Weit weniger altbacken als später der Hauptact
präsentierte sich die Vorabband The Picture Books. Zwar wird auch deren
bärtiger Singer-Songwriter-Doom-Blues mit den dezenten
Indie-Einsprengseln keinen Preis bei Jugend Forscht gewinnen.
Aber dafür erfüllte das deutsche Duo die alte Popregel nahezu
mustergültig, dass Erfolg nicht unbedingt dem größten Virtuosen am
Instrument vergönnt ist, sondern demjenigen, der seine Defizite am
besten in Alleinstellungsmerkmale umzumünzen versteht. So erinnerten
Fynn Claus Grabke (Gitarre, Gesang) und Schlagzeuger Philipp
Mirtschink, der, sich wie ein Zwitter aus Duracellhase und
Triremen-Trommler gebärdend, auf einem äußerst beschränkten Set aus drei
Bassdrums und einer Schiffsglocke austobte an die Minimal-Genies
The Black Keys in ihren schwärzesten Momenten.
Bei Kadavar hingegen hat man eher den umgekehrten
Eindruck, nämlich das aus viel zu wenig gemacht wird: Mit Pseudonymen
wie Tiger, Lupus oder Dragon nehmen sich Kadavar zwar so bedrohlich aus
wie der Aufmarschplan eines deutschen Panzerbataillons
vor der Alliierten Landung in der Normandie – aber eben nur auf dem
Papier. Sei es, weil der zierliche Lindemann ein nur wenig
charismatischer Frontmann ist und deshalb der mit seinem Schlagzeug fast
am Bühnenrand thronende Tiger diesen Part zu übernehmen
versucht. Sei es, weil sich die Band zu häufig in ausufernden
Gitarrengniedelorgien ergeht, statt einmal ein paar anständige Refrains
zu schreiben. Vielleicht fehlen auch nur ein paar Batterien Epilepsie
verursachender Stroboskope oder ein paar Milliliter
Gratis-LSD. Vielleicht sind die 70er inzwischen aber auch einfach
endgültig vorbei. Denn wo Bands wie Spooky Tooth und Hawkwind ihre
Zeitgenossen noch mit ein paar Halleffekten und repetitiven Riffs
beeindrucken konnten, wirkt sowas heute einfach nur noch
antiquiert.
Das ist Schade, denn Kadavar sind durchaus keine
schlechte Band. Die Rhythmussektion groovt streckenweise so
unwiderstehlich wie Geezer Butler und Bill Ward zu ihren besten Zeiten
bei Black Sabbath und auch Lindemann hat das eine oder andere
originelle Riff auf dem Kasten. Wenn die Songs zu sehr im ungefähren
bleiben, reicht das aber nicht. „Die Leute wollen was zum Mitsingen“,
sagt schließlich selbst Motörhead-Frontmann Lemmy Kilmister. Und wo hat
der sein Handwerk gelernt? Eben, bei den Kadavar-Vorbildern
Hawkwind.
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