Freitag, 24. Juli 2015

Wimps and posers leave the hall! - Beim BYH nimmt man den Metal noch ernst


In Balingen ist der Name noch Programm. Fotos (alle): Crazyfink
Es stimmt schon, Bands wie die Solinger Stahlschmiede Accept, die Teutonen-Thrasher Kreator oder die Schockrocker W.A.S.P. kann man auf allen großen Metal-Festivals und nicht nur dem Bang Your Head (BYH), das am vergangenen Wochenende in Balingen stattgefunden hat, spielen hören. Aber während sich etwa das am kommenden Wochenende bevorstehende Wacken Open Air (WOA) in der schleswig-holsteinischen Tiefebene von einer Metal-Party der örtlichen Dorfjugend zur überdimensionierte Kirmes mit
Machen dir kein X für ein U vor: Pretty Maids.
Wikingerlagern, Schau-Catchen und Comedy-Einlagen gewandelt hat und man dort auch vor Blaskapellen und mittlerweile sogar Heino nicht mehr sicher ist, scheint auf der schwäbischen Alp die Zeit stehen geblieben zu sein.  Während die WOA-Macher unter dem ikonischen schwarzen Label mit dem Stierschädel inzwischen sogar Butterfahrten und Ski-Freizeiten vermarkten, setzt man in Süddeutschland auch im zwanzigsten Festivaljahr weniger auf Marken- als auf Traditionspflege.
Der wildeste Kindskopf des Rock: Blackie Lawless

Die Ausgangssituation bei beiden Veranstaltungen ist im Grunde ähnlich: Horden schwarzgekleideter Feierbiester fallen einmal jährlich für ein paar Tage ins verschlafene Provinzörtchen ein und lassen es ordentlich krachen Dennoch trennen die Festivals Welten. Im Norden haben unter weltweiter Medienanteilnahme längst Event-Touristen, die mal feiern wollen wie Metal Fans, aber das Tragen eines Schottenrocks für ein musikalisches Statement halten, das Ruder übernommen. Im Süden, beim Bang Your Head, ist – ohne das außerhalb der Metal Szene groß jemand davon Notiz nähme – der Name noch Programm. 
Gewappnet zur Schlacht: Omens Kevin Goocher
Wenn Blackie Lawless (58) hier in seinen weißen Fransenstiefeln auf die Bühne stakst und „I'm a wild child, come and love me / I want youhouhou“ johlt, gehen die Fäuste zum Himmel und nicht die Smartphones. Hier kann ein stahlkettenbehängter Metal Dino wie Harry "The Tyrant" Conklin, Frontmann der mythischen Power-Metal-Formation Jag Panzer, noch Zeilen wie „Black is the meaning of life“ singen und dabei großtuerisch mit den benieteten Armen rudern, ohne dass das irgendjemand für eine ironische Brechung überkommener Metal-Klischees auffassen würde.
Still Heavy Metal Maniacs: Exciter.
Auch lacht niemand über die Ritterrüstung von Omen Frontmann Kevin Goocher – zumindest solange er sich an alle Texte vom1984er
Kultalbum „Battle Cry“ erinnern kann. Hier bricht Begeisterung aus, wenn der singende Schlagzeuger Dan Beehler  nach über 20 Jahren Abstinenz mit der Originalbesetzung der Proto-Thrasher Exciter einmal mehr „Heavy Metal Maniac“ anstimmt. 
Lauter bitte, wir sind schließlich keine 30 mehr: JB.
Hier hält es niemand für kitschig, dass selbst eine relativ junge Band wie Grand Magus aus Schweden, nach denen noch niemand ein Fossil benannt hat, ihren Songs Titel wie „Triumph And Power“, „The Hammer Will Bite“ oder „Bond Of Blood“ geben und die Lieder auch noch haargenau so klingen, wie der Titel es vermuten lässt. Hier sind verblassende Iron Maiden-Tattoos noch cool.
Wimps and posers leave the hall!: Grand Magus.
Hier können erwachsene Männer zu den perlenden Gitarrensoli von Y&Ts Dave Meniketti noch Tränen der Rührung vergießen. Wohingegen das Oktoberfest-Publikum auf dem WOA im vergangenen Jahr die unvergleichlichen Gitarrenattacken  von Megadeth-Frontmann Dave Mustaine mit weitgehender Nichtbeachtung strafte, weil Bierleichen fotografieren ist schließlich auch wichtig.
Metal as metal can be: Die Fans in Balingen.
Zwar sind die urtypischen Metal Krieger Manowar inzwischen ähnlich von allen guten Rock´n´Roll Geistern verlassen, aber sie haben mal einen ziemlich klugen Vers geschrieben: „Heavy Metal or no metal at all/ Wimps and posers leave the hall!“ In Balingen wird er bislang noch beherzigt.   



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