Donnerstag, 30. Mai 2013

Gothic Blues - Walking Papers, die Seattle-Supergroup mit Duff McKagen in der Garage Saarbrücken



Die Fahrt nach Saarbrücken erscheint wie ein Trip zu den Zwergen hinter die sieben Berge: Der Wald entlang der mehr wie eine Landstraße wirkenden Autobahn wird immer dichter und die Täler schattiger. Schließlich gelangt man auf eine Lichtung, auf die sich pittoresk die Hauptstadt des Saarlandes schmiegt. Überaus putzig auch das „kleine Haus“ des Garage Clubs von der Größe eines Wohnzimmers (der Hauptsaal dagegen fasst mindestens 800 Besucher).  Verwunderlich, dass die Walking Papers – dank ihrer Rhythmusgruppe, bestehend aus Duff McKagan (Guns ´n´ Roses, Velvet Revolver, Loaded) und Barrett Martin (Screaming Trees, Mad Season) getrost als Seattle-Soupergroup zu bezeichnen – ausgerechnet hier eines von nur drei Deutschlandkonzerten spielen. Doch die Kalkulation erweist sich als richtig, kaum hundert Saarländer haben an diesem Donnerstagabend des 2. Mai Bock auf schieren Rock´n´Roll.

Duff McKagan - unverfälscher Rock´n´Roll. Fotos: Minea Linke

Den Anfang machen Buffalo Summer. Mit seinem haarigen, Eier entblößendem Schlaghosen-Bluesrock, der aus weiß Gott welchem stinkenden Sumpf in Louisiana gekrochen zu sein scheint, bringt das Quartett schnell Leben in die Bude. Zwar erinnern die Waliser nicht nur wegen Stimme und Erscheinung von Sänger Andrew Hunt verdammt an die Black Crowes, aber es gibt schlechtere Referenzen. Außerdem verleiht ein leicht missmutiger Grunge-Einschlag dem Sound der Sommerbüffel durchaus eigenen Charakter. Läuft also alles in allem, und auch Gitarrist Jonny Williams, der enthusiastisch in die Saiten drischt wie ein junger Jimmy Page, wird noch von sich reden machen. 

Wilder Büffel: Jonny Williams

Dann nehmen die Walking Papers die Bühne in Besitz. Alle sind in edles Schwarz gekleidet. Nobel auch der Sound: Cream treffen The Smiths treffen Soundgarden treffen The Raconteurs. Ergebnis dieser exquisiten Melange ist eine Art malizöser Goth-Blues; düster, rau, unverfälscht, gefühlvoll. 

Walking Papers on stage. Zeichnungen: Erin Currier

Gleiches gilt für die Darbietung der Musiker: Duff, der einstige King of Beers, rank und schlank, das Gesicht aber älter als seine 49 Lebensjahre, bedient den Bass mit stoischer Gelassenheit. Sein asketisches Spiel kontrastiert das des hyperaktiven Martin, der gleich einem vielarmigen Hindugott ständig was auf irgendeinem seiner Kessel am Laufen hat. Im Ergebnis schieben beide zusammen wie eine tonnenschwere Planierraupe. Fett!



In seiner schwarzen Lederjacke der stetig zunehmenden Hitze trotzend gebärdet sich Benjamin Anderson hinter seinem  E-Piano wie Rowlf the Dog in der Muppet Show, wobei sich seine akkurat gestaltete Gelfrisur nach und nach in nasse Fransen auflöst. Auf bizarre Weise cool!



Hat den Hut auf: Jeff Angell













Chef im Ring ist eindeutig Jeff Angell: Der einstige Missionary Position-Frontmann vereint die leicht grausige Aura einer Kanalratte aus dem Londoner Hafenviertel des ausgehenden 19. Jahrhunderts mit den famosen Bühnenqualitäten eines James Brown. Bedrohlich wie eine Schwarze Mamba wiegt und windet sich der dünne blasse Mann, den Mikroständer einsetzend wie ein Seelenfänger beim Fliegenfischen, den Hut jongliert er wie ein blasphemischer Justin Timberlake. 

Die Gitarre hingegen bearbeitet er mit der kraftvollen todbringenden Eleganz eines  Tigers – und er singt wie ein Leopard. Dass Angell mal als Scott Weiland-Ersatz bei Velvet Revolver im Gespräch war, kein Wunder! Das dieser Mann bislang keine Stadien füllt, ist nur dadurch erklärlich, dass er bei der Abzweigung Musiker- oder Drogenkarriere nach eigener Auskunft vor Jahren falsch abgebogen ist.


Trotzdem besser wohl, dass der Velvet Revolver-Deal nicht zustande gekommen ist. Sonst hätte die Welt auf diese Band vielleicht verzichten müssen. Und eines ist sicher: Niemand, dem Rockmusik etwas bedeutet, kann die Walking Papers nicht mögen!

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