Montag, 11. März 2013

Keine Weltraumaffen: Kong



Ein Konzert von Kong gleicht einem Museumsbesuch. Die Musiker stehen nicht gemeinsam auf der Bühne, sondern jeder auf seinem eigenen Sockel frei im Raum, wie Skulpturen in einer Glyptothek; kreuzförmig angeordnet. Der Besucher kann zwischen den Musealien herumspazieren, beliebig vor ihnen verweilen und sich so sein eigenes Klangbild komponieren. Der Aufbau sollte allerdings nicht dazu verleiten, die Amsterdamer Quadrophoniker für schöngeistige Soundmaler zu halten. In dieses Museum geht man am besten mit zugenähten Augenliedern und am Schädelknochen festgenieteten Kopfhörern. Am vergangenen Freitag war die groteske Wanderausstellung im Substage zu hören.
Wie mit eisigen Lasern projizieren Mark Drillich, der irre Kurator, und seine drei Museumsmitarbeiter ihre musikalischen Gemälde dort direkt auf die Cortex. Verstörend sind die Bilder, wie die gezeichneten Lästerlichkeiten von Félicien Rops. Aber gleichzeitig titanisch wie Raumschiffe von Peter Elson und John Berkey, über Fritz Langs dystopische Robotterstädte donnernd – angetrieben vom Schub höllischer Grooves. Zusammengehalten werden diese enormen Gebilde von technisch ausgeklügelten Arrangements. Doch klaffen in den Stahlblauen Gitarrenwänden immer wieder Lücken für atmosphärische Samples, abwechslungsvolle Keyboards und Anklänge britischer Elektronik-Tonkunst.
Solche monumentalen Raumkreuzer beim Durchbruch der Warp-2-Barriere auf Kurs zu halten ist für die Mannschaft Schwerstarbeit. Die erledigt sie aber souverän: Wie ein Hightech-Hephaistos schuftet David Kox abwechselnd an seiner Gitarre und seinen Tastaturen. Tijs Keverkamp entlockt seiner halbakustischen ES-335 Klänge, für die sie die Firma Gibson sicherlich nicht konzipiert hat. Drillich bearbeitet seinen Bass derart kraftvoll, dass ihm die Adern auf der hohen Stirn auf die Ausmaße von Baron Vladimir Harkonnen Pusteln im Film Dune anschwellen. Ersatz-Schlagzeuger Stef Broks (Textures)  hingegen hat sich wie ein Sith in seinen Kapuzenpulli zurückgezogen und konzentriert sich voll auf seine machterfüllten Polyrhythmen. Fantastisch!
Die Musik von Kong verhält sich zum Gros der instrumentalen Postrock- und Prog-Protagonisten wie die Industrie-Landschaften von Oliver Jordan zum Ausstoß eines Wochenend-Malkurses an der Volkshochschule. Man will, dass diese Lieder nicht aufhören, man wünscht, von diesen vertonten Acid Trips gäbe es keine Wiederkehr, man giert danach, immer noch hinter den nächsten Spiralnebel schauen. Schade dass diese Band auch nach 25 Jahren Weltraum-Odyssee nur eine so schmale Zielgruppe erreicht, dass sich beim Start gerade mal 60 Mitreisende einfinden. Reif fürs Museum sind Kong trotzdem noch lange nicht – soweit ist es frühestens 2143.

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