Nichts macht aggressiver als ein Konzert von Bohren und der Club of Gore (CoG)! Da kann keine Metzel Metal-Band der Welt mithalten. Indes
liegt das nicht etwa an der Musik des Duster Jazz-Quartetts aus Mühlheim an der
Ruhr, denn die zeichnet sich eher durch beschränkende
Langsamkeit und kontemplativ-sphärische Atmosphäre als
kriegerisch-aufpeitschende Stimmung aus.
Es liegt vielmehr am Publikum. Das ergaben Feldbeobachtungen beim CoG-Gastspiel
am Donnerstag, 6. November, im Karlsruher Musikclub Stadtmitte.
Der mittelbadische CoG-Enthusiast fällt durch zudringliches
am Boden Sitzen im Vorbühnenbereich auf. Unter den hingestreckten Edel-Fans scheint
es obendrein als besonderer Ausdruck der Begeisterung zu gelten, penetrant meditativ
ins Leere starren und den erzeugten Tönen hinterher zu horchen. Die ostentative
Versunkenheit in den Musikgenuss und die damit einhergehende Weltabgewandtheit
vermindert freilich die Fähigkeit, auf die Umwelt zu reagieren, sprich ein
wenig Rücksicht auf die Mitbesucher zu nehmen. So dass sich die weniger
privilegierten Steher im relativ kleinen Club entlang der Wand und an der Bar im hinteren Bereich stauen.
Stets bemüht, im Dunkel auf keinen der komfortabel Lagernden zu treten
beziehungsweise den mit zunehmender Konzertdauer immer stärker werdenden Wunsch,
genau das zu tun, im Zaum zu halten.
Der Arbeitsplatz, auf dem CoG ihren Ereignisarmen aber
gleichwohl fesselnden „Borecore“ erzeugen, liegt in völliger Finsternis, die
lediglich ein paar Strahler
punktuell zurückdrängen. Als Instrumente kommen nach dem Höreindruck vermutlich Kontrabass,
Schlagzeug, Saxophon, Piano und Vibraphon
(Für die Kids und Digital Natives unter euch: Das Vibraphon ist eine Art
überdimensioniertes Xylophon, dem eine Modulationsautomatik ein
charakteristisches Tremolo verleiht) zum Einsatz. Wirklich sehen kann man das dank der Sitzblokade im Saal in
der dustren Ferne aber nicht, nur vermuten.
Die Stücke tragen famose Namen wie „Mitleid Lady“ (in
Anspielung an den von Chris Norman gesungenen Dieter Bohlen Song?) oder
„Verloren – Alles“ und so klingen sie auch. Dass die vier CoG-Musiker nach
eigenem Bekunden „coole Typen, die ihre Spielfreude im Griff haben“ sind, kann
also wenig überraschen. Tatsächlich spielen sie ihre Instrumentalstücke mit
einer Langsamkeit, die nicht nur bloß an der Grenze zum Stillstand
entlangschrammt. Nein, noch zehn Beats pro Minute weniger, man müsste fürchten,
das Raum-Zeit-Kontinuum kippe und die Uhren begännen Rückwärts zu laufen.
Vom beschriebenen Publikums-Autismus müssen aber selbst diese
temperamentlosen Depri-Mucker irritiert sein. Hier werde man wenigstens
kontrolliert wahrgenommen, witzelt Clubpräsident Christoph Clöser. „Anders als
gestern in Nürnberg, wo die Leute die Hütte abgerissen haben.“ Deshalb spiele
man heute entgegen den Gepflogenheiten zwei Zugaben. Nicht ohne den
versammelten Unbeteiligten zum Abschied noch ein „bleibt fröhlich!“ zuzurufen.
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