Freitag, 10. Juli 2015

Wenn der Herrgott net will - Goisern hat den Blues

Hat den Blues: Hubert von Goisern  Foto:Jürgen Skarwan

Dem Österreicher an sich wird ein gewisser Hang zum Fatalismus, ja zur krankhaften Traurigkeit nachgesagt.  "Wenn der Herrgott net will, nutzt es gar nix", heißt ein populäres Heurigenlied.  Man könnte auch konstatieren: Angesichts der unvermeidlichen Schläge des Schicksals erfasst den Österreicher gelegentlich der Blues. Dass ein steirischer Alpenrocker wie Hubert von Goisern sich zu dem Genre hingezogen fühlt, dessen Lieder sich so häufig um Resignation, unerwiderte Liebe, Einsamkeit und Untreue (wenn auch oft einen humorvollen Twist) drehen, kann da nicht verwundern.  Und vom Blues ist der Country nur einen Whiskeyflaschen-Wurf entfernt. Auf seinem aktuellen Album „Federn“ hat von Goisern sich am transatlantischen Brauchtumstransfer versucht. Beim  Zeltival im ausverkauften Tollhaus feierte der österreichische Sänger am Mittwoch ein uriges Wurzelmusik-Jambalaya.
 Jodelpionier und Goisern-Vorbild: Countrystar Jimmie Rogers
Dass  die Melange aus Südstaatenmusik und Alpinen Klängen nicht an den Kuhhörnern herbeigezogen ist, zeigt sich auf einen Blick:  Country-Star Jimmy Rodgers galt in den 20er Jahren als "America's Blue Yodeler",  die Ziehharmonika ist das bestimmende Instrument der Cajun-Music, durch die Alpentäler schallt es „Juhuhui!“,  „Yeehaw!“über die blauen Hänge der Appalachen.
So klingt es keineswegs komisch wenn von Goisern Hank Williams „Jambalaya (on the Bayou)“, das seinerseits auf dem Cajun-Song „Grand Texas“ beruht, anstimmt.  Auch andere Traditionals hat sich von Goisern ganz unprätentiös zu Eigen gemacht: „Corrina, Corrina“, zum Beispiel kommt hier nach einer durchzechten Nacht, leicht schwankend als „Des kann's nit sein“ daher. „Corrina wo warst´n so lang?“, fragt der Blues-Typisch Untreue witternde Ich-Erzähler. Auch vor  Gospel („Amazing Crace“) und volle Pulle Hillbilly („Oh, Susanna“) schreckt von Goisern nicht zurück – auch ohne Banjo auf dem Knie.
Dass von Goisern mit der teils eigenwilligen Interpretation solchen einerseits von legendären Interpreten geprägten und andererseits an unzähligen Lagerfeuern  durchgenudelten Liedguts davonkommt, ist einmal seinen leidenschaftlich spielenden Mitmusikern („allesamt Oberösterreicher“, wie der Sänger betont, außer dem Kalifornier Robert Bernstein  an der Pedal-Steel) zu Danken. Die mühelos zwischen Country, Cajun, Blues, Tex Mex und Blasmusik hin und her springen, ohne sich lächerlich zu machen. Und natürlich der bodenständigen Performance von Goisern selbst. Wenn der Steierer in versoffen dahinschlurfendem Shuffle vom Schnaps singt, klingt das keinen Deut weniger glaubwürdig, als wenn John Lee Hooker „One bourbon, One Scotch, One Beer“ brummt und im Hintergrund die Canned Heat auf allen Zylindern feuert.

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