Die Kulisse könnte für ein Punk-Konzert nicht besser sein: Die Halle 14 liegt auf einem Betriebsgelände im Karlsruher Rheinhafen. Draußen mondbeschienene Industrie- und Schrottplatzromantik, drinnen Rauchschwaden und Rotlicht. Der Veranstaltungsraum, getragen von einem Verein, ist leidlich gut gefüllt, die Stimmung familiär. Die üblichen Gesichter aus dem örtlichen Rock´n´Roll-Milieu wollen wissen, ob die Lokalhelden The Bone Idles ihren Studioaufenthalt auf Mallorca unbeschadet überstanden haben. Im Gefolge von The Boring ist ein gutes Dutzend Franzosen angereist. Schade eigentlich, dass es solche grenzüberschreitenden subkulturellen Begegnungen nicht viel häufiger gibt.
Unpünktlich – wie bei Punk-Gigs üblich – um 22.30 Uhr entern The Bone Idles auf. Geboten wird altschuliger Hardcore-Punk mit Thrash-Einsprengseln im Stile der 80er-drei-Buchstaben-Bands, kompromisslos, ohne Schnörkel, genau auf den Punkt zwischen den Augen und tight wie Sau. 1-2-3-4 und kein Blick zurück, dazwischen ein Paar bedrohliche Midtempo-Parts, die zum Ringelpiez um brennende Mülltonnen animieren.
Textlich gibt´s die Genre-typische Randgruppen-Lyrik. Spielte man ein Trinkerspiel, bei dem man jedesmal saufen müsste, wenn Gunnar Wanker, Fuck You oder Propaganda singt, wäre das ein ziemlich effektiver Weg, sich ziemlich schnell abzuschießen. Die Band geht mit gutem Beispiel voran: die Musiker-Strichliste am Tresen zeigt 27 : 14 für Alk gegen Non-Alk – vor dem Konzert.
Optisch lassen die mittelalten Kämpfer – Gunnar war früher bei So Much Hate, Kafka Prosess und 6000 Crazy für die Vocals zuständig , Michel klampfte für Tubesuckers und Warstreet und die Lead-Gitarre bedient Ün, der Lonesome Dragstripper himself – ebenfalls keine Fragen nach ihren Idealen aufkommen: speckige Schildkappen, zerfetzte Chucks, tätowierte Hälse. Andere nennen das Klischeebehaftet, ich nenne das Authentizität und freue mich auf die neue Platte, die Ende des Monats erscheint.
Jetzt: The Boring. Das Quintett aus Colmar bringt ganzen Körpereinsatz, allen voran Sänger Kiki, der unermüdlich auf seinen nur noch von ein paar Streifen Gafferband zusammengehaltenen Vans herumspringt. Erstaunlich, welche Energie in diesem schmächtigen blonden Jüngelchen steckt. Auch die Gitarren geben volles Mett, schon nach dem ersten Song sieht man gerissene Saiten baumeln. Schade, dass der Schreicore der Franzosen etwas arg unpräzise daherkommt. Nur mit roher Gewalt lässt sich kein versierter Kämpfer auf die Bretter schicken, mit Steinäxten nichts gegen eine technisch wohl gerüstete Armee ausrichten. So verpufft ein großteil der investierten Energie im Soundbrei. Für einen beiläufigen Live-Quickie in Ordnung, aber wie eine anwesende Karlsruher Punk-Koryphäe sagte: „Koi Musich, die ich mir dahoim ahöre tät.“
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