Donnerstag, 7. März 2013

Home at last - Zum Tod von Alvin Lee



"I'm going home! I'm going home! I'm going home, hey ho! Gonna take me back right where I belong!" Nach dem Tod von Alvin Lee klingen diese Textzeilen aus dem bekanntesten Lied seiner Band Ten Years After irgendwie gespenstisch. Dem von Lee so heiß geliebten Blues wohnt von je her etwas Dunkles und Mystisches inne. Die Legenden, die sich um diabolische Kabale von Bluesmusikern wie Howlin´ Wolf oder Robert Johnson ranken, sind Legion. Letzterer soll vom Fürst der Finsternis die Gabe des übermenschlich virtuosen Gitarrenspiels erhalten haben; um den Preis seiner Seele.

Nicht dass der 1945 im nordenglischen Nottingham geborenen Gitarristen solcher faustischen Umtriebe verdächtig wäre – auch wenn seine übernatürliche Fingerfertigkeit durchaus Anlass dazu gegeben hätte –, ein Getriebener war er gleichwohl: Zehn Minuten und siebenundvierzig Sekunden genügten ihm zum Weltruhm. Gut zwei Stunden hatten Ten Years After beim Woodstock-Festival 1969 dem herniederprasselnden Regen getrotzt, im Film von Michael Wadleigh blieb nur ein einziger Song übrig; eben jenes „I´m Going Home“.
Es lohnt sich, die Aufnahme wieder einmal anzuschauen: Wie ein Besessener bearbeitet Alvin Lee, verschwitzte Strähnen kleben im hageren Gesicht, Lippen geschürzt, Handgelenke mit Nietenarmbändern bewehrt, seine Feuerrote mit Peace-Zeichen verzierte Gibson ES-335. Wie rasend schnellen die langen Spinnenfinger über das Griffbrett, die Massen in dionysischem Taumel mitgerissen. Alvin Lee, das Urbild eine Rockstars – der er garnicht sein wollte.
Der Trubel und die Zwänge des Geschäfts wurden irgendwann zu viel. Mitte der 70er-Jahre fielen Ten Years After auseinander. "On The Road To Freedom” nannte er seine erste Country- und Blues-getränkte Soloalplatte von 1973 programmatisch. Gäste wie George Harrisson, Mick Fleetwood, Steve Winwood oder Ron Wood spielten darauf.
Danach gab es Projekte Alvin & Company und später Ten Years Later. Doch die großen Erfolge – ob gewollt oder ungewollt – gehörten der Vergangenheit an. Immer wieder hörte man von finanziellen Schwierigkeiten. Reichtümer hatte Lee auf dem Höhepunkt seiner Karriere offenbar nicht angehäuft. Zuletzt hatte sich der Musiker nach Südspanien zurückgezogen, doch „angekommen“ war er offenbar noch immer nicht. Im vergangenen Jahr veröffentlichte er "Still On The Road To Freedom".
Wie seine Familie am Mittwochabend auf Lees Website bekannt gab, ist Alvin Lee völlig überraschend nach einer Routineoperation gestorben, bei der es Komplikationen gab. Er wurde 68 Jahre alt. Vielleicht ist er nun endlich heimgekehrt.

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