Keine Frage, wenn ein neues Motörhead-Album erscheint,
so wie am Freitag, 27. August, ist das immer ein Grund zur Freude – und sei es nur, weil es dem alten Kater Lemmy
Kilmister gelungen ist, dem Sensenmann gegen alle Wahrscheinlichkeit wieder ein paar Jährchen mehr abzuluchsen. Doch ist – die Rolling Stones machen es seit
mindestens 20 Jahren vor – Unverwüstlichkeit nun mal kein musikalisches
Qualitätsmerkmal. Es ist zwar nicht so, dass Motörhead jemals eine wirklich lausige Platte
abgeliefert hätten – und das will in einer nunmehr 40-Jahre andauernden Karriere schon was
heißen.
Aber dass die letzte
Motörhead-Scheibe mit uneingeschränktem Klassiker-Status, „Bastards“,
zurück ins Jahr 1993 datiert, und „Overnight Sensation“, die letzte Scheibe,
von der songmäßig bei mir dauerhaft was hängenblieb, auch schon fast 20 Jahre
auf dem Buckel hat, muss ehrlicherweise auch mal gesagt werden. Zu oft prägten seither ziemlich farblose, auf
austauschbare Metal-Riffs aufbauende Tracks (die von Mikkey Dee dann regelmäßig
auch noch in Grund und Boden getrommelt wurden) die Kilmister/Campbell/Dee-Ära.
Nun soll sich, nachdem in der jüngeren Vergangenheit dem Vernehmen nach die
beiden Letztgenannten einen Großteil der Kompositionsarbeit verrichteten, der Chef
wieder selbst verstärkt ins Songwriting eingebracht haben. Wie berichtet wird,
hat die Band die meisten der aktuellen Songs gemeinsam im Studio geschrieben.
Auf Platte wieder unter Strom: Motörhead. Foto:Robert John |
Gut so, denn so nähert sich die Rock´n´Roll-Dichte auf „Bad
Magic“ wieder erfreulich früheren Motörhead-Standards an. Schon der Opener „Victory
Or Die“ hinterlässt breite Bremsspuren. Auch das darauffolgende „Thunder &Lightening“ ist Old-School-Motörhead in Reinkultur (Schon die Textzeilen “Get
what you want, do what you can/ You’ll get more pussy if you’re in a band”,
rechtfertigen den Kaufpreis vollends). Mit dem rasiermesserscharfen
„Elictricity“ gibt es sogar endlich mal wieder einen waschechten
Punk-Rock-Knaller! „Teach Them How To Bleed“ rockt fast so schön anarchisch
rüde wie in glorreichen Orgasmatron-Tagen. Zusätzliches Leben in die Bude
bringt Phil Campbell mit zahlreichen pfiffigen Solo-Kapriolen und abgedrehten
Riff-Einlagen. Dann gibt es da noch das
Stones-Cover „Sympathy For The Devil”, aus dem MH viel mehr hätten
machen können. Denn Textzeilen
wie „Please allow me to introduce myself/I'm a man of wealth and taste/I've
been around for a long, long year/Stole many a man's soul to waste” bekommen
aus Lemmys Mund kommend nochmal eine ganz eigene ironische Note. Trotz
dieser Steilvorlage beweisen MH beim Arrangement nur wenig Fantasie und bleiben
ziemlich nah am Original; Chance vertan.
Bei den Texten bleibt Lemmy seinem ewigen Verlierer-Ethos treu. Wobei es
hier eine neue Dimension gibt, da sich der alte Haudegen nach den
gesundheitlichen Rückschlägen der vergangenen Jahre offensichtlich verstärkt
mit dem Altern auseinandersetzt. „All I know is who I am/I’ll never let you
down/The last one you can trust until the end”, singt er in der gelungenen
Ballade „Till The End“. Und genau deswegen verzeiht man Motörhead auch nicht
ganz so starke Scheiben.
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