Dienstag, 23. Juli 2013

Tod, Teufel und Festilenz – Shy Guy At The Show trotzen der Hitze bei „Das Fest“ mit kühler Gruft-Atmosphäre




Schwarzer Blazer, schwarzes Hemd, schwarze Jeans; Sebastian Emlings einzige Konzession an das strahlende Sommerwetter ist die schwarze Sonnenbrille. Doch dunkle Augengläser trägt der sinistre Sänger dem guten Beispiel von Corey Hart („Sunglasses at Night“) folgend vermutlich auch bei Nacht. Nicht nur, wenn er am helllichten Samstagmittag mit seiner Band Shy Guy At The Show (SGATS) beim Karlsruher Open-Air-Spektakel «Das Fest» auf der Bühne steht und mit Grabesstimme gegen die brüllende Hitze ansingt.
Während die Besucher des Musikfestivals in der Parklandschaft der Günther-Klotz-Anlage jedes Fleckchen Schatten ausnutzen, um sich ein wenig Kühlung zu verschaffen, verbreiten die Karlsruher Gothic-Poeten auf der Feldbühne ungerührt eiskalte Gruft-Atmosphäre.
Wie sich dabei neue Wave-Hymnen vom aktuellen selbstbetitelten Album wie „Smash Your Love“ oder „Tears Of Ice“ und Klassiker wie „Paris in Flames“ oder „Close“ aneinanderreihen – so nahtlos wie das schwarze Zyklopmauerwerk einer namenlosen Kultstätte einer vor Äonen untergegangenen extraterrestrischen Zivilisation am Südpol – ist ein weiterer Beweis für diese von deutschen Festival-Bookern zu Unrecht sträflich missachteten Band.
Das Geheimnis, warum sie SGATS hier zur Kaffeezeit auf die Bühne geschickt haben, werden die Veranstalter wohl mit ins Grab nehmen. Denn von letzter Ruhe ist beim Publikum trotz der frühen Stunde keine Spur – anders als während den Performanzen der später spielenden Bands: Alt und Jung zelebrieren fröhlich den Danse macabre um eine frisches Nass spendende Sprinkleranlage.
Überhaupt kann man den „Fest“-Machern für die Programmgestaltung kein makelloses Zeugnis ausstellen: Viele murrten über die „deutsche Welle“. Und tatsächlich rissen nicht alle einheimischen Acts das Publikum von der Grasnarbe: Die Münchner Spaßfußballer Sportfreunde Stiller, Liedermacher Bosse mit seinem freundlich belanglosen WG-Pop und Reggae-Star Gentleman verbreiteten – Langeweile. Aus der Riege der angereisten ach so hochgelobten deutschen Pop-Bundesligaspieler setzten lediglich Seeed ein unumstrittenes Glanzlicht.
Wem der ganze Trubel sowieso zuwider war, der hatte die Chance, sich SGATS am Samstagabend gleich noch einmal anzusehen. Diesmal auf dem Freigelände der Rheinschänke unweit der Fähre beim idyllischen Ursprungsort der Band, Leimersheim. Diesmal sorgten ein roter Vollmond und flackernde Fackeln für das richtige Ambiente – von den zahllosen Mücken, die den (licht)scheuen Jungs unpassender Weise statt Fledermäuse um die Köpfe kreisten einmal abgesehen. Egal, als Emling nach über zwei Stunden Spielzeit die völlig aufgelösten SGATS-Fans mit einem markerschütternden „Rebel Yell“ in die laue Sommernacht verabschiedete, hatten SGATS nicht nur die mittägliche Hitzeschlacht vergessen gemacht, sondern sogar die Schnaken besiegt. More, more, more!


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen