Donnerstag, 8. Mai 2014

Speikobras und wütige Otter - Die 1. Vorrunde des Karlsruher New Bands-Festival lässt für den R´n´R hoffen

Spielt nicht gern mit Barbiepuppen: Philipp Erben von in Plastic.  Foto: Promo/Mike Tascona
Worin besteht für junge Menschen der Sinn, in einer Rock´N´Roll Band zu spielen? Auf diese Frage gibt es im Wesentlichen zwei Antworten: Möglichst viele Mädchen rumzukriegen und von den herrschenden Kräften, also Eltern und Lehrern, für Vorboten der Apokalypse gehalten zu werden – am besten natürlich beides gleichzeitig. Dieses Spiel läuft schon seit tausenden von Jahren. Bereits im fünften vorchristlichen Jahrhundert klagte der griechische Philosoph Aristoteles, die Jugend widerspräche ihren Erzeugern, schwadroniere in der Gesellschaft, verschlinge bei Tisch die Süßspeisen und tyrannisiere ihre Lehrer, kurz, sie habe keinen Respekt vor Autoritäten. Und noch bis vor wenigen Jahren sahen US-Moralapostel um Vizepräsidenten-Gattin Tipper Gore durch Rockmusik die traditionellen Familienwerte bedroht. Wie sich in der ersten Vorrunde des New Bands Festivals am Samstag, 26. April, im Kulturzentrum Tempel zeigte, berufen sich auch in unseren, vom Casting-Show-Mainstream beherrschten  Zeiten Nachwuchsmusiker auf dieses glorreiche gegenkulturelle Erbe. Gut so!
Eine Band, die sich nach einer Textzeile der schlimmen Eurodance-Hupfdohlen Aqua („Barbie girl“) benennt, sorgt natürlich zunächst einmal für Misstrauen. Allerdings machten In Plastic umgehend klar, dass ihnen der Sinn nicht nach Barbiepuppen, sondern knüppelhartem Metalcore steht. Die fünf Prügelknaben ließen pubertär schlechtgelaunt die Riff-Säge kreischend kreisen und erbarmungslos den Downbeat-Hammer niedersausen. Eins ums Andere untermauerten die Rastätter ihren Anspruch, jedes Jugendzentrum auf ihrem Weg zur Hölle in Schutt und Asche zu legen und Textinhalte zu liefern, die dem Birkenstock-tragenden Ethiklehrer die Harre zu Berge stehen lassen. Besonders hervor tat sich dabei Brüllwunder Philipp Erben, der wild gestikulierend mit beängstigend hervorquellenden Augäpfeln literweise Gift wie eine Speikobra und Galle wie ein wütiger Otter spritzte. Das macht natürlich noch mehr Spaß als Früchtetee zu trinken und sich dabei über Bob Ross-Maltechniken oder Kants Moralphilosophie auszutauschen. Einen klareren Rundensieger hat es bei dem Nachwuchswettbewerb selten gegeben.
Doch auch In Haze, die von der Jury in die Zwischenrunde gewählt wurden, machten ihre Sache sehr ordentlich. Zwar wirkte der vierschrötige Landrock der Schwarzwälder streckenweise etwas bieder, doch verleihen insbesondere Gitarrist Julian (nach dem äußeren Anschein höchstens 14-jährig, aber dafür umso geschmackssicherer) und Schlagzeuger Simon mit schillernd schrillen Bluesriffs und bedrohlich wackelndem Drumriser der Sache das nötige Quäntchen Klasse.
In die Zwischenrunde ein zogen dazu die vier adretten Indie-Pop-Jungs von Storyifice als Publikumssieger. Außerdem am Start waren Greyscale aus Karlsruhe und No Headroom, die extra aus dem pfälzischen Dahn angereist waren.







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