Man könnte nun den Vorwurf erheben, der 57-jährige US-Amerikaner, der sein Publikum zu faszinieren versteht, indem er die Gitarre, wie einst Jimi Hendrix, mit den Zähnen und hinter dem Rücken spielt, sei nichts anderes als die musikalische Entsprechung eines Mittelaltermarktes: kauzige Vorwelts-Enthusiasten schlüpfen am Wochenende in hübsche historische Kostüme – oder was sie dafür halten – und schwelgen für ein Paar Stunden in längst vergangenen Zeiten. Mit genauso gutem Recht aber ließe sich argumentieren, der Gitarren-Virtuose sei das Rock-Äquivalent zur experimentellen Archäologie: ernsthafte Wissenschaftler bauen archäologischen Befunden folgend Wikingerschiffe, um zu beweisen, dass Erik der Rote damit tatsächlich über den Atlantik hätte fahren können, sein sagenhaftes Vinland also kein Hirngespinst sondern tatsächlich Neufundland sein könnte. Andere stellen vergangene Schlachten nach, um die Effektivität der napoleonischen Truppen nachvollziehbar zu machen.
Hansen wiederum hat das Objekt seiner
Darstellung – Hendrix wäre in diesem November im übrigen 70 Jahre alt geworden
– genauestens studiert. In einer Fernsehdokumentation über den 1970
verstorbenen Hendrix gibt er en detail Auskunft über dessen Ausrüstung, Spiel-
und Aufnahmetechniken. Sicher verfügt Hansen über Wissen aus erster Hand. Denn
in den frühen 80ern spielte er noch mit den ehemaligen Mitgliedern der Jimi
Hendrix Experience, den inzwischen verstorbenen Noel Redding (Bass) und Mitch
Mitchell (Schlagzeug) sowie mit Buddy Miles, dem ebenfalls nicht mehr lebenden
Schlagzeuger von Hendrix´ unglückseliger Nachfolgeformation Band of Gypsys.
Manche Klang-Effekte hat er aber auch, wie er selbst berichtet, durch
jahrelanges experimentieren rekonstruiert, ohne sicher sein zu können, dass Hendrix sie mit denselben
technischen Hilfsmitteln erzeugt hat. Hansen betreibt seiner Forschungsarbeit
also gleichermaßen qualitativ wie empirisch und kann somit als kompetenter
Dokumentarist und Konservator des Wissens eines viel zu früh verstorbenen
musikalischen Visionärs gelten.
Man kann Randy Hansen nun einen Nerd nennen,
einen Superfan oder einen Rockologen. Vermutlich stimmt von allem ein bisschen.
In jedem Falle ist er – very experienced!
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