Vokuhila-Frisuren, Holzfällerhemden, Lederwesten; optisch erwecken die vier mittelalten Herren den Eindruck, als hätten sie nach dem Stempeln den Nachmittag am Indianerbrunnen auf dem Werderplatz verbracht – dort gelten derlei Brummifahrer Accessoires noch immer als der modisch letzte Schrei – und seien anschließen mit Aldi-Tüten statt Instrumentenkoffern zum Gig angereist. Dieser Hauch von Verwegenheit verleiht dem ansonsten eher konventionellen Bluesrock Marke „Ten Years After“, den das teils regional, teils international besetzte Quartett zum besten gibt, genau das richtige Gran Prekariats-Charme, über das eine ernstzunehmende weiße Blues-Combo verfügen sollte.
Ihre Arbeit
verrichten die Dynamites mit routinierter Verve: Der schottische Schlagzeuger
Colin Jamieson, der dem Vernehmen nach in den 70er Jahren mit so
zweifelhaften Persönlichkeiten wie Bill Ramsey („Zuckerpuppe“) und Ted Herold („Ich bin ein Mann“) spielte, thront mit übergroßer
80er-Sonnenbrille, Trilby-Hut und verschlissenen Klamotten hinter dem Drumkit.
Mit seinem verlebten Gesicht sieht er aus wie 82, haut aber rein wie 28 –
Respekt! Gitarrist Martin „Professor“ Czemmel lugt verschmitzt unter seiner
Trucker-Mütze hervor und lässt zünftig die Slide jaulen. Andrea Tognoli aus
Mailand schrubbt fröhlich den Bass. Und Frontmann Didi Dynamite aus Uppstadt-Weiher
im giftgrünen T-Shirt über dem Schmerbauch singt, als habe er die staubtrockene
Kehle zeitlebens mit nichts anderem als billigem Dosenbier geölt.
Hinzu kommt
eine gehörige, europäischen Blues-Adepten gerne fehlende, Kelle Humor. Songs
heißen „I´m tired but I´m lonely”, behandeln die krude Story von “Bertram the Werewolf” oder die des
„Transsilvania Express”. „Wir sind grad mystisch drauf, das kommt, wenn man in
der Jugend zu viel LSD-nimmt“, erklärt Didi den Hang zum Skurrilen.
Das alles ist allererste Blues-Abschaum-Sahne
und macht Lust mächtig
Lust auf einen Fleischkäswegg von Johnny´s
PS-Stube, dem längst verschwundenen ehemals letzten
Rückzugsort der Karlsruher Tuningfraktion, und eine schöne Kurmark-Zigarette
danach.
'Eiterpickel'? ...selten eine treffendere - wenn auch bösartige - Beschreibung des regierenden Bluesestablishments hierzulande gelesen.
AntwortenLöschenJa wir versuchen allen Ernstes nicht einfach nur nachzubeten was andere
schon vorgegeben haben, textlich wie musikalisch.....
und mit mehr artistischem Impetus als unser Auftreten vielleicht vermuten lässt.
ich fühle mich geehrt lieber Felix...
grüsse vom professor