Besser kann man die Bedeutung von
Jeff Hanneman nicht zusammenfassen: „Du du hast mich als Kind vom Pop befreit“,
schrieb ein Fan im Internet unter die Todesnachricht des Slayer Gitarristen,
der am Donnerstag in einem Krankenhaus in Südkalifornien
an Leberversagen gestorbenen ist. Jeff Hanneman war nicht einfach ein
Gitarrist, er war DER Metal-Gitarrist – allenfalls überragt von seinem
Bandkollegen Kerry King. Beide trafen
sich 1981 in Huntington Park und gründeten Slayer, die neben Bands wie Exodus
und Metallica als Wegbereiter des Thrash-Metal galten. Bis heute haben Slayer elf Alben veröffentlicht und laut Billboard-Magazin etwa fünf Millionen
Tonträger verkauft.
Vor zwei Jahren hatte sich Hanneman wahrscheinlich
durch einen Spinnenbiss Nekrotisierende Fasziitis zugezogen, eine Infektion, die
die Haut absterben lässt. Hanneman war deswegen in den letzten Jahren mehrfach
operiert worden und konnte nicht mehr mit Slayer spielen, wo er durch den
Exodus-Gitarristen Gary holt vertreten wurde. Aus der Öffentlichkeit hatte sich
der stets schweigsame Hanneman fast völlig zurückgezogen, trotzdem glaubte
seine Band bis zuletzt an seine Rückkehr. Vom plötzlichen Tot ihres Kollegen zeigten
sich die verbliebenen Slayer-Mitgliedervöllig überrascht. Ob sein Leberversagen mit der Fasziitis
zusammenhängt, ist bislang offenbar nicht bekannt. Jeff Hanneman wurde 49 Jahre
alt.
Bereits auf ihren ersten beiden Alben, "Show No
Mercy" (1983) und "Hell Awaits" (1985), die einem letalen Cocktail
aus aggressivem, unbangbar schnellem Punkrock mit ultrahartem Metal ihr
faustisches Potential an. Doch erst mit "Reign in Blood" kam es 1986
zur vollen Entfaltung. Ein wahrer Behemoth von einer Platte, das Adepten extremer
Musik als das bislang brutalste, kompromissloseste und hasserfüllteste Metal-Werk
aller Zeiten gilt.
Selbst aus diesem Vinyl-gewordenen Schlachtgetümmel,
zu dessen düsterer Atmosphäre Hanneman mit seinem bellizistischen Spiel maßgeblich
beitrug – besonders seine Soli gehen unter die Haut wie das kriechende Chaos Nyarlathotep – sticht noch ein Song heraus wie
ein Leopard 2-Kampfpanzer auf dem Kundenparkplatz eines Einkaufszentrums: „AngelOf Death“. Die Kombination aus der geballten Feuerkraft
peitschender Drums, mit messerscharfen Stahlnägeln bewehrter Bass-Panzerung und
todbringender Fingerfertigkeit und Präzision des Killer-Riffs speienden Zwillingsgeschützes
King/Hanneman machen diese Nummer zum ultimativen Thrash Metal-Destillat – Größer
und mächtiger als irgendetwas real existierendes. Wer nach diesen 4:51-Minuten Stahlgewitter noch jemals das Bedürfnis verspürt,
ein Michael Bublé-Album aufzulegen, dem ist nicht mehr zu helfen.
Komponiert oder vielmehr von der Kette gelassen
wurde „Angel Of Death“ von Jeff Haneman. Auch den nicht unumstrittenen Text,
dem die Gräueltaten von KZ-Arzt Josef
Mengele zugrunde lagen und der die ohnehin harte Realität noch mit
pechschwarzer Fantasie potenzierte, steuerte der Gitarrist bei (Auch bei der
Entstehung weiterer Klassiker wie "Raining Blood", "Seasons in
the Abyss" und "South of Heaven" hatte er seine flinken Hände im
Spiel).
In der Folge wurde der blonde Raiders-Fan, der seine
Gitarren gerne auch mit unzweideutigen Symbolen verzierte, immer wieder mit
Nazi-Vorwürfen konfrontiert, die er ebenso lapidar abblockte, wie Anwürfe, er
oder seine Band seien Teufelsanbeter: Er sei kein Satanist, Gott gehe ihn
einfach nichts an.
Zu seinem bevorzugten Sujet, dem Tod, hatte Hanneman
vorgeblich ein neutrales bis entspanntes Verhältnis. Dem Rock Hard sagte er
einmal in einem Interview: „Wenn wir sterben, sind wir tot. Mausetot. So
einfach ist das! Das bedeutet, dass man sein Leben genießen sollte, denn es ist
schneller vorbei, als man denkt. Und für jene, die uns ein schönes Leben versauen
wollen, schreiben wir unsere Texte.“ In diesem Sinne: ruhe in Frieden, Jeff Hanneman!
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