Spacelord Motherfucker: Dave Wyndorf FOTO:CRAZYFINK |
Bei seinem letzten Besuch in Karlsruhe vor vier Jahren
schockierte Vorzeige-Rockstar Dave Wyndorf mit neugewonnener Leibesfülle. Und
auch am vergangenen Sonntagabend im Substage hatte der Monster Magnet-Frontmann
wieder eine Überraschung für die zahlreich erschienenen Jünger des Bullengottes
– so heißt das gehörnte Maskottchen der Band aus New Jersey – parat: Die
Doppel-M-er spielten ihr aktuelles Album „Last Patrol“ in gänze.
Doch dazu später. Zunächst versetzten Church Of Misery das
bis auf den letzten Platz besetzte Substage in überaus negative Schwingungen.
Das Tokioter Quartett verknüpft die Einflüsse ohnehin nicht gerade für
unbändige Lebensfreude stehender Bands wie Crowbar oder Cathedral zu einem
bedrückenden Tongeflecht, an dessen unsichtbares Ende sie vermutlich noch
einmal zehn Mühlsteine geknüpft hat, um der Sache zusätzliches Gewicht zu
verleihen. Gitarrist Ikuma Kawabe hätte man während dem spielen neue Saiten
aufziehen können. Für Freunde des Superzeitlupenrocks ein echtes Fest.
Anschnallen musste sich nachfolgend auch bei Monster Magnet
niemand. Wer den verschwurbelten Spacerock des frühneunziger Meisterwerks
„Spine Of God“ schon immer den grell rockenden späteren Megasellern „Powertrip“
oder „Monolithic Baby!“ vorzog, dem wurde hier dennoch die volle Dröhnung
zuteil. Zäh wie die erkalteten Lavaströme auf Vesta und heavy wie Dunkle
Materie schleppen sich Songs „I Live Behind The Clouds“ oder „Last Patrol“
dahin.
Die meiste Zeit klingt dieser intergalaktische, in
Lysergsäure eingelegte Buhuhuu-Blues mehr nach 60er-Psychedelia wie Spooky
Tooth oder Arthur Brown als nach einer Powerpop-Version von Black Sabbath.
Wyndorf gibt nicht mehr den lederbehosten Schlock Rock-Schurke mit einer
vollbusigen Blondine in jedem Arm. Jetzt ist er die krächzend flüsternde Stimme
im Hinterkopf, von der man nicht weiß, ob aus ihr der Wahnsinn oder die
Erleuchtung spricht.
Wyndorf hat so viel Hall auf dem Mikro, der Effekt
entspricht dem einer Supernova, die vor tausend Jahren stattgefunden hat, die
aufgrund der Entfernung auf der Erde aber erst jetzt zu sehen ist.
Zwischendurch macht er mit seiner die meiste Zeit nutzlos vor seinem Bauch
baumelnden Gitarre Triebwerksgeräusche. Gitarrist Phil Caivano schaut permanent
drein, als sehe er im Raum vor sich ständig einen schwarzen Monolithen
schweben. Es fehlen nur epileptische Anfälle verursachenden Stroboskope, die
Illusion eines Hawkwind-Konzerts circa 1973 wäre perfekt.
Zugegeben, nach jedermanns Geschmack ist dieser nebulöse
Trip auf die sonnenabgewandte Seite des Mondes nicht. In den Teilen des
Publikums, die wegen Hits wie „Spacelord“ oder „Negasonic Teenage Warhead“
gekommen sind, macht sich langweile breit. Für die anderen haben Monster Magnet
bewiesen, dass sie noch immer die besten Raumfahrt-Mucker diesseits von Alpha
Centauri sind.
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