Ein Konzert von Kong gleicht einem Museumsbesuch.
Die Musiker stehen nicht gemeinsam auf der Bühne, sondern jeder auf seinem
eigenen Sockel frei im Raum, wie Skulpturen in einer Glyptothek; kreuzförmig
angeordnet. Der Besucher kann zwischen den Musealien herumspazieren, beliebig
vor ihnen verweilen und sich so sein eigenes Klangbild komponieren. Der Aufbau
sollte allerdings nicht dazu verleiten, die Amsterdamer Quadrophoniker für
schöngeistige Soundmaler zu halten. In dieses Museum geht man am besten mit zugenähten
Augenliedern und am Schädelknochen festgenieteten Kopfhörern. Am vergangenen Freitag war
die groteske Wanderausstellung im Substage zu hören.
Wie mit eisigen Lasern projizieren Mark Drillich,
der irre Kurator, und seine drei Museumsmitarbeiter ihre musikalischen Gemälde dort
direkt auf die Cortex. Verstörend sind die Bilder, wie die gezeichneten
Lästerlichkeiten von Félicien Rops. Aber gleichzeitig titanisch wie Raumschiffe
von Peter Elson und John Berkey, über Fritz Langs dystopische Robotterstädte
donnernd – angetrieben vom Schub höllischer Grooves. Zusammengehalten werden
diese enormen Gebilde von technisch ausgeklügelten Arrangements. Doch klaffen
in den Stahlblauen Gitarrenwänden immer wieder Lücken für atmosphärische
Samples, abwechslungsvolle Keyboards und Anklänge britischer
Elektronik-Tonkunst.
Solche monumentalen Raumkreuzer beim Durchbruch der
Warp-2-Barriere auf Kurs zu halten ist für die Mannschaft Schwerstarbeit. Die erledigt
sie aber souverän: Wie ein Hightech-Hephaistos schuftet David Kox abwechselnd
an seiner Gitarre und seinen Tastaturen. Tijs Keverkamp entlockt seiner
halbakustischen ES-335 Klänge, für die sie die Firma Gibson sicherlich nicht
konzipiert hat. Drillich bearbeitet seinen Bass derart kraftvoll, dass ihm die
Adern auf der hohen Stirn auf die Ausmaße von Baron Vladimir Harkonnen Pusteln
im Film Dune anschwellen. Ersatz-Schlagzeuger Stef Broks (Textures) hingegen hat sich wie ein
Sith in seinen Kapuzenpulli zurückgezogen
und konzentriert sich voll auf seine machterfüllten Polyrhythmen. Fantastisch!
Die Musik von Kong verhält sich zum Gros der instrumentalen
Postrock- und Prog-Protagonisten wie die Industrie-Landschaften von Oliver
Jordan zum Ausstoß eines Wochenend-Malkurses an der Volkshochschule. Man will,
dass diese Lieder nicht aufhören, man wünscht, von diesen vertonten Acid Trips
gäbe es keine Wiederkehr, man giert danach, immer noch hinter den nächsten
Spiralnebel schauen. Schade dass diese Band auch nach 25 Jahren
Weltraum-Odyssee nur eine so schmale Zielgruppe erreicht, dass sich beim Start gerade
mal 60 Mitreisende einfinden. Reif fürs Museum sind Kong trotzdem noch lange
nicht – soweit ist es frühestens 2143.
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