Soulfly haben den Faden aufgenommen, wo Sepultura ihn Mitte
der 90er mit „Roots“ haben fallenlassen: Vom Einfall der Zivilisation in ihre
Jagdgebiete erboste Yanomami rühren die Dung-dugga-dung-Tribal-Drums. Abgehackte
Wacke-chi-wacke-chi-Riffs brechen breite Schneisen in den Palisander-Bestand. Max
Cavalera –in der Tradition südamerikanischer Guerilleros und Udo Dirkschneiders
angetan mit tarngrünem Kampfanzug – schwingt
unermüdlich die dicken verfilzten Haarwürste. Seinem inneren Brüllaffen lässt er derart freien
Lauf, als trage er einen Blätterhandschuh voller Riesenameisen, wie er bei den
schmerzhaften Initiationsritualen junger Sateré-Mawé-Indianer
üblich ist. Da nimmt der Tapir verängstigt Reißaus und die bunten Aras
verstreuen sich schimpfend in alle Winde. Alles Saufen im Dienste des "Regenwald Projekts" einer bekannten Bierfirma –
in wenigen Augenblicken zunichte gemacht.
Cavaleras musikalische Brandrodung ist effektiv – alles
springt und versucht mit hochgereckten Armen die Hallendecke anzuheben. Aber
dennoch: die ewigen
Huppla-huppla-Refrains, die meist aus den mehr oder minder originell
kombinierten Bauteilen „Un, dos, tres“, „Here weg go“ oder „Jump, jump“
zusammengesetzt sind und offenbar animierend wirken sollen, rufen eher
Langeweile hervor. Dagegen macht der Ausflug in alte Sepultura- Tage mit dem Arise-Opener
„Dead Embryonic Cells“ richtig munter. Nach all dem groovigen Midtempo-Gecruise
wird das Gaspedal endlich mal bis zum Anschlag durchgetreten. Mit solcher Wucht
zischen einem die 100 Dezibel in die Fresse, dass die nächste
Zahnsteinentfernung getrost auf nächstes Jahr verschoben werden kann. Während
„Territory“ fahren dann Startfahrzeuge mit einschüchternd aufgepflanzten Jericho-2 Mittelstreckenraketen vor dem geistigen Auge vorbei
und „Refuse/Resist“ ist noch immer einer der kompromißlosesten Kracher der
Thrash-Geschichte.
Apropos: Man soll ja nicht immer sagen, dass früher alles
besser war, aber manchmal muss der Zeitzeuge doch den Käpt´n Blaubär machen:
1994. Obituary, Rollins Band und Sepultura prügeln sich im Verein durch Europa.
Mit „Cause Of Death“, „Weight“ und natürlich „Chaos A.D.“ haben alle drei Bands
soeben absolute Hyper-Klassiker vorgelegt und hinterlassen an Kampfabenden – der
Ausdruck Konzert beschreibt das Geschehen nur ungenügend – ganze Turnhallen
voll zerschmetterter Leiber. Dagegen ist das hier, sorry Nax, nur ein
Spaziergang im Park. Na schön, im Amazonas-Dschungel.
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