Anlässlich ihrer
ersten Ausstellung in Deutschland im kleinen Karlsruher Kulturzentrum Kohi , sprach der Rockblog mit den beiden Malern.
BRB: Erin, Anthony, bitte charakterisiert einmal
kurz die Kunst des andern.
Anthony: Erins Kunst
hat eine narrative Dimension. Auf ihren Reisen malt und zeichnet sie unentwegt,
wie sich ein Autor Notizen macht (Allein
während unseres gemeinsamen Abendessens fertigt sie zwei Zeichnungen, Verf.).
Servietten, Flyer von Clubs, Kötztüten aus Fliegern – alles bemalt Erin. Sie zeigt den Kampf der Menschen für eine
sozialere Welt. Es ist die Welt der kleinen Leute. Die Motive meiner Kunst hingegen sind die Raubtiere unserer modernen
Welt und ihre Opfer. Wenn Kunst heute keine soziale oder politische Dimension
hat, ist sie nur eine ästhetische Fingerübung. Das interessiert mich nicht.
Es sind zwei Seiten
ein und derselben Medaille. Wir wohnen sozusagen in der gleichen Straße, haben
aber verschiedene Adressen.
Wie habt ihr euch kennengelernt?
Anthony: Vor 16
Jahren in einem Kaffee. Erin bediente dort, ich war Kunde.
Erin: Er war aus seinem
Stammkaffee rausgeflogen und kam von da an regelmäßig in meines.
Anthony: Wir saßen
gemeinsam auf der Türschwelle, rauchten und lachten. Seitdem waren wir immer
zusammen, bis auf ein Jahr. Da nahmen wir uns eine Auszeit voneinander.
Ihr macht keinen Hehl daraus, dass ihr mit der
politischen Situation in eurem Heimatland nicht einverstanden seid. Könnt ihr
das ein wenig präzisieren?
Anthony: Ich glaube
dass das politische System heute verdorbener ist als vor fünfzig Jahren. Damals
waren sich die US-Bürger zumindest der Tatsache bewusst, dass sie in einem
Polizeistaat leben – schließlich wurden sie bis 1961von einem General regiert
(Dwight D. Eisenhower, Verf.). Kennedy war ein Lichtblick, aber Nixon hat das
Land dann endgültig runtergezogen. Heute steht doch viel mehr auf dem Spiel.
Die Ressourcen, um die die Großmächte konkurrieren, sind knapp. Der
Kapitalismus ist völlig ungezähmt. Die Politiker sind gekauft – heute arbeiten
sie für Halliburton, morgen sitzen sie im Kabinett. Jeder liebt zum Beispiel
Clinton, aber er hat viele der Gesetze, die die heutigen Probleme Mitverursacht
haben, erst auf den Weg gebracht.
Ist es in Europa denn besser?
Anthony: Nein, die
ganze Welt ist abgefuckt. Und leider weiß ich das ganz genau, denn ich bin ständig
auf Reisen.
In den vergangenen zwölf Jahren habt ihr
gemeinsam 40 Länder bereist, darunter auch politische Brennpunkte, wie
Lateinamerika oder Südostasien.
Anthony: Zum
Beispiel waren wir drei Wochen nach der Absetzung von Mubarak auf dem Tahir Platz. Wir
hatten im Libanon Freunde besucht und reisten spontan nach Kairo. Die Leute
sahen uns und waren einfach nur baff. Sie sagten, wisst ihr nicht, dass hier
gerade eine Revoution stattfindet. Wir sagten, deshalb sind wir hier.
Erin: Angst hatten
wir dort nie. Nur die US-Regierung schürt die Angst vor diesen Menschen. Wenn
man aber hinfährt und mit ihnen spricht, ist alles ganz anders. In Kairo kannst
du mit jedem, der dir auf der Straße begegnet eine vernünftige politische
Diskussion führen, was man LA zum Beispiel nicht behaupten kann.
Anthony: So ist es
eigentlich überall auf der Welt, die Leute sind im Grunde cool. Die
Machtstrukturen sind das Problem.
Wir erleben in Deutschland gerade einen
ziemlichen Hype der Idee, die Abgaben für Besserverdienende müssten erhöht
werden, obwohl die Steuereinnahmen sprudeln, wie nie zuvor. Geht der Kampf um
eine sozialere Welt automatisch mit einer Abneigung gegen reiche Leute einher?
Erin: Nein, aber ich denke, man kann reich sein, ohne andere
Menschen auszunutzen und die Umwelt übermäßig zu strapazieren.
Anthony: Ich glaube, wirtschaftlicher
Austausch ist in Ordnung, auch mit Geld als Zahlungsmittel. Allerdings sollte
dieses Zahlungsmittel einen reellen Gegenwert haben. Nicht umsonst fungierte
Gold in früheren Zeiten als Währung. Der Dollar hingegen ist doch nur noch eine
einzige Lüge.
Erin: Wir allerdings führen ein einfaches
Leben. Wir haben kein Haus, keine Kreditkarten und teilen uns einen alten
Truck. Ansonsten besitzen wir nur ein paar Bücher. Ich würde unsere Lebensweise
als eine Art Robin-Hood Recycling bezeichnen.
Erin, Du nennst „Sozialistischen Realismus“ als Einfluss. Kannst Du
dir vorstellen, dass das einigen Menschen, deren Familien unter den Repressalien
der kommunistischen Diktaturen in Europa zu leiden hatten, sauer aufstößt?
Erin: Meine Kunst ist vom sozialistischen
Realismus der Amerikas beeinflusst, etwa von revolutionären Wandbildern in
Mexiko. Mit Stalinismus europäischer Prägung hat das überhaupt nichts zu tun.
Anthony: Um die Welt zu ändern, brauchen wir auch
gar keine Revolution. Es würde schon völlig genügen, das Spiel nicht mehr
mitzuspielen. Die Menschen sind heute doch traumatisiert vom modernen Leben. Sie
gehen einem Job nach, den sie hasen und abends kommen sie nachhause und hassen
vor lauter Frust ihre Familien.
Die
Werbung zeigt uns Bilder von glücklichen Paaren, die beide lächelnd in ihre
separaten i-phones glotzen und sich gegenseitig ignorieren. Du benutzt weder
dein Hirn, weil du alles nur noch online nachschaust, noch dein Herz.
Stattdessen verbringst du deine Zeit damit, am Bildschirm kleine Hunde und Katzen
aufzuziehen. In Wahrheit ist so ein Dasein lächerlich, langweilig und dumm!
Oder nimm zum Beispiel die Cloud. Die Cloud
ist ein Witz. Sie ist nichts anderes als ein Ort, an dem die Regierung
problemlos auf all deine persönlichen Daten zugreifen kann. Wer ist bescheuert genug,
so etwas zu benutzen?
Erin: Es wird uns auch ständig vorgegaukelt,
digital wäre besser. Ich glaube hingegen, dass Bücher oder der Akt des Malens
erhaltenswerte Kulturgüter sind.
Anthony, du hast mal bei William S. Burroughs studiert. War das
während seiner Zeit am New York City College?
Anthony: Nein, das war auf der „Jack Kerouac School of Disembodied Poetics“. Sie gehörte zur Naropa University, die Chögyam Trungpa gegründet hat.
Dieser verrückte buddhistische Mönch?
Anthony: Genau der. Er hatte so eine Art Leibgarde, die Vajra Guard, und wenn er mit einer der Studentinnen Sex haben wollte, haben die das klargemacht. Jedenfalls unterrichteten dort viele Poeten der Beat Generation wie Allen Ginsberg, Anne Waldeman und eben Burroughs.
Die ganzen Bekloppten also?
anthony: Hahaha. Ja, die ganzen Bekloppten. Es war einfach nur Großartig! Leider haben sie dort in Boulder, Colorado, auch nukleare Sprengköpfe hergestellt. Dagegen haben wir demonstriert, dabei wurde es etwas ungemütlich. Ich kam für drei Monate in den Knast und musste schließlich den Staat verlassen.
Info: KOHI-Kulturraum zeigt "Saints, Soldiers, Scholars and Psychos" ab Samstag, 27. April, 19 Uhr, bis voraussichtlich Ende Mai. Geöffnet während der Veranstaltungen.
Dieser verrückte buddhistische Mönch?
Anthony: Genau der. Er hatte so eine Art Leibgarde, die Vajra Guard, und wenn er mit einer der Studentinnen Sex haben wollte, haben die das klargemacht. Jedenfalls unterrichteten dort viele Poeten der Beat Generation wie Allen Ginsberg, Anne Waldeman und eben Burroughs.
Die ganzen Bekloppten also?
anthony: Hahaha. Ja, die ganzen Bekloppten. Es war einfach nur Großartig! Leider haben sie dort in Boulder, Colorado, auch nukleare Sprengköpfe hergestellt. Dagegen haben wir demonstriert, dabei wurde es etwas ungemütlich. Ich kam für drei Monate in den Knast und musste schließlich den Staat verlassen.
Info: KOHI-Kulturraum zeigt "Saints, Soldiers, Scholars and Psychos" ab Samstag, 27. April, 19 Uhr, bis voraussichtlich Ende Mai. Geöffnet während der Veranstaltungen.
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