„Taufrisch duftend“ – das bedeutet der aus einem Gedicht von Edgar
Allen Poe abgeleitete Name Dew-Scented – ist Leif Jensen als einziges
nach 23 Jahren verbliebenes Urmitglied vielleicht nicht mehr,
musikalisch präsentierten sich die Musterschüler der zweiten
Teutonen-Thrash-Generation bei ihrem Gastspiel im Vorprogramm der Bay
Area-Legenden Death Angel am Freitag im Substage gleichwohl wie eine
frische Brezel: dampfendheiß und knusprig. Allerdings hatten offenbar
nicht allzu viele Fans Lust auf ofenwarme Thrash-Kost, der Laden war nur
halb voll.
Vielleicht lag das am Wochentag. Oder vielleicht auch daran, dass
man heute im Club keinen der bis über beide gepiercten Ohren tätowierten
Jungtürken erblickte, die sich üblicherweise sonst auf
Extremmusik-Konzerten tummeln. Jungs, würdet ihr gelegentlich mal die
Pflöcke aus den Ohrwascheln nehmen, hättet ihr vielleicht schon mal
davon gehört, dass auch Heaven Shall Burn nicht vom Himmel gefallen
sind, sondern auf ganze Generationen von Wegbereitern folgten, denen man
ruhig mal die Ehre erweisen kann! An ICE-Fußtrommel-getriebenen
Schnelltod-Granaten wie „New Found Pain“, messerscharf berifften
Metzeleien wie „Soul Poison“ oder klassischer Prügelsuppe à la Sodom wie
„Never To Return“ hättet ihr jedenfalls auch Geschmack gefunden.
Thrash als schöne Kunst: Death Angel. Foto:promo |
Wem Dew-Scented schon schwer im Magen lagen, dem sollte der
Hauptgang den Rest geben. Denn Death Angel legten noch mal eine ganze
Kelle drauf: Was die San Francisco-Boys leisteten war nichts weniger als
eine Meldodic-Thrash-Masterclass. Dabei stand die 1982 gegründete
Combo vor ein paar Jahren vor dem Aus. Als Rob Cavestany (Gitarre) und
Mark Osegueda (Gesang) plötzlich alleine im Boot saßen, waren der
Stimmen nicht wenige, die forderten, das einst stolze Schlachtschiff
Death Angel besser abzuwracken. Doch die beiden machten den Kahn mit
neuer Mannschaft wieder flott. Wie flott, war unter anderem daran zu
bemessen, dass alte Shanties wie „Shores Of Sin“ zwar unerreicht, aber
die Songs vom aktuellen Album „The Dream Calls For Blood“ ebenfalls
nicht von schlechten Engeln sind (und ganz nebenbei besser als alles,
was die satten, sogenannten „Big Four“, Slayer, Metallica, Anthrax und
Megadeth, in der letzten Dekade veröffentlicht haben).
Quadratisch, praktisch, hart und besser als alles von den "Big Four" der letzten Dekade: die neue Death Angel. |
Und überhaupt: Sollte man einem Unbedarften verständlich machen
wollen, was eine „tighte Band“ ist, das US-Sextett wäre das
Paradebeispiel. Die Gitarrenachse Cavestany/Ted Aguilar macht beim Sägen
Späne für ein ganzes Holzfällercamp, Bartserker Will Carroll am
Schlagzeug (schwitz der Mann denn nicht unter seiner Gesichtsbehaarung?)
liefert schickige Breaks und verquere Rhythmuswechsel en gros. Osegueda
besticht mit spitzen Bombay Sapphire Gin-geölten Schreien sowie
gekonnter Mikroständerakrobatik und Damien Sisson am Bass sieht aus wie
der selige Cliff Burton. Mehr kann niemand verlangen!
Sollte man es vergessen haben, dieser Abend hat es in Erinnerung gerufen: Thrash-Metal ist einfach die beste Musik die es gibt!
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