Dienstag, 18. Februar 2014

Der beste Spacerock diesseits von Alpha Centauri: Monster Magnet

Spacelord Motherfucker: Dave Wyndorf  FOTO:CRAZYFINK
Bei seinem letzten Besuch in Karlsruhe vor vier Jahren schockierte Vorzeige-Rockstar Dave Wyndorf mit neugewonnener Leibesfülle. Und auch am vergangenen Sonntagabend im Substage hatte der Monster Magnet-Frontmann wieder eine Überraschung für die zahlreich erschienenen Jünger des Bullengottes – so heißt das gehörnte Maskottchen der Band aus New Jersey – parat: Die Doppel-M-er spielten ihr aktuelles Album „Last Patrol“ in gänze.
Doch dazu später. Zunächst versetzten Church Of Misery das bis auf den letzten Platz besetzte Substage in überaus negative Schwingungen. Das Tokioter Quartett verknüpft die Einflüsse ohnehin nicht gerade für unbändige Lebensfreude stehender Bands wie Crowbar oder Cathedral zu einem bedrückenden Tongeflecht, an dessen unsichtbares Ende sie vermutlich noch einmal zehn Mühlsteine geknüpft hat, um der Sache zusätzliches Gewicht zu verleihen. Gitarrist Ikuma Kawabe hätte man während dem spielen neue Saiten aufziehen können. Für Freunde des Superzeitlupenrocks ein echtes Fest.
Anschnallen musste sich nachfolgend auch bei Monster Magnet niemand. Wer den verschwurbelten Spacerock des frühneunziger Meisterwerks „Spine Of God“ schon immer den grell rockenden späteren Megasellern „Powertrip“ oder „Monolithic Baby!“ vorzog, dem wurde hier dennoch die volle Dröhnung zuteil. Zäh wie die erkalteten Lavaströme auf Vesta und heavy wie Dunkle Materie schleppen sich Songs „I Live Behind The Clouds“ oder „Last Patrol“ dahin.
Die meiste Zeit klingt dieser intergalaktische, in Lysergsäure eingelegte Buhuhuu-Blues mehr nach 60er-Psychedelia wie Spooky Tooth oder Arthur Brown als nach einer Powerpop-Version von Black Sabbath. Wyndorf gibt nicht mehr den lederbehosten Schlock Rock-Schurke mit einer vollbusigen Blondine in jedem Arm. Jetzt ist er die krächzend flüsternde Stimme im Hinterkopf, von der man nicht weiß, ob aus ihr der Wahnsinn oder die Erleuchtung spricht.
Wyndorf hat so viel Hall auf dem Mikro, der Effekt entspricht dem einer Supernova, die vor tausend Jahren stattgefunden hat, die aufgrund der Entfernung auf der Erde aber erst jetzt zu sehen ist. Zwischendurch macht er mit seiner die meiste Zeit nutzlos vor seinem Bauch baumelnden Gitarre Triebwerksgeräusche. Gitarrist Phil Caivano schaut permanent drein, als sehe er im Raum vor sich ständig einen schwarzen Monolithen schweben. Es fehlen nur epileptische Anfälle verursachenden Stroboskope, die Illusion eines Hawkwind-Konzerts circa 1973 wäre perfekt.
Zugegeben, nach jedermanns Geschmack ist dieser nebulöse Trip auf die sonnenabgewandte Seite des Mondes nicht. In den Teilen des Publikums, die wegen Hits wie „Spacelord“ oder „Negasonic Teenage Warhead“ gekommen sind, macht sich langweile breit. Für die anderen haben Monster Magnet bewiesen, dass sie noch immer die besten Raumfahrt-Mucker diesseits von Alpha Centauri sind.

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