Vielen ist Nick Cave
vermutlich hauptsächlich aus den 90er Jahren bekannt, wo er im Video zu „Where The Wild Roses Grow“, dem Goth-Remake einer alten Country-Mörderballade Namens „Banks of the Ohio“, als Jüngling mit schwarzbraunem Haar die schöne Wasserleiche von Kylie
Minoque anschmachtet – nachdem er sie selbst um die Ecke gebracht hat.
Heute bringt Nick Cave mit seiner Band The Bad Seeds
ein neues Album heraus. Es ist ihr fünfzehntes und heißt „Push the Sky Away“. Und
wieder spielt sich allerlei Abseitiges und Finsterliches an den Ufern diverser
Gewässer ab: An verborgenen Stränden, nur durch finstere Tunnel erreichbar, die
in verzauberten Gärten,
in welche man nur mittels geheimer Schlüssel gelangt, winkt Cave unter
bleiernen Himmeln einer entschwundenen Liebe ein letztes Adieu zu („Wide Lovely
Eyes“). Am Gestade stellen die Jungs aus dem Ort den Stadtmädchen nach. Die
öffnen ihre Beine wie Bibeln, um sich von der Dorfjugend durchbohren zu lassen
(„Water´s Edge“). Aus der Ferne grüßen Meerjungfrauen und Cave besingt einmal mehr
die Geliebte im feuchten Grund: „I
believe in God/ I believe in mermaids too/ I believe in 72 virgins on a chain
(why not, why not) / I believe in the rapture/
For I've seen your face/ On the floor of the ocean/ At the bottom of the
rain.”
Im “Higgs Boson Blues” beobachtet Cave auf der Fahrt
über schwarze Straßen nach Genf (auch das liegt bekanntlich am Wasser) an einer
Kreuzung Robert Johnson
und den Belzebub beim Abschluss ihres legendären Deals.“Don´t know whos gonna
rip off who“, stellt er dabei fest und braust weiter Richtung Lorraine Motel,
auf dessen Balkon 1968 Martin Luther King erschossen wurde. So weit so
kryptisch.
Musikalisch
verpacken, oder vielmehr umspielen, die Bad Seeds Caves obskure Dichtungen mit
spartanisch arrangierten Tonstücken, nur getragen von einer plinkernden
Gitarre, einem bedrohlichen Bass oder flüchtig hingetupften Keyboards. So
klingen die Songs wie das meandernde Echo längst verklungener Country-, Folk-
oder Gospel-Tunes. Etwas satter instrumentiert und gestrafft verfügten sie über
Stadionqualitäten. Doch wahrscheinlich ginge Nick Cave lieber ins Wasser als
nochmal wie in den 90ern den Schmusesänger zu geben. So ist ihm ein
fantastisches erstes Alterswerk gelungen, gefühlvoll und doch voller Sünde!
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