Black Sabbath in Birmingham 2012. Foto:promo |
Aus ganz Deutschland waren Fans angereist, um sich vom
tatsächlichen Zustand der neben Led Zeppelin und Deep Purple stilprägendsten
Band der goldenen Ära des Rock in den 70er Jahren zu überzeugen. Anlass zur Sorge
gibt es reichlich. Iommi kämpft gegen eine unheilbare Krebserkrankung, Butler
klagt in Interviews regelmäßig über Altersbeschwerden und Osbourne tut kein
Unrecht, wer sagt, der Zahn der Zeit habe ihn nicht nur an-, sondern bis auf
die Knochen abgenagt.
Wie also schlugen sich diese die Narben so vieler Kämpfe
(gegen betrügerische Manager, korrupte Plattenbosse, Drogen, die eigenen
Dämonen, den üblichen Rock´n´Roll-Wahnsinn) tragenden Veteranen auf dem
Schlachtfeld, das unbedarfte Menschen Konzertbühne nennen? Wie eine aus dem
Lande Mordor heranrückende Ork-Armee, der sich nur eine Handvoll mit
Weidenruten bewaffneter Hobbits entgegengestellt hat; siegreich!
Präsentierte sich Ozzy beim Eröffnungssong „War Pigs“
stimmlich nicht ganz sattelfest, was schlimme
Erinnerungen an so manche schmachvolle Konzertabsage der letzten Jahre wachwerden
ließ, griffen beim anschließenden “Into The Void” unvermittelt alle Rädchen der
übermächtigen, bedrohliche Wolken lebenvernichtenden schwarzen Qualms
ausstoßenden Kriegsmaschinerie, die Black Sabbath heißt, ineinander. Angetrieben
von einem jener unwiderstehlichen Gitarrenriffs, die über die Urgewalt einer zu
Tal stürzenden Felslawine verfügen, und die zu erzeugen auf dieser Welt (und
vermutlich auch auf allen anderen denkbaren) nur Tony Iommi, der unumschränkte Beherrscher
des Tritonus, in der Lage ist. Befeuert vom getreuen Leutnant Geezer Butler,
der mit hephaistischen Furor auf seinem Bass tieftönende Stahlnetze webt,
während Tommy Clufetus für den abwesenden Bill Ward im Drum-Maschinenraum umherprescht,
als verberge sich hinter seinem ausladenden Kit der Unterlaib eines Centauren,
und dabei wie beiläufig nicht nur anachronistischem Equipment wie dem Rototom,
sondern gleich noch dem aus der Zeit gefallenen Showformat Drumsolo zu einer Maulsperre
verursachenden Renaissance verhilft.
Plötzlich ist dann auch Osbourne voll da. Und ab dieser
Sekunde ist unbestreitbar klar, warum er, und nur er, den Ehrentitel „Prince Of
Darkness“ zu tragen verdient: Niemand sonst kann die tonnenschwere, düstere
Last dieser wie der schleichende Tod dahinkriechenden Musik so stoisch mit
leidvoll weit aufgerissenen Augen auf seinen herabhängenden Schultern tragen
wie dieser gramgebeugte Nazarener des Rock´n´Roll.
Dabei hätten es Black Sabbath eigentlich schon belassen
können an Großartigkeit. Aber das Quartett reihte eine kalt glitzernde
Songperle an die nächste („Under The Sun“, „Snowblind“, „Behind The Wall Of
Sleep“), ohne jedoch ein populistisches Programm abzuspulen, so dass gut zwei Drittel
des Konzerts vergangen sind, bevor mit „Iron Man“ der erste richtige Hit
auftaucht, der auch jene Besucher zufrieden stellt, die die Band nur vom „Rock
Calssics“-Sampler aus dem Ramschregal im Elektronikdiscounter kennen. Dank des
so kaltgestellten Eventpublikums war die Stimmung nicht ganz so
überschwänglich, die Atmosphäre dafür aber nahezu erhaben!
Und auch die neuen Songs zündeten (von „13“ kommen drei
Lieder zum Vortrag), was im direkten Vergleich mit den vielen Klassikern nicht
unbedingt zu erwarten war. Während Iommis feurigem Gitarrensolo während „Age Of
Reason“ strahlt sogar Schmerzensmann Osbourne wie ein Fass Kühlwasser aus
Fukushima.
Am Ende ist an diesem Konzert lediglich eine im Vergleich
zur Originalaufnahme viel zu hoch gestimmte Totenglocke im Intro ihres signature tracks „Black Sabbath“
kritisieren, was die Band aber dadurch wett macht, dass sie den Song so
grandios verschleppt, dass sie selbst der Felsbrocken berganrollende Sisyphos
hätte überholen können – und dass es mit knapp 120 Minuten mindestens zwei
Stunden zu kurz war. Aber irgendeine Konzession ans Alter muss es ja geben. Auch
bei Black Sabbath. Am heutigen Mittwoch, 4.12., treten sie in Frankfurt an. Zum
nächsten Gefecht.
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