It ain´t Country: Haggards Asis Nasseri 2009 in Glauchau. Foto: Lucas Friese |
Doch gehen wir
chronologisch vor: Schlagzeugdonner! Orchesterdonner! Chordonner! Dramadonner! Die
Vorband Sound Storm immerhin trägt ihren Namen zu Recht. Die Italiener
erschlagen den Hörer förmlich mit ihrem theatralischen
Highspeed-Operetten-Metal. Und das über weite Strecken technisch gekonnt und
elegant wie ein Venezianischer Fechtmeister. Nur gelegentlich übertreibt es das
Sextett mit dem Bombast. Dann wirken die Songs hektisch und die Refrains
so aufgeblasen und kitschig, als haben sich das Rondo Veneziano und die Ten
Tenors nach dem gemeinsamen Besuch eines Crack-Hauses zu einer unheiligen
Popklassik-Terror-Allianz zusammengeschlossen. Dass die beiden Gitarristen mit
ihrer neckischen Haartracht eher aussehen wie Promi-Friseure statt wie
Metal-Musiker, erhöht dazu nicht gerade die Glaubwürdigkeit. Gottlob verfügt
die Band mit Phillipe D´Orange über einen so stimmgewaltigen wie
authentischen Frontmann, so dass die ganze Veranstaltung nie völlig ins
Grillenhafte abkippt.
Bei Haggard indes
weckt schon der Bühnenaufbau böse Vorahnungen: Kerzen- und noch dazu
Notenständer! Nach längerem Umbau schiebt endlich Asis Nasseri, gewichtiger Fixstern
des Haggard-Universums, seinen enormen Klangkörper ins Scheinwerferlicht,
gefolgt von einem ganzen musizierenden Lindwurm. Denn neben der üblichen
Besetzung einer Rockband,
sind auch Streicher sowie Holz- und Blechbläser vertreten.
Nun spricht
grundsätzlich nichts gegen den Versuch, Rockmusik mit Klassik zu kombinieren –
immerhin haben Genregrößen wie ELP, Deep Purple oder auch Accept
dabei teils recht achtbare Ergebnisse gezielt. Allerdings gehört zu einer
gelungenen Symphonic-Metal-Aufführung etwas mehr, als sich den örtlichen
Dorfmusikverein auf die Bühne zu holen. Öffnet etwa die offenbar als Sopranistin
vorgesehene Dame ihren Mund, klingt es, als schwinge der Lausbub Ludwig Thoma
eine Katze am Schwanz über seinem Kopf. Dagegen sind die tiefen Death
Metal-Growls von Asis Nasseri ein wahrer Ohrenschmaus. Hinzu kommt, dass es den
Haggard-Kompositionen trotz des instrumentellen Aufwands schlicht und einfach
an Höhepunkten mangelt. Schnell macht sich Langweile breit.
Es gibt einige
80er-Jahre Thrash Metal-Alben, auf denen renaissancehaft freudig
dahinplätschernde Streicher erklingen. Üblicherweise bringt sie dann wahlweise
ein Sechsschüsser, ein Jagdgewehr oder eine Atomexplosion nach wenigen
Augenblicken zum Schweigen. Bei Haggard kommt dieser Augenblick nie –
bedauerlicherweise.
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