Stochern im Nebel: Blood Red Shoes. Foto: Promo |
Aus der Hausanlage ertönt derweil Glamrock. Noch mehr
Symbolik? Möglich! Denn denkt man ein wenig darüber nach, fällt auf, dass
Frauen rein rockmäßig das letzte Mal während der 70er Glitter-Ära und den haarsprayversteiften
80ern megaerfolgreich waren: Suzi Quatro, The Runaways, Heart, Blondie, Grace
Slick, Pat Benatar, The Pretenders, Girlschool, Plasmatics und Vixen. Währenddessen
kommen aus späteren Jahrzehnten spontan lediglich die US-Punketten L7 in den
Sinn. Bleibt die Frage, ob an der gegenwärtigen von Carter diagnostizierten mangelnden
Präsenz weiblicher Rocktalente nun das Fehlen selbiger oder doch der Konsument schuld
ist.
Doch wenden wir uns von der Theorie ab und der Praxis zu: Die
zierliche Carter und ihr noch jugendlicher wirkender Sidekick am Schlagzeug Steven
Ansell sehen aus, als müssten sie wegen des abendlichen Auftritts am nächsten
Tag die Schule schwänzen. Dass sie so gut rocken kann wie ihre vorgenannten
Geschlechtsgenossinnen, macht die junge Frau indes schon mit drei Akkorden klar.
Die entlockt sie nämlich einer abgegriffenen Gibson SG, dem Gitarrenmodell, das
auch Black Sabbaths Tony Iommi favorisiert. Obwohl leicht indie-schrammelig
erinnert Carters Sound mehr an Lemmys Bass als an The Strokes, was selbst Leute
mit dem Duo-Format versöhnt, die normalerweise eine Aversion gegen Bands haben,
die meinen, auf einen Tieftöner verzichten zu können (Doors, White Stripes).
Die Songs klingen ein wenig, als habe Lenny Kravitz zu einigen
schweren alten Blue Cheer-Riffs die Gesangslinien beigesteuert, der legendäre
Clem Burke ein paar seiner unnachahmlich straighten Beats daruntergelegt und
Josh Homme dem ganzen schließlich zu einem grisseligen Fuzz-Sound verholfen. Blood
Red Shoes verfügen also gleichermaßen über Popappeal und einen ordentlichen
Punch, was sie rockschuppen- UND Tanzbodenkompatibel macht. Ein nicht ganz
unwesentlicher Erfolgsfaktor, den die Rockdiven vergangener Tage stets im kajalumrandeten
Auge behielten.
Die Strahlkraft der Blood Red Shoes bringt vielleicht noch nicht
die erhoffte Erleuchtung, aber ein Licht am Ende des Tunnels entzünden die
beiden allemal.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen