Alright now! Won´t you listen? Morgen wird es also in den Läden stehen, das neue Black Sabbath Album. Seit Wochen und Monaten erfüllt diese Weissagung nicht nur die Heavy Metal-Gemeinde mit pfingstlicher Erwartung, sondern auch den Wald bedruckter Blätter mit einem gewaltigen Brausen. Warum das? „13“, das an diesem Freitag via Universal erscheint, markiert nach 35-jähriger Abwesenheit die Rückkehr von Sänger Ozzy Osbourne – nicht wie fälschlich von der Plattenfirma behauptet, dreier Viertel der Originalbesetzung. Denn das Instrumentaltrio zerfiel erst 1983 nach dem Gastspiel von Sänger Ian Gillan endgültig – und läutet somit sozusagen das Ende der Bergentrückung einer der einflussreichsten Bands der Rockgeschichte ein. Denn dem Gründungsmythos des Heavy Metal zufolge, waren es vier Arbeiterkids aus Birmingham, die 1970 endgültig aufräumten mit „Love and Peace“. Mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum, einem tiefschwarzen Werk voller angsteinflößender Gitarrenriffs und okkulter Referenzen, jagten Black Sabbath nicht nur den damals ohnehin schon reichlich desillusionierten Blumenkindern einen solchen Schrecken ein, dass diesen im Grunde nur die Wahl blieb zwischen der Mündung einer Pistole und dem Fuß des Kreuzes, sondern definierten im Alleingang gleich noch das Paradigma der Rockmusik.
Nun reiten Ozzy Osbourne, Tony Iommi (Gitarre)
und Geezer Butler (Bass) also wieder
gemeinsam in die Schlacht – nur Drummer Bill Ward ist aus irgendwelchen Gründen
nicht dabei, vermutlich weil sein Bart festgewachsen in einem Steintisch hängt.
Dem populären Metal-Volksglauben zufolge, sollte diese Auferstehung dem
gesamten Genre eigentlich zu neuer Herrlichkeit verhelfen, wie Kaiser Friedrich
Barbarossa dem Reich, sobald er unter dem Kyffhäuser aus seinem Zauberschlaf erwacht. Allzu viele Chancen werden sich dafür nicht mehr bieten, denn anders
als der alte Rotbart in seinem Berg, können sich Black Sabbath nicht noch einmal
hundert Jahre zum Schlafen hinlegen, wenn die Raben noch kreisen. Die
Bandmitglieder sind durchweg jenseits der 60, Iommi krebskrank. Bei den Aufnahmen
mit Starproduzent Rick Rubin (Beastie Boys, Slayer, Johnny Cash) ging es also
ums Ganze. Aber konnte das Triumvir noch einmal großes leisten?
Jein! Zwar klingen die acht Songs auf „13“
tatsächlich nach den alten Sabbath der frühen 70er, aber eben nur: WIE! Dass
sich am mutmaßlichen Endpunkt einer über vier Jahrzehnte währenden
Bandgeschichte die eine oder andere Selbstreferenz einschleichen würde,
war zu erwarten und vielleicht sogar erwünscht.
Dass sich Osbourne, Iommi und Butler, vermutlich dem mittlerweile etwas
abgenutzten modus operandi von Rubin folgend, den Künstler auf sein Urbild
zurückzuführen, ausschließlich auf ihre ersten drei oder vier Platten zu
beziehen, ist ein Fehler.
Das Mittel der Reduktion mag bei Johnny Cash genau
die richtige Kur gewesen sein. Dem Countrysänger war die Selbstbeschränkung auf
Stimme und Gitarre eine langersehnte Befreiung. Für Typen wie Osbourne und
Iommi, deren Einzigartigkeit im Grunde auf ihren Handicaps beruht – der eine
konnte noch nie richtig Singen, der andere nach einem Unfall, bei dem er zwei
Fingerkuppen verlor, nie richtig Spielen –, die sie mit Findigkeit und einem
Gespür für den Zeitgeist überwanden, ist sie nur bedingt tauglich.
Denn erstens hat die barocke, experimentellere Hoch-
und Spätphase der Ozzy-Ära bis 1978 ihre ganz eigene koksweiße Magie. Und
zweitens haben sowohl Iommi, der Black Sabbath in verschiedensten Besetzungen
bis in die jüngste Vergangenheit weiter betrieb, als auch Osbourne nach ihrer
Trennung noch viele großartige Rock-Alben abgeliefert, von denen in der Summe
mindestens ein halbes Dutzend zu den absoluten Klassikern des Genres zählen.
Von all dem ist auf „13“ jedoch kaum etwas zu hören.
Statt dem Metal-Gott auf den geschichtsträchtigen Fundamenten einen zeitgemäßen
Klangtempel zu errichten, schlendern die älteren Herren gemäßigten Schrittes ein
wenig zwischen den alten Gräbern auf dem angrenzenden Friedhof herum, während
der bleiche Rick (Rubin) dazu die Totenglocke läutet. Hier haben sie früher
gekifft, Weinflaschen auf den Grabsteinen zerdeppert und im Drogenrausch wilde
Veitstänze vollführt. Heute bleibt der Höllenhund an der Kette.
Iommis Riffs, üblicherweise größer und mächtiger als
irgendetwas real existierendes, sind diesmal überraschend eine Nummer kleiner
ausgefallen (2009 auf „The Devil You Know“, der letzten Platte mit Osbournes
Nachfolger Ronnie James Dio war das noch anders). Brad Wilks Drumming (Rage Against
The Machine) wirkt merkwürdig gehemmt. Immerhin
rehabilitiert sich Ozzy Osbourne. Mit einer überraschend zwielichtigen
Gesangsleistung macht er seine Auftritte als Fernsehclown und Erzeuger peinlichen
Nachwuchses nahezu vergessen, und nimmt seinen angestammten Platz, nicht als Friedenskaiser,
aber Prince of Darkness wieder ein. Auch
Geezer Butlers keulender Bass kommt auf die Habenseite.
Unterm Strich ist „13“ ein ordentliches Black
Sabbath-Album. Besser als „Never Say Die“, aber nicht so gut wie „Headless
Cross“. Fundamentalisten, denen die Frühphase das einzig Wahre ist, werden
damit ihr Auskommen haben müssen. Fans, die auch den verschiedenen anderen
Inkarnationen etwas abgewinnen können, bietet der Backkatalog genügend höherwertige
Alternativen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen