchatka so amerikanisch wie nur was. Um so überraschender, dass diese drei Hippies aus dem schwedischen Kaff Varberg kommen. Nun kann man beim Risiko Nordamerika auch von Skandinavien her angreifen, aber vielleicht wollten die Musiker ihrer US-Affinität bei der Namensgebung auf möglichst subtile Art Ausdruck verleihen. Leute die viel kiffen haben ja des öfteren assoziativ äußerst verschlungene Gedankengänge und wie sagte mein Stehnachbar: „Wenn die mehr Erfolg hätten, wären sie bestimmt alle auf Heroin.“ Das kann noch werden, denn Kamchatka sind eine wirklich großartige Band und wer 2009 „Whipping Post“ von der Allman Brothers Band covert, hat sich die Weltherrschaft redlich verdient – da musste auch Clutch-Drummer Jean-Paul Gaster zustimmen und stieg am zweiten Schlagzeug ein, fett!
Zwei Schießbuden fuhren auch Kylesa auf, verliehen ihrem hypnotischen irgendwo zwischen Pentagram, Fu Manchu und Baroness angesiedelten Sludge-Sound, dadurch aber eine arg metallische Note. Ansonsten machten sich Gitarristin Laura Pleasants und ihr männliches Pendant Phillip Cope, die sich den Gesang teilten, insbesondere um die Pflege des Halleffekts verdient. Nach den Filigrangroovern Kamchatka keine Steigerung.
Nach ewig langer Umbaupause - die ganzen Schlagzeuge mussten schließlich verräumt werden –, endlich: Clutch. Mit dem Titel des aktuellen Langspielers, Strange Cousins From The West, ist über diese Band eigentlich schon alles gesagt. Ohne Instrumente würde diese „Jungs“ aus Germantown im beschaulichen US Bundesstaat Maryland kein Mensch ernst nehmen: Gitarrist Tim Sult ist ein introvertierter Moppel, den sie in der schule bestimmt schon immer gehänselt haben, Gaster sieht wirklich aus wie der Seltsame Cousin vom buckligen Teil der Verwandtschaft und an Basser Dan Maines kann man sich schon kurz nach dem Konzert nicht mehr erinnern. Sänger Neil Fallon schaut zwar auch nicht besser aus, kommt aber mit seinem Rauschebart und tiefliegenden Kohleaugen rüber wie ein fanatisierter Wildwestprediger aus dem vorletzten Jahrhundert. Doch was kann der Mann singen und was haben diese Kerle den Blues! Clutch waren eigentlich schon immer die Band für die Biertrinker unter den Stoner-Rock-Fans, weil viel stärker im Bluesrock verwurzelt als viele ihrer Genre-Kollegen. So muss man bei Neil Fallons Riffs eigentlich öfter an Deep Purple zu Stormbringer-Zeiten, als an Black Sabbath denken. Unentwegt schimmern auch die alten Meister aus Chicago durch. Und ist die Kupplung erst mal durchgetreten, lassen sich Clutch so schnell nicht mehr stoppen: Wie ein riesiger Truck auf einem Nachtschwarzen Highway wälzt sich dieses Ungetüm von einer Bandmaschinerie über einen Hinweg, dass eigentlich nur die Flucht bleibt. Doch man bleibt erstarrt wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen und erwartet voller Faszination den tödlichen Biss.
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