"I'm going home! I'm going home! I'm going home, hey ho! Gonna take me back right where I belong!" Nach dem Tod von Alvin Lee klingen diese Textzeilen aus dem bekanntesten Lied seiner Band Ten Years After irgendwie gespenstisch. Dem von Lee so heiß geliebten Blues wohnt von je her etwas Dunkles und Mystisches inne. Die Legenden, die sich um diabolische Kabale von Bluesmusikern wie Howlin´ Wolf oder Robert Johnson ranken, sind Legion. Letzterer soll vom Fürst der Finsternis die Gabe des übermenschlich virtuosen Gitarrenspiels erhalten haben; um den Preis seiner Seele.
Nicht
dass der 1945 im nordenglischen Nottingham geborenen Gitarristen solcher
faustischen Umtriebe verdächtig wäre – auch wenn seine übernatürliche
Fingerfertigkeit durchaus Anlass dazu gegeben hätte –, ein Getriebener war er
gleichwohl: Zehn Minuten und siebenundvierzig Sekunden genügten ihm zum
Weltruhm. Gut zwei Stunden hatten Ten Years After beim Woodstock-Festival 1969 dem
herniederprasselnden Regen getrotzt, im Film von Michael Wadleigh blieb nur ein
einziger Song übrig; eben jenes „I´m Going Home“.
Es
lohnt sich, die Aufnahme wieder einmal anzuschauen: Wie ein Besessener bearbeitet
Alvin Lee, verschwitzte Strähnen kleben im hageren Gesicht, Lippen geschürzt,
Handgelenke mit Nietenarmbändern bewehrt, seine Feuerrote mit Peace-Zeichen
verzierte Gibson ES-335. Wie rasend schnellen die langen Spinnenfinger über das
Griffbrett, die Massen in dionysischem Taumel mitgerissen. Alvin Lee, das
Urbild eine Rockstars – der er garnicht sein wollte.
Der
Trubel und die Zwänge des Geschäfts wurden irgendwann zu viel. Mitte der
70er-Jahre fielen Ten Years After auseinander. "On The Road To Freedom”
nannte er seine erste Country- und Blues-getränkte Soloalplatte von 1973 programmatisch.
Gäste wie George Harrisson, Mick Fleetwood, Steve Winwood oder Ron Wood
spielten darauf.
Danach
gab es Projekte Alvin & Company und später Ten Years Later. Doch die großen
Erfolge – ob gewollt oder ungewollt – gehörten der Vergangenheit an. Immer
wieder hörte man von finanziellen Schwierigkeiten. Reichtümer hatte Lee auf dem
Höhepunkt seiner Karriere offenbar nicht angehäuft. Zuletzt hatte sich der
Musiker nach Südspanien zurückgezogen, doch „angekommen“ war er offenbar noch
immer nicht. Im vergangenen Jahr veröffentlichte er "Still On The Road To
Freedom".
Wie seine Familie am Mittwochabend auf Lees Website bekannt gab, ist
Alvin Lee völlig überraschend nach einer Routineoperation gestorben, bei der es
Komplikationen gab. Er wurde 68 Jahre alt. Vielleicht ist er nun endlich heimgekehrt.
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