Donnerstag, 20. Februar 2014

Schon mal ´nen Flugsaurier singen hören? - Adoney gewinnen New.Bands.Festival


 Gewinnertypen: Adoney. FOTO: SVEN VITTOZ
Die Rockband Adoney hat das New-Bands-Festival 2013/14 gewonnen: Mit ihrem erderschütternden Dinosaurier-Sound murgtalensis nahmen die Gaggenauesen das Substage im Sturm: Dem angegrungeten Monster Rock von JB Jables (Raptor-Gitarre), Chris Schottmüller (Triceratops-Bass), Alex Kohl (Donnerechsen-Drums) und Lars Barkawitz (Quetzalcoatlus-Vocals) hatte an diesem Abend keine andere Band auch nur das geringste entgegenzusetzen. Auf diese vier können sich die Festbesucher im Sommer wahrhaft freuen. Aber Vorsicht, Sicherheitsabstand halten, sonst: crunch!
Zweite wurden die Power Popper FoFo Tank, die Punkband Cheaper Than Money  Publikumssieger. Die Folk-Gruppe Seatime wurde dritte. Der Gesamtgewinner spielt auf der Hauptbühne bei „Das Fest“, auf den Zweitplatzierten wartet ein Slot beim Uni-Fest, die Band mit den meisten Besucherstimmen darf in der Günther Klotz-Anlage auf der Feldbühne spielen.
Den Auftakt des Saisonfinals am Samstag, 15.2. im Substage spielten And The Change. Das Quartett bot rhythmisch abwechslungsreichen Indie-Rock. Dabei erwiesen sich die Bruchsaler spielerisch als durchaus finalwürdig. Bemerkenswert, spielen sie doch erst seit knapp zwei Jahren zusammen. Allerdings konnte ihr Songmaterial über die volle Distanz nicht gänzlich überzeugen. Ebenso Sänger Niklas Mayer, der vor allem in den höheren Lagen zu kämpfen hatte.
Ein erstes Hochlicht entzündeten Something Redefined (SR). New Rock´n´Roll nennen die Schwarzwälder ihre Musik. Neu war der Sound des Quartetts aus Waldbronn/Karlsbad im Grunde nicht – dafür aber zeitlos schön. Eingängiger Street Rock, mal mit Punk-, mal mit 70er-Schlagseite, war angesagt. Gaslight Anthem, Bad Religion und Airborne hinterließen ihre Fußabdrücke auf dem benzinglänzenden Asphalt. Feine Hooks und dazu einige dezente Zwillingsgitarren-Einsätze setzten noch einmal drei Oktan zu. Trotz der klassischen Elemente, wirkte das Gemisch von SR nie gekünstelt oder altbacken. Richtig Klasse! Von dieser Band werden wir in der Region noch hören.
Die Melodic Hardcore-Karte, die SR nur aus dem Ärmel ragen ließen, spielten  Cheaper Than Money (CTM). Und die Karlsruher spielten sie gut, sehr gut. Zwar sorgten CTM für mächtig Rappeln im Karton, sprich Bewegung vor der Bühne. Leider fehlte den Karlsruhern noch ein wenig die Kraft, um den tödlichen Punch zu setzen. In Anbetracht dessen, dass die vier Billigheimer im Durchschnitt gerade einmal zarte 17 Jahre alt sind, haben sie aber noch genügend Zeit, sich die paar zum echten Schwergewicht fehlenden Kilo anzufuttern. Keine Bange, diese Band wird ihr Potential noch ausschöpfen.
Fofo Tank aus dem pfälzischen Bad Bergzabern überraschten ob ihres putzigen Namens mit fetzigem Powerpop und gekonnt eingedampfter Funk-Bügelfalte, aufgeraut mit ein paar Indie-Fusseln. Sehr nett, aber wegen zahlreicher stilistischer Verwicklungen (Pop, Hip Hop, Funk, Rock) insgesamt zu zerfahren.
Seatime punkteten mit origineller Instrumentierung: Banjo, Ukulele, Mandoline und Lapsteel-Gitarre. Und dem Umstand, dass sie es tatsächlich schafften, dem (musikalisch bei Gott nicht sehr variablen) Kumbaja-Folk-Genre noch ein paar Songs abzutrotzen, die bisher noch niemand geschrieben hatte. Macht schon irgendwie Laune – in der Bauwagen-Burg.
Unterm Strich erlebten die 500 Zuschauer eines der hochklassigsten Finals der letzten Jahre. Geht es so weiter, blickt der zwischenzeitlich auch mal schwächelnde Wettbewerb für aufstrebende Bands aus der erweiterten Region in eine rosige Zukunft.

Dienstag, 18. Februar 2014

Der beste Spacerock diesseits von Alpha Centauri: Monster Magnet

Spacelord Motherfucker: Dave Wyndorf  FOTO:CRAZYFINK
Bei seinem letzten Besuch in Karlsruhe vor vier Jahren schockierte Vorzeige-Rockstar Dave Wyndorf mit neugewonnener Leibesfülle. Und auch am vergangenen Sonntagabend im Substage hatte der Monster Magnet-Frontmann wieder eine Überraschung für die zahlreich erschienenen Jünger des Bullengottes – so heißt das gehörnte Maskottchen der Band aus New Jersey – parat: Die Doppel-M-er spielten ihr aktuelles Album „Last Patrol“ in gänze.
Doch dazu später. Zunächst versetzten Church Of Misery das bis auf den letzten Platz besetzte Substage in überaus negative Schwingungen. Das Tokioter Quartett verknüpft die Einflüsse ohnehin nicht gerade für unbändige Lebensfreude stehender Bands wie Crowbar oder Cathedral zu einem bedrückenden Tongeflecht, an dessen unsichtbares Ende sie vermutlich noch einmal zehn Mühlsteine geknüpft hat, um der Sache zusätzliches Gewicht zu verleihen. Gitarrist Ikuma Kawabe hätte man während dem spielen neue Saiten aufziehen können. Für Freunde des Superzeitlupenrocks ein echtes Fest.
Anschnallen musste sich nachfolgend auch bei Monster Magnet niemand. Wer den verschwurbelten Spacerock des frühneunziger Meisterwerks „Spine Of God“ schon immer den grell rockenden späteren Megasellern „Powertrip“ oder „Monolithic Baby!“ vorzog, dem wurde hier dennoch die volle Dröhnung zuteil. Zäh wie die erkalteten Lavaströme auf Vesta und heavy wie Dunkle Materie schleppen sich Songs „I Live Behind The Clouds“ oder „Last Patrol“ dahin.
Die meiste Zeit klingt dieser intergalaktische, in Lysergsäure eingelegte Buhuhuu-Blues mehr nach 60er-Psychedelia wie Spooky Tooth oder Arthur Brown als nach einer Powerpop-Version von Black Sabbath. Wyndorf gibt nicht mehr den lederbehosten Schlock Rock-Schurke mit einer vollbusigen Blondine in jedem Arm. Jetzt ist er die krächzend flüsternde Stimme im Hinterkopf, von der man nicht weiß, ob aus ihr der Wahnsinn oder die Erleuchtung spricht.
Wyndorf hat so viel Hall auf dem Mikro, der Effekt entspricht dem einer Supernova, die vor tausend Jahren stattgefunden hat, die aufgrund der Entfernung auf der Erde aber erst jetzt zu sehen ist. Zwischendurch macht er mit seiner die meiste Zeit nutzlos vor seinem Bauch baumelnden Gitarre Triebwerksgeräusche. Gitarrist Phil Caivano schaut permanent drein, als sehe er im Raum vor sich ständig einen schwarzen Monolithen schweben. Es fehlen nur epileptische Anfälle verursachenden Stroboskope, die Illusion eines Hawkwind-Konzerts circa 1973 wäre perfekt.
Zugegeben, nach jedermanns Geschmack ist dieser nebulöse Trip auf die sonnenabgewandte Seite des Mondes nicht. In den Teilen des Publikums, die wegen Hits wie „Spacelord“ oder „Negasonic Teenage Warhead“ gekommen sind, macht sich langweile breit. Für die anderen haben Monster Magnet bewiesen, dass sie noch immer die besten Raumfahrt-Mucker diesseits von Alpha Centauri sind.

Montag, 17. Februar 2014

12 Saiten Langweile: Andy McKee


Schon McKees Albumtitel zeigen: Er ist der Bob Ross der Gitarre.
Wenn Freunde mal wieder Internet-Filmchen schicken, in denen irgendwelche Nerds die Filmmusik vom Herrn der Ringe auf der Stromgitarre oder Metal-Klassiker im Fingerstyle auf der Wanderklampfe spielen, werden diese Mails meistens gleich wieder gelöscht. Diese ewige Fledderei am Rock-Kanon ist auf Dauer doch irgendwie ermüdend. Vermutlich deshalb ist auch Andy McKee bislang an mir verbeigegangen. Immerhin ist der Schlaggitarrist ein Internet-Phänomen. Millionen guckten sich dort schon seine Videos an. Am Sonntag, 9.2., spielte der US-Amerikaner in Person vor ausverkauftem Tollhaus.
McKee ist Spezialist im Fingerstyle-Spiel, bei dem die Saiten mit den Fingerkuppen geschlagen werden. Das sogenannte Tapping war unter den Gitarrenhelden des Metal-Genres während dessen Blütezeit in den 80er Jahren Populär. Shredder wie Eddie Van Halen Randy Rhoads oder George Lynch hoben damals das E-Gitarrenspiel auf eine neue Eskalationsstufe – ebenso wie den Gebrauch von Haarspray.
Andy McKee, der die Technik auf die Akustikgitarre überträgt, sieht mit ausgebeulten Jeans und Schlabberhemd hingegen eher aus wie ein Erzieher im Kindergarten als wie ein Popstar. Und irgendwie spielt er auch so. Klar, der  Instrumentalist aus Topeka im Staate Kansas ist ein Könner. Und wie er sich auf den Korpus seines Instrumentes klopfend selbst begleitet zeugt von beachtenswertem Rhythmusgefühl. Aber im Konzert erweist er sich als Bob Ross des Gitarrenspiels.
McKees Alben tragen Namen wie „Dreamcatcher“ und „Joyland“ und sind, solche Titel lassen es vermuten, bevölkert von lauter lustigen kleinen Melodien und Liedern, vorwiegend vorgetragen im mittleren Tempo. Dass seine Neuinterpretation des Songs „Africa“, von den Königen des Schmuse-Prog-Rocks Toto, einer der aufwühlenden Augenblicke des Konzerts  war, sagt einiges über die Dramaturgie des Abends.
Zwischendurch macht es McKee noch einmal spannend, indem er eine monströse Harfengitarre hervorholt, die über sechs extra Basssaiten verfügt. Allerdings wird schnell klar: Gedudel ist auf zwölf Saiten genauso langweilig wie auf sechs.
Beim Publikum indes kamen McKees Wellness-Klänge prächtig an. Vielleicht dachte sich manch einer noch etwas Wassergeplätscher dazu und träumte sich so in die wohlig mollig warme Saunawelt des Vierortbades. Womöglich ist genau das McKees Erfolgsgeheimnis. Die von Bob Ross mit sanfter Stimme moderierten Malsendungen schaute sich schließlich auch niemand wegen der Kunst an. Sondern wegen des hohen Wohlfühl-Faktors.

Dienstag, 11. Februar 2014

In Dr. Flxns Geraffel-Kabinett: Radio Rastwastan im Kohi


Radio Rastwastan sind schwer auf Draht. Foto:Band

Radio Rastwastan; das klingt exotisch – und ist es auch: Auf der Bühne des Kohi am Werderplatz stehen an diesem Samstag, 11.1., drei Personen in flimmerig gepunkteten Kostümen und machen Geräusche mit multipel verdrahteten Apparaturen, die aussehen, als hätten sie unaussprechliche Namen, wenn man sie denn kennte. Es blinkt, plingt, pluckert, surrt, schwirrt, brummt und ständig ist zu befürchten, dass ganze vintage-futuristische Geraffel gebe jeden Moment seinen wechselverstromten Geist auf. Den Rahmen für diese science-fiktionale Soundcollage bildet eine hypothetische Radiosendung, in der das Moderatorenteam Marcus Midi (Gitarre, Gesang, Samples, Effekte), Al Leno (Gitarre) und Dr. Flx (Trompete, Percussion, Keyboard) die sprunghaften Gedanken eines in einem alchemistischen Cocktail aus Alkohol und Pillen – oder war´s doch Lysergsäure? – eingelegten Gehirns vertont.
Dabei zappt sich das Trio aus Freiburg durch einen ätherischen Mix aus Lounge Jazz, NDW, Elektronika, Folk Rock, Reggae, Beatnik, flirrenden Cyberblues und Beatles der „I am the Walrus“-Ära. Zitiert und kombiniert werden dabei alle erdenklichen Bruchstücke von Elvis, über Queens Of The Stone Age und AC/DC bis Klassik. Dazu kommen polnische Kinderlieder und lateinamerikanische Rhythmen. „Piotr“ etwa verlötet die Titelthemen von Peter und der Wolf und James Bond mit Rumba, „Cal(l)fornia“ Hits der Dead Kennedeys und Stevie Wonder. Und wenn Midi seine hallende Bluesharp durch den gordischen Kabelsalat jagt, kommt sogar richtiges „Wild Thing“-Feeling auf. All das klingt, als bespielte Herman Munster mit einer verstimmten Lichtorgel, die an einen Hertzschen Oszillator angeschlossen ist, einen von Edgar Wallace veranstalteten Tanztee mit seinen Lieblingssongs. Was für ein Trip!
Dazu warten Radio Rastwastan mit einigen der coolsten Wortbeiträge der jüngeren Vergangenheit auf: „Der Highway to Hell ist gut ausgebaut und ist auch landschaftlich Reiuvoll, heißt es in „Tiefergelegt“. „Wo bleibt mein Völlegefühl?“, fragt Midi in „Völlegefühl“. Zum schießen!
Bei allem technischen und musikalischen Avantgardismus, ja Aktionismus, überfordern Radio Rastwastan ihre Hörer keineswegs, sondern bieten einfach ein so abwechslungsreiches wie spannendes und tanzbares Programm. Radiopreis verdächtig!
Dem Technikfeuerwerk der Tüftler aus dem Breisgau hat der eigentliche Hauptact des Abends nichts entgegenzusetzen: Clockwork Orchestra ist das Pseudonym von Paul Mangan aus Dublin. Der Ire bietet in Alleinunterhaltermanier eine Melange aus blutleerem Cartoon-Soundtrack und debilen Vorschulkinderliedern. Belanglos.